Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 28. Mai 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 1997 werden dahingehend geändert, daß bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb ein Verlust in Höhe von … DM berücksichtigt wird.
2. Die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluß errechneten Betrags Sicherheit leistet.
5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
6. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) war seit 1986 an der Fa. … bei einem ausgewiesenen Stammkapital von … DM mit … DM beteiligt. Die weiteren Geschäftsanteile hielten der Gesellschafter … in Höhe von … DM und der Gesellschafter … mit insgesamt … DM (aufgeteilt in Anteile von … DM, … DM, … DM und … DM).
In einem Gutachten vom 13. September 1991 zur Feststellung und Ermittlung der vorhandenen Konkursmasse ermittelte der Sequestor und spätere Konkursverwalter Rechtsanwalt … sowohl die Überschuldung der I. (Aktivvermögen von … DM gegenüber Verbindlichkeiten in Höhe von über … DM) als auch ihre Zahlungsunfähigkeit (keine Gewährung von zusätzlichen Krediten von Banken bei fälligen Mietrückständen ca. … DM, fälligen Lieferantenforderungen von ca. … DM und Lohnrückständen von ca … DM). Des weiteren stellte er rückständige Stammeinlagen in Höhe von … DM fest (bei dem Kl … DM und bei Jürgen Stolch … DM). Die Massekosten und Massenschulden sah er mit freien Werten von … DM als gedeckt an. Wegen der Einzelheiten wird auf eine Kopie des o.g. Gutachtens Bezug genommen (Anlage zu den FG-Akten, S. 56 ff).
Aufgrund dieses Gutachtens eröffnete das Amtsgericht … am 20. September 1991 das Konkursverfahren über das Vermögen der I.
Bei Konkurseröffnung erbrachte zunächst der Kl seine noch nicht geleistete Stammeinlage von … DM. Nachdem der Konkursverwalter vergeblich versucht hatte, die rückständige Stammeinlage des Gesellschafters … zu erhalten, wurden dessen Geschäftsanteile gemäß § 21 GmbH-Gesetz (GmbHG) am 18. Dezember 1991 kaduziert. Herr … ist vermögenslos. Das Amtsgericht … hat mit Beschluß vom 24. Januar 1992 den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen von Herrn … mangels Masse abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1992 forderte der Konkursverwalter den Kl auf, gemäß § 24 GmbHG 5/9 von … DM der nicht von Herrn … geleisteten Stammeinlage bis zum 26. Oktober 1992 zu bezahlen. Diesen gegen ihn geltend gemachten Anspruch akzeptierte der Kl zunächst nicht. Dies führte zu einer am 4. Januar 1993 von dem Konkursverwalter … gegen den Kl beim Ländgericht … erhobenen Klage. Am 12. Februar 1993 nahm der Konkursverwalter diese Klage zurück, nachdem der Kl mit Schriftsatz vom 25. Januar 1993 die Forderung anerkannt hatte und sie daraufhin (im Jahr 1993) beglich.
Den Schlußbericht für das Konkursverfahren fertigte der Konkursverwalter … am 27. Oktober 1994. Danach betrug die Konkursquote für bevorrechtigte Gläubiger 7,64%. Wegen der Einzelheiten wird auf eine Kopie dieses Schlußberichts Bezug genommen (Anlage zu den FG-Akten, S. 70 und 71).
In der Einkommensteuer (ESt-)Erklärung für 1992 des Klägers und seiner Ehefrau, der Klägerin (Klin), machte der Kl zunächst den Verlust seiner Stammeinlage an der I. in Höhe von … DM als negative Einnahme bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. In dem ESt-Bescheid 1992 vom 21. März 1994 ließ der Beklagte (Bekl) den geltend gemachten Betrag nicht zum Abzug zu. Dagegen erhoben die Kläger Klage mit dem Antrag, bei den Einkünften des Kl aus Kapitalvermögen im Jahre 1992 negative Einnahmen in Höhe … DM (geleistete Stammeinlage: … DM + Zuzahlung gemäß § 24 GmbHG: … DM) zu berücksichtigen.
Der 5.Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg wies mit Urteil vom 11. September 1996 Az.: 5 K 8/96 die Klage mit der Begründung ab, ein Auflösungsverlust sei jedenfalls nicht im Jahr 1992 entstanden, weil im Jahr 1992 der gegen den Kl geltend gemachte Anspruch gemäß § 24 GmbHG noch im Streit gewesen sei. Die Höhe des endgültigen Auflösungsverlustes habe damit im Jahr 1992 noch nicht festgestanden, was jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für die Entstehung des Auflösungsverlustes gemäß § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) erforderlich sei. Festgestanden habe der Auflösungsverlust erst im Jahr 1993, als der Streit zwischen dem Kl und dem Konkursverwalter zu Ende gegangen sei.
Die Kl machten daraufhin den Verlust des Kl aus der Auflösung der I. im Rahmen eines schon zuvor geführten Einspruchs gegen den ESt-Bescheid 1993 vom 6. September 1996 geltend. Mit am 28. Mai 1997 geändertem ESt-Bescheid gab der Bekl wegen anderer Streitpunkte dem Einspruch statt...