Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Am 05. Juni 1991 verstarb in … die Erblasserin … Miterbe zu einem Anteil von 1/2 wurde der Kläger (Sohn der – vorverstorbenen – Schwester des – vorverstorbenen – Ehemannes der Erblasserin); die andere Miterbin zu 1/2 war seine Schwester.
Zum Nachlaß der Erblasserin gehörte u.a. ein Grundstück in … mit Einheitswert (140 v.H.) von 46.480 DM und Verkehrswert von 185.000 DM. Die Erblasserin hatte dem Kläger testamentarisch das Übernahmerecht an diesem Grundstück (gemeint ist: an der der anderen Miterbin zugefallenen Hälfte des Grundstücks) zum Anschlagswert (Übernahmepreis) von 2/3 des Verkehrswerts eingeräumt (vgl. notarielles Testament vom 16. Dezember 1969, § 2 Nr. 1 i, i.V.m. dem handschriftlichen Testament vom 06. Mai 1986 Nr. 1 i, Bl. 9 ff. der Erbschaftsteuerakten). Der Kläger übte dieses Übernahmerecht mit notariellem „Vermächtniserfüllungsvertrag” vom 25. Februar 1992 aus. Als Gegenleistung bezahlte er an seine Schwester den Betrag von 61.666,66 DM.
Der Beklagte sah in dem Kläger eingeräumten Übernahmerecht ein Kaufrechtsvermächtnis (Vorausvermächtnis) und bewertete den Erwerb mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem hälftigen Verkehrswert des Grundstücks (92.500 DM) und dem Übernahmepreis (61.667 DM), d.h. mit 30.833 DM. Er setzte die Erbschaftsteuer im geänderten Bescheid vom 28. Juli 1993, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 76 der Erbschaftsteuerakten), unter Einbeziehung des Vermächtnisses auf 76.256 DM fest Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren die Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, daß der Wert der Zuwendung aufgrund des Vermächtnisses 0 DM betrage, da – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht vom (hälftigen) Verkehrswert, sondern vom Einheitswert des Grundstücks auszugehen sei und der Übernahmepreis (61.667 DM) den anteiligen Einheitswert (23.240 DM) übersteige.
Der Beklagte hat nach Klageerhebung aus hier nicht streitigen Gründen mit geändertem Erbschaftsteuerbescheid vom 30. September 1994 die Steuer auf 72.256 DM herabgesetzt. Der Kläger erklärt diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1994 (Bl. 45 ff. der Gerichtsakten) fristgerecht zum Gegenstand des Verfahrens (§ 68 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Er beantragt,
unter Änderung des geänderten Erbschaftsteuerbescheids vom 30. September 1994 und der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 1994 die Erbschaftsteuer auf 58.500 DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Für die Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung vor dem Senat verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Erwerb des Klägers, der auch das zugewendete Kaufrechtsvermächtnis umfaßt, unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) der Erbschaftsteuer. Die Bewertung der dem Kläger zugeflossenen Bereicherung (§ 10 Abs. 1 ErbStG) ist nach § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 des Bewertungsgesetzes (BewG) vorzunehmen. Danach ist das dem Kläger zugewendete Ankaufsrecht mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der Senat anschließt, sind auf gegenseitigen Verträgen (z.B. Kaufverträgen) beruhende Sachleistungsverpflichtungen und -ansprüche nicht mit dem Steuerwert (indizierten Einheitswert), sondern mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Denn das BewG enthält keine Vorschrift, nach der die für den Grundbesitz ermittelten Steuerwerte auch für die entsprechenden Sachleistungsverpflichtungen und -ansprüche maßgebend sein sollen (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1997 II R 68/95, BStBl II 1997, 820, 823; anders noch BFH-Urteil vom 12. Juli 1961 II 164/59 S, BStBl III 1961, 391). Anders ist es bei einseitigen Sachleistungsverpflichtungen (z.B. aus Vermächtnissen, die unmittelbar auf die Übereignung von Grundstücken gerichtet sind), bei denen der Steuerwert anzusetzen ist. Denn bei diesen Verpflichtungen, die zu keiner Zeit Teil eines Gegenseitigkeitsverhäitnisses waren, würde die Bewertung mit dem gemeinen Wert zu einer unzutreffenden Besteuerung führen (BFH-Urteil in BStBl II 1997, 820, 823; Martin, Der Betrieb 1990, 1536, 1537; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. Oktober 1995 II R 5/92, BStBl II 1996, 97, 98, Meincke, Kommentar zum ErbStG 11. Aufl., § 12 Rz. 26).
Aus dieser Rechtsprechung wird die Folgerung gezogen, daß auch das auf einem sogen. Kaufrechtsvermächtnis beruhende Ankaufsrecht eines Grundstücks nicht mit dem Steuerwert, sondern mit dem gemeinen Wert zu bewerten ist, da es sich insoweit wegen der Verpflichtung zur Zahlung eines Kaufpreises um einen von einer Gegenleistung abhängigen – und damit nicht einseitigen – Sachleistungsanspruch handelt (Finanzg...