Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachholverbot bei versehentlich zu geringen Zuschreibungen bei Pensionsrückstellungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine auf einem Irrtum oder einem Versehen beruhende Minderzuführung zu einer Pensionsrückstellung rechtfertigt keine Ausnahme vom Nachholverbot des § 6a Abs. 4 S. 1 EStG.
2. Mit der in § 6a Abs. 4 S. 1 EStG vorgeschriebenen Anknüpfung an die Teilwerte des Wirtschaftsguts (und nicht an Bilanzansätze) hat der Gesetzgeber die Zuschreibung in einer Weise begrenzt, dass in Vorjahren unterbliebene Zuführungen erst in dem Wirtschaftsjahr nachgeholt werden können, in dem das Dienstverhältnis des Pensionsberechtigten unter Aufrechterhaltung seiner Pensionsanwartschaft endet oder der Versorgungsfall eintritt (§ 6a Abs. 4 S. 5 EStG).
3. Angesichts der detaillierten Ausnahmeregelungen vom Nachholverbot des § 6a Abs. 4 S. 1 EStG in den Sätzen 2 bis 6 besteht keine Regelungslücke, die es im Wege der Gesetzesanalogie zu schließen gälte.
4. Das Nachholverbot besteht sowohl für sog. Neuzusagen, für die eine handelsrechtliche Passivierungspflicht besteht, als auch für vor dem 1. Januar 1987 erteilte sog. Altzusagen, für die ein Passivierungswahlrecht bestand.
Normenkette
EStG § 6a Abs. 3, 4 S. 1; GewStG § 7 S. 1, § 8 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EGHGB Art. 28
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG der Nachholung von in früheren Jahren nicht in gebotenem Umfang vorgenommenen Zuführungen zu einer Pensionsrückstellung auch dann entgegen steht, wenn die damalige Zuführung zu geringer Beträge auf einem Versehen beruhte.
Die Klägerin ist eine durch notariellen Vertrag vom xxx 1991 errichtete und mit einem Stammkapital in Höhe von xxx.xxx DM ausgestattete Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die den Handel und Vertrieb von Presseerzeugnissen aller Art betreibt. Sie führte und führt das Einzelunternehmen ihres – im Jahr 1994 verstorbenen – Gründungsgesellschafters (PH) auf der Grundlage eines Pacht- und Betriebsüberlassungsvertrages fort. Ihr Wirtschaftsjahr ist das Kalenderjahr. Nach dem Tod des PH verblieben als Gesellschafter dessen Witwe F H sowie die 1943 geborene Tochter (TH), welche seit dem 01.07.1994 (bis zum 01.01.2007) am Stammkapital der Klägerin mit 40 % bzw. 60 % beteiligt waren. TH war und ist seither einzige und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin der Klägerin. In den Jahren 1997 und 1998 hat TH von der Klägerin für ihre Geschäftsführertätigkeit jeweils ein Grundgehalt in Höhe von xxx.xxx DM bezogen.
TH war bereits durch Vertrag vom 01.01.1989 von ihrem Vater eine Pensionszusage erteilt worden; wegen der Einzelheiten der ihr seinerzeit zugesagten Versorgungsleistungen wird auf die beim beklagten Finanzamt (FA) eingereichte und in der dort für die Klägerin geführten Vertragsakte als Bl. 40 abgehefteten Vertragskopie verwiesen. In Ergänzung des bei Gründung abgeschlossenen Geschäftsführeranstellungsvertrags vom 01.07.1991 stellten die Klägerin und TH in der Gesellschafterversammlung vom 31.07.1992 die noch von PH erteilte und von der Klägerin übernommene Pensionszusage vom 01.01.1989 auf eine neue rechtliche Grundlage. Die Pensionszusage lautete fortan auszugsweise wie folgt:
1. Sie erhalten ein lebenslängliches Ruhegeld in Höhe von 70 % des zuletzt bezogenen Grundgehalts, wenn Sie nach vollendetem 65. Lebensjahr aus unseren Diensten ausscheiden.
Scheiden Sie nach Vollendung des 60., aber vor Vollendung des 65. Lebensjahrs aus unseren Diensten aus, um in den Ruhestand zu treten, so können Sie die betriebliche Altersrente bereits von diesem Zeitpunkt an begehren (vorgezogenes Altersruhegeld). Aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme ermäßigt sich in diesem Fall die erdiente Altersrente (s. Ziffer 4.) um je 0,6 % pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme.
2. Scheiden Sie vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus unseren Diensten aus, so erhalten Sie eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von DM 5.000,– monatlich für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Dauert die Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres an, so wird die Altersrente (Ziffer 1.) gezahlt.
Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn …
3. …
4. Scheiden Sie vor Eintritt des Versorgungsfalles aus unseren Diensten aus, dann bleiben die erdienten Ruhegeldansprüche erhalten. Als erdient gilt der Teil der Versorgungsleistungen, der dem Verhältnis der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Eintritt in die Firma bis zum Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze, also der Vollendung des 65. Lebensjahres, entspricht. Ziffer 1. Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
5. und 6. …
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in der Vertragsakte Bl. 51-53 abgelegte Kopie Bezug genommen. In einer Gesellschafterversammlung vom 01. September 1992 wurde die Pensi...