Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Strafbefreiungserklärung bei vorangegangener Selbstanzeige
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Steuerpflichtige die Wahl zwischen Selbstanzeige und Strafbefreiungserklärung, so ist die Strafbefreiungserklärung ausgeschlossen, wenn bereits eine Selbstanzeige erfolgt ist.
2. Eine Selbstanzeige kann weder zurückgenommen, angefochten noch widerrufen werden, noch durch nachträglich ergänzende Angaben zur strafbefreienden Erklärung umgedeutet werden.
3. Auch wenn strafrechtliche Verjährung eingetreten ist, hindert § 10 Abs. 3 StraBEG nicht die Wirksamkeit einer Strafbefreiungserklärung für die Jahre ab 1993.
Normenkette
StraBEG § 4 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 3; AO §§ 371, 378
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Wirksamkeit einer Strafbefreiungserklärung.
Die Klägerin ist als einzige Tochter Rechtsnachfolgerin der Eheleute X, die 2004 bzw. 2005 verstorben sind. Frau X war Eigentümerin des bebauten und vermieteten Grundstücks …. in K und erzielte daraus Mieteinnahmen. Im Übrigen bezogen die Eheleute Rente und eine Pension. Die Eheleute waren steuerlich nicht erfasst und gaben keine Steuererklärungen ab.
Am 1. März 2004 reichten die Eheleute X die Einkommensteuererklärungen für die Kalenderjahre 1997 bis 1999 beim Finanzamt K ein.
Am 8. März 2004 sprach der Klägervertreter beim zuständigen Sachgebietsleiter beim Beklagten vor und legte eine strafbefreiende Erklärung der Frau A X vor, in der sie nicht erklärte Mieteinnahmen aus dem Grundstück für die Jahre 1993 bis 1999 in Höhe von jährlich EUR 19.467,– angab und daraus (EUR 136.269 × 60% × 25%) eine Steuerschuld in Höhe von EUR 20.441,– errechnete.
Am 15. März 2004 wurde die Erklärung berichtigt und eine Steuerschuld für 1993 bis 1999 in Höhe von EUR 18.012,– errechnet, die gleichzeitig mit Scheck bezahlt wurde. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 24. Mai 2004 gegenüber den Eheleuten die Festsetzung nach den Regelungen des Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) für die Jahre 1997 bis 1999 aufgehoben. Die StraBEG-Erklärung sei für die Jahre 1993 bis 1996 wirksam, nicht aber für die Jahre 1997 bis 1999, weil zuvor durch die Abgabe der Steuererklärungen Selbstanzeige erstattet worden sei, die die Abgabe einer Strafbefreiungserklärung ausschließe.
Mit Bescheiden vom 4. Juni 2004 wurde vom Beklagten die Einkommensteuer für die Jahre 1997 bis 1999 entsprechend der eingereichten Steuererklärung gegenüber den Eheleuten festgesetzt.
Am 5. Juni 2004 erhob der Klägervertreter für die Eheleute Einspruch gegen die Aufhebung der Steuerfestsetzung nach dem StraBEG und am 14. Juni 2004 Einspruch gegen die Einkommensteuerbescheide mit der Begründung durch die StraBEG-Erklärung sei die Besteuerung der Vermietungseinkünfte abgegolten. Diese dürften in den Steuerbescheiden nicht angesetzt werden.
Mit Bescheid vom 28. April 2005 wurde die Aufhebung der StraBEG-Festsetzung vom 24. Mai 2004 aus formalen Gründen aufgehoben, weil die StraBEG-Erklärung nur von Frau A X abgegeben worden war und die Aufhebung an die Eheleute X erging. Mit Bescheid vom 2. Mai 2005 wurde die Aufhebung der StraBEG-Festsetzung gegenüber den Rechtsnachfolgern der A X (V X und Frau Y, der Klägerin) wiederholt. Am 10. Mai 2005 wurde der Einspruch namens und im Auftrag der Rechtsnachfolger der Frau A X erneut eingelegt.
Der Einspruch gegen den Bescheid über die Aufhebung der StraBEG-Festsetzung wurde mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2005 zurückgewiesen. Auf diese Entscheidung wird verwiesen. Dagegen legte der Klägervertreter für die Klägerin (nachdem inzwischen V X am 10. Juni 2005 verstorben war) am 6. Juli 2005 Klage ein als Rechtsnachfolgerin der A X und des V X.
Zur Begründung trägt der Klägervertreter vor,
die Aufhebung der StraBEG-Festsetzung sei schon deshalb rechtswidrig, weil diese bestandskräftig sei. Am 24. Mai 2004 habe die StraBEG-Festsetzung vom 15. März 2004, die gemäß § 10 Abs. 2 StraBEG einer Festsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehe, nicht mehr geändert oder aufgehoben werden können. Eine Änderungsvorschrift der Abgabenordnung greife nicht ein. Ein nachträgliches Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln liege nicht vor, nachdem bereits am 8. März 2004 auf die abgegebenen Steuererklärungen hingewiesen worden sei.
Die StraBEG-Erklärung sei vor der Selbstanzeige eingegangen, weil beim zuständigen Sachbearbeiter oder Sachgebietsleiter die StraBEG-Erklärung am 8. März 2004 persönlich abgegeben worden sei und diesen zum damaligen Zeitpunkt die am 1. März 2004 beim Finanzamt abgegebenen Steuererklärungen für die Jahre 1997 bis 1999 nicht vorlagen. Die Selbstanzeige sei erst wirksam, wenn sie dem zuständigen Amtsträger vorliege. Davon gehe sowohl § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG als auch § 371 AO aus, die im Wortlaut identisch seien. Daher sei die Abgabe einer StraBEG-Erklärung nicht durch vorangegangene Selbstanzeige gem. § 7 Satz 1 Nr. 3 StraBEG unzulässig geworden.
Abgesehe...