Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabenabzug eines sich nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ergebenden negativen Unterschiedsbetrages. Gewinnfeststellung 1997
Leitsatz (amtlich)
Ergibt sich bei der Ermittlung der als Betriebsausgaben nicht abzugsfähigen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. des JStG 1996 beim Abzug der km-Pauschbeträge des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG von den typisierend nach der 0,03 v.H.-Regelung ermittelten Aufwendungen ein negativer Unterschiedsbetrag, kann dieser als Betriebsausgabe abgezogen werden (Ausführungen zur verfassungskonformen Gesetzesauslegung; Gleichbehandlung von Arbeitnehmern mit Beziehern anderer Einkünfte hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebs- oder Arbeitsstätte).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4, § 4 Abs. 4; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 4 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Der Feststellungsbescheid vom 8. März 2001 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung werden dahin geändert, dass für die Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 236.582 DM festgestellt und den Klägern zu 1 und zu 2 jeweils in Höhe von 94.633 DM und der Klägerin zu 3 in Höhe von 47.316 DM zugerechnet werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der den Klägern zu erstattenden Kosten oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sog. negative Unterschiedsbeträge i. S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG i.d.F. bis zum 31. Dezember 2000 als Betriebsausgaben abziehen können.
Die Kläger waren im Streitjahr (1997) Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät, die den Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte. Allen drei Klägern stand im Streitjahr jeweils ein betrieblicher PKW zur Verfügung, den sie auch privat sowie für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nutzen durften. Die Kläger führten kein Fahrtenbuch. Die Entfernungen zwischen den Wohnungen der Kläger und der gemeinsamen Kanzlei betrugen 17 km (Kl zu 1 und Kl zu 3) und 14 km (Kl zu 2).
Im Anschluss an eine Außenprüfung stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA–) mit Bescheid vom 8. März 2001 die Einkünfte aus selbständiger Arbeit geändert fest. Das FA berücksichtigte als KFZ-Kosten Aufwendungen einschließlich Absetzungen für Abnutzung in Höhe von 21.768 DM (Kl zu 1), 6.943 DM (Kl zu 2) und 10.583 DM (Kl zu 3) und setzte für die (reinen) Privatfahrten sodann entsprechend der sog. 1 v.H.-Regelung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Entnahmen in Höhe von 4.080 DM (Kl zu 1), 3.600 DM (Kl zu 2) und 2.676 DM (Kl zu 3) an; das FA ging insoweit von Listenpreisen von 34.000 DM (VW Passat; Kl zu 1), 32.600 DM (Opel Astra; Kl zu 2) sowie 20.000 DM bzw. 33.700 DM (Mitsubishi – 4 Monate–, Opel Astra – 8 Monate–; Kl zu 3) aus. Für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte setzte das FA für das Streitjahr jeweils keine Entnahmen an, da sich bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG jeweils kein positiver, sondern ein negativer Unterschiedsbetrag ergab. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 30. Januar 2001 sowie auf die Feststellungsakten (insbes. die Anlage GSE zur Feststellungserklärung vom 30. April 1997 und die beigefügten Anlagen) Bezug genommen. Die Kläger legten gegen den Bescheid vom 8. März 2001 Einspruch ein. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit der Klage machen die Kläger (nur noch) geltend, das FA habe die negativen Unterschiedsbeträge gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG zu Unrecht nicht als Betriebsausgaben abgezogen. Die Kläger tragen vor, die Nichtabziehbarkeit eines negativen Unterschiedsbetrages i. S.v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG führe zu einer Ungleichbehandlung von Selbständigen und Angestellten. Bei einem Angestellten, der von seinem Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekomme und -in Bezug auf reine Privatfahrten – den Nutzungsvorteil nach der 1 v. H.-Regelung und -in Bezug auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte – den Nutzungsvorteil nach der 0,03 v.H.-Regelung versteuere, wirke sich ein negativer Unterschiedsbetrag einkünftemindernd aus. Dies liege daran, dass der Angestellte den Werbungskostenpauschbetrag nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG geltend machen könne. Entsprechend müsse sich ein negativer Unterschiedsbetrag aus Gründen der Gleichbehandlung auch bei einem Selbständigen gewinnmindernd auswirken. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 8. Mai 2001 und die dort in Bezug genommenen Sch...