Entscheidungsstichwort (Thema)

Umqualifizierung einer Kapitalrückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG in eine steuerpflichtige Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Klagebefugnis nach Vollbeendigung einer GbR. notwendige Beiladung. einheitliche gesonderte Gewinnfeststellung beim Halten von Geschäftsanteilen einer GmbH durch mehrere Personen. Bestimmung des Inhaltsadressaten eines Feststellungsbescheides. materiell-rechtliche Bindung von Steuerbescheinigungen nach § 27 KStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach Vollbeendigung einer GbR können nur noch die Feststellungsbeteiligten Klage erheben. Die nicht klagenden Feststellungsbeteiligten sind zum Klageverfahren notwendig beizuladen.

2. Die Voraussetzungen für eine gesonderte einheitliche Feststellung liegen nach § 1 Abs. 1 S. 1 VO zu § 180 Abs. 2 AO auch dann vor, wenn mehrere Personen Geschäftsanteile an einer GmbH als ein der Einkunftserzielung dienendes Wirtschaftsgut halten. Der Erwerb der Geschäftsanteile vermittelt den Erwebern gleichartige Beziehungen zu der GmbH.

3. Es reicht aus, wenn der Inhaltsadressat eines Feststellungsbescheides durch Auslegung der dem Betroffenen bekannten Umstände hinreichend sicher bestimmt werden kann.

4. § 27 Abs. 1 S. 3 KStG kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass bei Zahlungen an die Gesellschafter aus der Auflösung einer Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB abweichend von der gesetzlichen Reihenfolge ein Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto möglich ist. Der Wortlaut der Regelung ist eindeutig und lässt keine Ausnahme zu.

5. Der Feststellungsbescheid gemäß § 27 Abs. 2 KStG entfaltet über § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG auch materiell-rechtlich Bindungswirkung für die Anteilseigner.

6. Ein Gesellschafter einer GmbH kann sich nicht darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen. Insoweit hat sich durch den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren nichts geändert.

7. Eine Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG entfaltet keine materiell-rechtliche Bindungswirkung für die Besteuerung der Anteilseigner. Sie ist lediglich Beweismittel i. S. d. § 92 S. 1 AO.

8. Nicht die Steuerbescheinigung nach § 27 Abs. 3 KStG hat Bindungswirkung für die Besteuerung der Anteilseigner, sondern nur die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 KStG, die aber wiederum durch die Festschreibung der Verwendung in § 27 Abs. 1 S. 5 KStG beeinflusst werden kann.

9. Weist eine Steuerbescheinigung gravierende formelle Mängel auf, kann sie keine Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren entfalten.

 

Normenkette

KStG 2002 § 27; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1; FGO §§ 48, 60 Abs. 3; VO zu § 180 Abs. 2; AO § 1 Abs. 1 S. 1, § 183 Abs. 1 S. 1, § 119 Abs. 1, § 92; HGB § 272 Abs. 2 Nr. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VIII R 50/11)

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VIII R 50/11)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob beim Kläger aufgrund einer Ausschüttung steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen angefallen sind.

Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der X GmbH (X GmbH). Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb und das Halten von Beteiligungen an Betrieben des Metallbaus. Das Stammkapital betrug 1.500.000 DM. Es bestanden zwei Geschäftsanteile (375.000 DM und 1.125.000 DM; vgl. Gesellschaftsvertrag der X GmbH, FG-Akte Bl. 103 ff.). Den Geschäftsanteil in Höhe von 375.000 DM hielt der Kläger seit November 1995 auf eigene Rechnung. Am Geschäftsanteil in Höhe von 1.125.000 DM bestanden im Innenverhältnis aufgrund von seit Mitte der 1990er Jahren abgeschlossenen notariellen Verträgen Treuhandverhältnisse mit den Beigeladenen als Treugebern (FG-Akte Bl. 76 ff.). Im Einzelnen bestanden die Treuhandverhältnisse während des Streitjahres 2002 wie folgt:

Y (Ehefrau des Klägers)

15,00 %

225.000,00 DM

Z (Sohn des Klägers)

15,00 %

225.000,00 DM

B (Angestellter)

9,50 %

142.500,00 DM

C (Beirat X GmbH)

10,00 %

150.000,00 DM

D (ehemaliger Geschäftspartner)

25,00 %

375.000,00 DM

Summe

74,50 %

1.117.500,00 DM

Mit Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 25. September 1996 an das beklagte Finanzamt (FA) erläuterte dieser die im Jahr 1995 eingetretenen Veränderungen im Gesellschafterbestand der X GmbH. Unter Hinweis auf im November 1995 in Bezug auf den Geschäftsanteil in Höhe von 1.125.000 DM zwischen dem Kläger (als Treuhänder) einerseits und einem Teil der Beigeladenen (als Treugeber) andererseits abgeschlossene – im Nachgang vorgelegte – Treuhandverträge führte er darin ferner aus, dass die so entstandene X Beteiligungs GbR „Alleingesellschafter” der X GmbH geworden sei (Allgemeine Akten Bl. 13 f.). In einem weiteren Schreiben vom 14. Oktober 1996 (Allgemeine Akten Bl. 2 ff.) nahm ...

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