Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld Januar bis April 1996
Tenor
1. Der Aufhebungsbescheid des Landesamt für Besoldung und Versorgung … vom 29. Mai 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 1996 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für ihre Tochter V. Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Monate Januar bis April 1996 zu gewähren.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluß angesetzten Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin für ihre am 08. Oktober 1970 geborene Tochter V. Kindergeld für den Zeitraum Januar bis April 1996 zusteht.
V. begann im Sommersemester 1990 das Studium der Biochemie an der … Universität in …. Nach Ablauf des 6. Semesters wechselte sie zur Universität … und änderte ihre Ausbildung von Biochemie auf den Diplom-Prüfungsgang Biologie. Ihr letzter Prüfungsteil bestand in der Anfertigung der Diplomarbeit, die sie am 09. Dezember 1995 abgab. Nachdem die Arbeit angenommen und eine Benotung vorgeschlagen worden war, wurde das Diplomzeugnis vom Dekan der Universität … sowie vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses am 25. April 1996 unterzeichnet und anschließend an die Tochter der Klägerin ausgehändigt. Hierdurch wurde V. erstmals offiziell von ihrem Abschluß und der Zeugnisnote unterrichtet.
Da nach der Diplomprüfungsordnung Biologie das Studium mit der Abgabe der Diplomarbeit beendet ist, wurde das Diplom auf den 09. Dezember 1995 datiert. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings eine Entscheidung über das Bestehen oder die Note des Diplomabschlusses noch nicht endgültig getroffen. Aus diesem Grund hatte sich die Tochter der Klägerin noch für das Sommersemester 1996 immatrikuliert, um für den Fall des Nichtbestehens der Diplomarbeit weiter studieren zu können.
Mit Bescheid des Landesamt für Besoldung und Versorgung vom 29. Mai 1996 wurde die Festsetzung des Kindergeldes für V. ab 01. Januar 1996 aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die Ausbildung im Dezember 1995 beendet worden sei.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die vorliegende Klage. Die Klägerin trägt vor, daß das Datum 09. Dezember 1995 ausschließlich das Abgabedatum für die Diplomarbeit darstelle, die Ausbildung damit aber noch nicht beendet gewesen sei. Ihre Tochter habe sich für das Sommersemester –im Hinblick auf den Umstand, daß die Diplomarbeit noch nicht bewertet gewesen sei– nochmals immatrikuliert. Nach Abgabe der Arbeit werde eine Diplomarbeit erst an zwei unabhängige Gutachter weitergeleitet, welche diese zu begutachten hätten. Zum Zeitpunkt der Abgabe sei eine Diplomarbeit noch nicht akzeptiert, so daß von einer Beendigung der Ausbildung keine Rede sein könne. Außerdem habe ihre Tochter Anfang April 1996 einen in der Diplomarbeit beschriebenen Versuch zwecks Bestätigung wiederholen müssen. Eine Hochschulausbildung sei erst dann als beendet anzusehen, wenn der Prüfungsteilnehmer offiziell von dem Prüfungsergebnis mündlich oder schriftlich unterrichtet werde. Dies sei bei ihrer Tochter erstmals Ende April 1996 der Fall gewesen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung … vom 29. Mai 1996 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 1996 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihr Kindergeld für die Tochter V. für die Zeit Januar bis April 1996 zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 28. Oktober 1996 und 09. Januar 1997 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, die Tochter der Klägerin habe mit Abgabe der Diplomarbeit das Studium beendet. Die Ausbildung sei grundsätzlich mit der schriftlichen oder mündlichen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses beendet. In Studiengängen, die die Erstellung einer Diplomarbeit beinhalten, könne längstens bis zur Abgabe der Diplomarbeit Kindergeld gewährt werden. Nach Abgabe der Diplomarbeit sei ein Student nicht mehr durch die Ausbildung überwiegend in Anspruch genommen.
Aus den Akten des Beklagten ergibt sich, daß die Klägerin durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung mit Schreiben vom 16. November 1993, 19. Oktober 1994, Oktober 1995 sowie ohne Datum im Jahr 1996 angeschrieben und jeweils um eine Bescheinigung über den Tag der Mitteilung des Prüfungsergebnisses nachgesucht worden ist. Nach den genannten Anschreiben wird von der Klägerin jeweils erbeten, ob:
„… das Studium durch eine Abschlußprüfung (Diplom-Magister-, Staatsprüfung usw.) beendet wird. Bitte Nachweis über den letzten Prüfungstag bzw. den Zeitpunkt der mündlichen oder schriftlichen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses und Kopie des Prüfungszeugnisses vorlegen.”
Entscheidungsgründe
Nach § 94 ...