Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Vermögensteuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 wegen Erhöhung der Einkommensteuerschuld. Vermögensteuer 01.01.1993
Leitsatz (amtlich)
Ein bestandskräftiger Vermögensteuerbescheid ist zugunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, wenn dem FA aufgrund einer Änderung des Einkommensteuerbescheids erst nachträglich die das Gesamteinkommen mindernden Einkommensteuerschulden bekannt werden, weil der Steuerpflichtige grob schuldhaft keine substantiierten Angaben in der Vermögensteuererklärung getätigt hat, sondern in der Erklärung um Eintragung der Steuerschulden von Amts wegen gebeten hat.
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2; BewG § 118 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; VStG § 4 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Vermögensteuerbescheid auf 01.01.1993 vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird geändert. Die Vermögensteuer wird von … DM auf … DM herabgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die verwitwete Klägerin (Klin) war Kommanditistin der im Jahr 1992 aufgelösten Firma …
In der am … für den Veranlagungszeitraum (VZ) 1992 eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung machte sie zu den (anteiligen) Einkünften aus Gewerbebetrieb (Beteiligung …) keine Angaben.
Im ESt-Bescheid für 1992 vom … berücksichtigte das Finanzamt (FA) insoweit auch keine Einkünfte.
In der ebenfalls am … eingereichten Vermögensteuer (VSt)-Erklärung auf den 01.01.1993 machte die Klin zu den (persönlichen) Steuerschulden folgende Angaben: „Von Amts wegen eintr.”
Sowohl die ESt – als auch die VSt-Erklärung erstellte derselbe Bevollmächtigte.
Im VSt-Bescheid auf den 01.01.1993 vom … brachte das FA bei der Ermittlung des Gesamtvermögens Steuerschulden in Höhe von … DM in Abzug, und zwar aufgrund des ESt-Bescheids für 1992 vom … (Nachzahlung ESt: … DM; evangelische Kirchensteuer –KiSt–: … DM; Solidaritätszuschlag: … DM). Der VSt-Bescheid wurde bestandskräftig.
Aufgrund der erstmaligen Mitteilung vom … über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992 für die Firma … ergaben sich für die Klin folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb: laufender Gewinn: … DM; Veräußerungsgewinn: … DM; zusammen: … DM.
Diese Einkünfte setzte das FA im nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 Abgabeordnung (AO) geänderten ESt-Bescheid für 1992 vom … an. Hierdurch ergab sich eine Nachzahlung in nachstehender Höhe:
ESt |
… DM |
Zinsen zur ESt |
… DM |
Evangelische KiSt |
… DM |
Solidaritätiszuschlag |
… DM |
|
… DM |
Mit Schreiben vom … beantragte der Bevollmächtigte der Klin die Änderung des VSt-Bescheids auf den 01.01.1993 vom … gemäß § 173 AO. Er gab an, dass noch Steuerschulden in Höhe vom … DM zu berücksichtigen seien.
Diesen Antrag lehnte das FA mit Schreiben vom … ab.
Im Einspruchsverfahren gab der Bevollmächtigte der Klin an, dass die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte im Gegensatz zur ESt-Erklärung nicht von ihm, sondern von einer anderen Sozietät erstellt worden sei. Er habe die Steuerschulden daher nicht errechnen und in der VSt-Erklärung eintragen können. Es sei lange Zeit zweifelhaft gewesen, in welchem Jahr der Veräußerungsgewinn zu erfassen sei. Aus diesem Grund habe er in der Erklärung gebeten, die Steuerschulden von Amts wegen zu berücksichtigen.
Durch Einspruchsentscheidung vom … wies den Einspruch als nicht begründet zurück.
Die Steuernachforderung könne nicht im Wege einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO berücksichtigt werden.
Bei der Ermittlung des Werts des Gesamtvermögens seien nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Bewertungsgesetz Schulden aus laufend veranlagten Steuern von dem Rohvermögen nur abzuziehen, wenn die Steuern für einen Zeitraum erhoben würden, der spätestens im Feststellungszeitpunkt (hier 01.01.1993) geendet habe. Die veranlagte ESt entstehe grundsätzlich mit Ablauf des VZ (§ 36 Abs. 1 Einkommensteuergesetz –EStG–, § 38 AO) in der Höhe, in der sie nach dem bis zum Schluss dieses VZ erzielten steuerpflichtigen Einkommen festzusetzen sei. Für den Abzug der Steuerschuld vom Rohvermögen sei grundsätzlich von der ESt-Schuld auszugehen, die für das dem Veranlagungszeitpunkt (§ 5 Abs. 1 Vermögensteuergesetz –VStG–) vorangehende Kalenderjahr festgesetzt worden sei. Voraussetzung für den Abzug sei jedoch, dass der Steuerpflichtige bereits am Stichtag, also zum Veranlagungszeitpunkt, mit der Steuerbelastung habe rechnen können. Dies sei regelmäßig bei Jahressteuerschulden in Höhe der später veranlagten und nicht durch geleistete Vorauszahlungen gedeckten Steuern der Fall. Im Streitfall sei bei der ursprünglichen VSt-Veranlagung vom 03.06.1994 noch nicht bekannt gewesen, dass es zu einer erheblichen ESt-Nachforderung für 1992 kommen werde. Auch mangels anderweitiger Angaben habe das FA deshalb nur die Jahressteuerschuld aufgrund des erstmaligen ESt-Bescheids für 1992 vom 25.08.1993 als persönliche Steuerschuld angesetzt.
Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO seien Steuerbescheide aufzuheben oder zu...