rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zoll-Euro
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob von der Nacherhebung von Zoll abzusehen ist.
Die Klägerin (Klin.) betreibt die Produktion und den Vertrieb von Autoinnenausstattung, Autositzbezügen (Schonbezügen) und Autoteppichen. In der Zeit von Mai 1991 bis April 1993 ließ die Klin. Autositzbezüge (Schonbezüge) der Pos. 6304 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in Polen und Ungarn herstellen. Zu diesem Zweck lieferte die Klin. entgeltlich Vorerzeugnisse (Baumwollstoff, Stretchstoff. Garne, Zwirn), die in der EG hergestellt, für die Warenverkehrsbescheinigungen (WVB) EUR 1 aber nicht ausgestellt worden waren, an die Hersteller im Ausland. Die unter Verwendung der beigestellten Vorerzeugnisse hergestellten Autoschonbezüge wurden unter Vorlage von Ursprungszeugnissen (UZ) Form A bzw. ab März 1992 unter Vorlage von Warenverkehrsbescheinigungen (WVB) EUR 1 zollfrei bzw. zollvergünstigt zum zollrechtlich freien Verkehr abgefertigt. Die (Einfuhr-)Zollanmeldungen der Klin. und die weiteren Zollpapiere enthielten – abgesehen von dem Kennbuchstaben „W” in den UZ – keinen Hinweis auf die vorerwähnten Beistellungen.
Aufgrund einer Einfuhrhandelsprüfung bei der Klin. stellte der Prüfer u.a. fest, aufgrund der von der Klin. beigestellten, in den Autositzbezügen verarbeiteten Vorerzeugnisse seien die Autositzbezüge keine Ursprungserzeugnisse Polens bzw. Ungarns. Die Ursprungsvoraussetzungen hätten nicht vorgelegen, da die beigestellten Vorerzeugnisse nicht wie erforderlich aus „rohen, einfachen Garnen” hergestellt gewesen seien und da für sie die bilaterale Kumulation nicht vorgesehen bzw. ab März 1992 mangels WVB EUR 1 nicht möglich gewesen sei. Die UZ Form A bzw. die WVB EUR 1 für die Schonbezüge seien demnach zu Unrecht ausgestellt worden. Die von der Klin. dafür in Anspruch genommene Präferenz (Zollfreiheit bzw. Anwendung des Präferenzzollsatzes) könne folglich nicht gewährt werden (vgl. Tz. 6 des Betriebsprüfungsberichts –Bp – vom 25. April 1994).
Auf der Grundlage dieser Prüfungsfeststellungen erhob das Hauptzollamt … als Vorgänger des beklagten Hauptzollamts (HZA) mit Steueränderungsbescheid vom 27. April 1994 6.623,50 DM und mit Steueränderungsbescheid vom 01. Juni 1994 81.420,70 DM nach.
Der Einspruch der Klin. wurde mit Einspruchsentscheidung vom 09. Juni 1995 als unbegründet zurückgewiesen. Die Voraussetzungen der Präferenzgewährung hätten nicht vorgelegen.
Mit ihrer Klage macht die Klin. im wesentlichen geltend, vor der Aufnahme der Geschäftsverbindung zu den Firmen in Polen und Ungarn habe die Klin. alle zuständigen Ämter und Kammern befragt, wie denn die Zusammenarbeit mit diesen Ländern zolltechnisch durchzuführen sei. Ansprechpartner der Klin. seien wegen des guten Verhältnisses zu dieser Zollstelle u.a. das Zollamt (ZA) … des damaligen HZA … und die Industrie- und Handelskammer gewesen. Der Klin. sei die Auskunft erteilt worden, daß die Einfuhr von Waren der Pos. 6304 KN (z.B. Autositzbezüge) aus Ungarn und Polen einem Zollsatz von 13 % unterlägen; eine zollbegünstigte Verarbeitung der Vorprodukte der Klin. sei im Rahmen eines ihr bewilligten passiven Veredelungsverkehrs möglich. Die Bewilligung dieses Verkehrs für die genannten Länder habe die Klin. sodann beantragt und sogleich erhalten.
Die Abwicklung des passiven Veredelungsverkehrs sei sowohl für die Klin. als auch für das ZA … aufwendig und schwierig gewesen. Ein Mitarbeiter des ZA. Herr … habe die Klin. darauf hingewiesen, daß Waren aus Polen und Ungarn mit einem Ursprungszeugnis „Form A” problemlos zollfrei eingeführt werden könnten; Spezialist für Präferenzzolle sei ZAM … (zum Inhalt des Gesprächs beruft sich die Klin. auf eine Vernehmung des Herrn … als Zeugen). Die Klin. habe daraufhin Herrn … vom (damaligen) HZA … (richtig: … nach den Voraussetzungen dieser Zollbefreiung befragt. Herr … habe die Auskunft des Herrn … telefonisch bestätigt und den Hinweis gegeben, daß ein Ursprungszeugnis „Form A” dann ausgestellt werden könne, wenn 65 % des Warenwertes polnischen bzw. ungarischen Ursprungs sei. Die in Polen und Ungarn ausgestellten Ursprungszeugnisse „Form A” seien aufgrund internationaler Vereinbarungen anzuerkennen. Der Geschäftsführer der Klin., Herr … habe eine Aktennotiz über das Telefongespräch gefertigt.
Auf Rückfrage bei den polnischen und ungarischen Lieferanten habe sich herausgestellt, daß sowohl in Polen als auch in Ungarn eine leistungsfähige Textilindustrie bestanden habe und die Vormaterialien von dort aus hätten beschafft werden können.
Die Klin. habe die Autositzbezüge seither – wenn auch nach Beistellung eigener in der EG produzierter Vormaterialien wie Nähzutaten (Garne, Fäden, Gummimaterialien) und Stoffe – mit Form A bzw. WVB EUR 1 aus Polen und Ungarn importiert. Im Laufe von etwa 13 Monaten seien etwa 50 und bis 1995 etwa 100 Importsendungen zur Verzollung beim ZA … angemeldet wo...