Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1986
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 1986 des … vom 18.05.1989 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 26.10.1993 wird geändert. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1986 wird unter Berücksichtigung eines Einlagewerts für das Gebäude in Höhe von 646.570 DM und für den Grund und Boden in Höhe von 120.300 DM neu festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Ermittlung der ESt-Schuld wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 1/4 und dem Beklagten zu 3/4 auferlegt.
3. Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar; der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Veranlagungszeitraum 1986, mit weichem Wert (Teilwert oder Buchwert des Rechtsvorgängers) ein Gaststättengrundstück zu bilanzieren ist.
Die Klägerin (Klin.) ist Erbin nach ihrem Bruder, … der seit dem 1.1.1974 bis zu seinem Tode im Jahre 1990 eine Gastwirtschaft betrieben hatte. Dieser Gaststättenbetrieb wurde – neben einem darüber hinaus in einem anderen Gebäude geführten Pensionsbetrieb – bis zum Tode des Vaters, Herrn … im Oktober 1973 von diesem unterhalten. Die Ehefrau von … Frau … arbeitete in dem Betrieb ihres Mannes mit. Die beiden Betriebszweige Gaststätte und Pension wurden von … als einheitlicher Gewerbebetrieb geführt und vom beklagten Finanzamt (FA) auch so behandelt.
Die am 17.09.1902 geborene Frau … führte als Alleinerbin ihres Mannes den Pensionsbetrieb weiter. Den Gaststättenbetrieb überließ sie bereits zum 1.1.1974 ihrem Sohn, … der auch bisher schon in der Gaststätte mitgearbeitet hatte, aufgrund einer unentgeltlichen mündlichen Nutzungsvereinbarung. … verpflichtete sich, sämtliche im Zusammenhang mit dem Betrieb der Gaststätte anfallenden Aufwendungen, auch soweit sie das Frau … gehörende Betriebsgrundstück betrafen, zu übernehmen.
Für den Veranlagungszeitraum 1974 gab die damals durch einen Steuerberater vertretene Frau … eine Einnahmen-Überschuß-Rechnung ab, die – abgesehen von hierin enthaltenen und die Gaststätte betreffenden Abschreibungsbeträgen – ausschließlich den von ihr unterhaltenen Pensionsbetrieb, in dem sie auch wohnte, betraf.
Spätestens seit 1978 ist Frau … steuerlich nicht mehr beraten.
In den Folgejahren nach 1974 gab Frau … weder Steuererklärungen ab noch führte sie Aufzeichnungen über die Einnahmen bzw. Ausgaben ihres Pensionsbetriebes.
Mit Verfügung vom 31.10.1979 wurde Frau … ein Zwangsgeld wegen Nichtabgabe der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für 1977 angedroht. Hierauf teilte sie u.a. mit, daß sie nicht mehr in der Lage sei, eine Steuererklärung anzufertigen und daß sie niemanden habe, der ihr dies machen könne. „So kann ich ihnen nur mitteilen, daß ich außer meiner Rente kein Einkommen habe und mein Betrieb nur aus Zimmern mit Frühstück besteht …”.
Daraufhin erfolgten jeweils interne Schätzungsveranlagungen, die zu keinen ESt-Schulden in den Folgejahren führten. Das FA setzte hierbei irrtümlich u.a. Pachtzahlungen des Sohnes … an seine Mutter als Einnahmen an. Bei den Ausgaben berücksichtigte das FA u.a. die Gaststätte betreffende Abschreibungsbeträge, soweit diese sich aus der letzten Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1974 ergaben.
Für die Jahre 1974 bis 1980 ergingen jeweils Gewerbesteuer (GewSt)-Meßbescheide, die geringfügige Meßbeträge nach dem Gewerbekapital auswiesen. Der Meßbetrag nach dem Gewerbeertrag war jeweils 0,– DM. Für die Folgejahre sind GewSt-Meßbescheide nicht ergangen.
Mit weiteren Schreiben vom 31.03.1980, 11.12.1980, 31.01.1983 und 27.09.1983 teilte Frau … dem FA jeweils mit, daß sie nicht in der Lage sei, Erklärungen abzugeben, da sie zu alt sei und nicht mehr richtig hören und sehen könne. Ihre Pension betreibe sie so gut es eben gehe.
Das FA hat in Aktenvermerken vom 07.02.1980 und 04.10.1983 festgehalten, daß – auch nach den Erkenntnissen der Sachbearbeiterin des Verkehrsamtes – Frau … nicht mehr in der Lage sei, Aufzeichnungen zu führen und die Pension richtig zu betreiben. Bezüglich des Gaststättenbetriebs enthalten die Aktenvermerke keinerlei Angaben. Entsprechend fiel auch das Ergebnis einer im Jahre 1980 bis 1982 betreffenden Außenprüfung bei Frau … aus. Auf den Inhalt des Aktenvermerkes des FA vom 27.04.1984 über die Außenprüfung wird Bezug genommen.
Im Streitjahr 1986 übertrug Frau … mit Vertrag v. 12.5.1986 den ihr gehörenden Grundbesitz auf ihre beiden Söhne. Herr … wurde bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des Grundstücks mit aufstehendem Gastwirtschaftsgebäude; der zweite Sohn erhielt das Pensionsgebäude.
Herr … stellte das Betriebsgebäude mit 917.640,– DM und den dazugehörigen Grund und Boden mit 378.000,– DM in die Bilanz ein, die Abschreibung für Abnutzung für das Gebäude betrug...