Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine steuerfreie Entnahme einer zweiten, im Jahr 1986 nicht der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Wohnung aus dem Betriebsvermögen eines Landwirts. Einkommensteuer 1990 und 1991

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Landwirt kann nach 1986 nur eine, im Jahr 1986 der Nutzungswertbesteuerung unterliegende, zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung gemäß § 52 Abs. 15 EStG steuerfrei aus seinem Betriebsvermögen entnehmen; eine im selben Wohnhaus befindliche zweite, von Anfang an als Betriebsvermögen bilanzierte, erst nach 1986 ausgebaute und anschließend fremdvermietete, im Jahr 1986 nicht der Nutzungswertbesteuerung unterliegende Wohnung kann dagegen nicht steuerfrei entnommen werden.

 

Normenkette

EStG 1990 § 52 Abs. 15 S. 4; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 2, § 13a Abs. 3 Nr. 4, Abs. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.06.2003; Aktenzeichen IV R 24/02)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger ist bilanzierender Landwirt; Bilanzstichtag ist der 30.06. jeden Jahres. Der Kläger lebt seit 1986 dauernd getrennt und wird für die Streitjahre 1990 und 1991 als Einzelperson zur Einkommensteuer veranlagt.

Mit Baugenehmigungen vom 21. März 1972 und 12. März 1973 wurde dem Kläger der Neubau eines Wohnhauses mit Einliegerwohnung genehmigt Die Wohnung im Erdgeschoss (138 qm; Baujahr 1973) nutzt der Kläger selbst, die Wohnung im Untergeschoss (105 qm) wurde zum 1. Juli 1990 fertiggestellt und vermietet. Das gesamte Gebäude wurde von Anfang an als Betriebsvermögen bilanziert, auch in der am 3. November 1992 beim Finanzamt eingereichten Bilanz 1990/91; am 3. November 1992 wurde auch die Einkommensteuererklärung 1990 beim Finanzamt eingereicht

Im Einkommensteuerbescheid für 1990 vom 2. April 1993 wurde der Kläger entsprechend der eingereichten Steuererklärung veranlagt. Mit dem gleichwohl eingelegten Einspruch vom 28. April 1993 wurde vorgebracht, für das vom Betriebsleiter (Kläger) selbst genutzte Wohnhaus werde zum 1. Januar 1990 die steuerfreie Entnahme nach § 52 Abs. 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beantragt.

Am 23. August 1993 reichte der Kläger die Einkommensteuererklärung für 1991 sowie die Bilanz 1991/92 beim Finanzamt ein. In einer „Anlage zur Bilanz auf den 30.06.92”, die ebenfalls am 23. August 1993 beim Finanzamt eingereicht wurde, wurde im Rahmen einer „Durchbrechung des Bilanzanschlusses zu 1990/91” die Wohnhausentnahme zum 1. Januar 1990 bilanziert.

Das Finanzamt stimmte einer steuerfreien Entnahme nur für die eigengenutzte Erdgeschosswohnung zu und korrigierte den Bilanzgewinn hinsichtlich der darauf entfallenden Aufwendungen und Einnahmen. Bezüglich der Untergeschosswohnung war das Finanzamt der Auffassung, dass eine steuerfreie Entnahme nicht möglich sei. Die auf diese Wohnung entfallenden Aufwendungen und Einnahmen rechnete es dem Bilanzgewinn hinzu, die beantragte Abschreibung nach § 7c EStG gewährte es nicht.

Gegen den sonach geänderten Einkommensteuerbescheid 1990 vom 18. Januar 1995 und gegen den erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1991 vom 18. Januar 1995 legte der Kläger Einspruch ein und brachte vor: Nach wie vor gehe er davon aus, dass das gesamte Wohnhaus im Rahmen des Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid 1990 steuerfrei gemäß § 52 Abs. 15 EStG in das Privatvermögen überführt worden sei und dass eine AfA nach § 7c EStG in Frage komme, da der Umbau nach dem 3. Oktober 1989 begonnen worden sei.

Im Laufe des Einspruchsverfahren ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide für 1990 und 1991 vom 29. März 1996, wodurch die Einsprüche nicht erledigt wurden. Mit zwei Einspruchsentscheidungen vom 4. November 1996 wurden die Einsprüche wegen Einkommensteuer 1990 und wegen Einkommensteuer 1991 als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidungen führen aus:

Selbstgenutzte Wohnungen unterlägen seit 1987 der Konsumgutregelung und damit nicht mehr der Einkommensbesteuerung. Für selbstgenutzte Wohnungen, die sich 1986 im landwirtschaftlichen Betriebsvermögen befunden hätten, gelte bis 1998 eine Übergangsregelung. Die Wohnungen könnten bis dahin im Betriebsvermögen belassen oder auf Antrag steuerfrei entnommen werden. Im Gebäude … in E. befänden sich zwei Wohnungen, wovon eine Wohnung seit der Fertigstellung 1974 vom Kläger zunächst bis 1986 mit Familie, anschließend allein genutzt werde. Diese Wohnung habe zu dem vom Kläger gewählten Zeitpunkt steuerfrei entnommen werden können.

Die zweite Wohnung sei zunächst nicht vollständig ausgebaut gewesen. Dies sei erst 1990 mit dem Ziel der anschließenden Vermietung geschehen. Eine steuerfreie Entnahme dieser Wohnung sei nicht möglich, weil

  • diese Wohnung nicht vom Kläger zu eigenen Wohnzwecken selbst genutzt worden sei. Bei einem Alleinstehenden, der eine Wohnung von 138 qm selbst nutze, sei schwerlich anzunehmen, dass er weitere 105 qm, die eine Wohnung darstellten, als Zubehörräume auch noch selbst nutze.
  • keine Nutzung durch einen Altenteiler vorliege,
  • die steuerfreie Entnahme nur für eine eig...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge