Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel. Nachhaltigkeit bei Veräußerung eines Wohngebäudes mit mehreren Eigentumswohnungen in einheitlichem Rechtsakt. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Veräußerung eines in mehrere Eigentumswohnungen geteilten Wohngebäudes in einem einheitlichen Rechtsakt an einen Erwerber ist nachhaltig und damit als gewerblicher Grundstückshandel nach § 15 EStG steuerbar, wenn der Steuerpflichtige im zeitlichen Zusammenhang noch weitere Grundstücksgeschäfte getätigt hat.
2. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass sich der Veräußerer mit seiner Veräußerungsabsicht an den allgemeinen Markt, d. h. an einen nicht abgeschlossenen Kreis von Personen wendet. Hierfür reicht aus, dass der Steuerpflichtige auch zu einem Vertragsabschluss mit anderen Interessenten bereit gewesen wäre, wenn der Verkauf an den zunächst vorgesehenen Erwerber nicht hätte verwirklicht werden können.
Normenkette
EStG 1987 § 15 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kläger gewerblich mit Grundstücken bzw. Wohnungen handelten.
Die Kläger sind Eheleute. In der für das Streitjahr 1989 beim beklagten Finanzamt (FA) eingereichten Einkommensteuererklärung gab der Kläger an, die Klägerin sei in Italien wohnhaft. In dem gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufigen sowie gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheid vom 19. August 1991 setzte das FA die Einkommensteuer nach der Steuererklärung auf 0 DM fest. Die Klägerin wurde zunächst für das Streitjahr mit inländischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vom FA Würzburg erklärungsgemäß durch teilweise nach § 165 Abs. 1 AO vorläufigen Bescheid vom 2. Juli 1991 zur Einkommensteuer veranlagt. Durch Verlustabzug ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen bzw. eine festzusetzende Steuer von 0 DM. Nachdem dem beklagten FA bekannt geworden war, dass die Kläger seit dem Jahr 1988 in einer gemeinsamen Wohnung in Müllheim lebten, veranlagte es diese für das Jahr 1989 zusammen zur Einkommensteuer. Dabei wurde in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangenen Bescheid vom 8. November 1991 von den jeweils einzeln erklärten Besteuerungsgrundlagen insoweit abgewichen, als Zinszahlungen in die Schweiz bzw. Liechtenstein gemäß § 160 AO beim Kläger nicht mehr als Werbungskosten abgezogen wurden.
Auf den hiergegen am 19. November 1991 eingelegten Einspruch forderte das FA die Kläger erfolglos auf, für das Jahr 1989 eine neue Steuererklärung abzugeben und in dieser die sich aus der unbeschränkten Steuerpflicht der Klägerin ergebenden Besteuerungstatbestände zu berücksichtigen. Wegen verschiedener zwischenzeitlich nicht mehr streitiger Punkte führten die Beteiligten einen umfangreichen Schriftverkehr. Nach Ermittlungen im Rechtsbehelfsverfahren stellte das FA fest, dass die Kläger bis Ende 1991 ihren gesamten inländischen Grundbesitz veräußert hatten. Hierbei handelte es sich um folgende Grundstücksgeschäfte:
Lage Grundstücksart |
Kaufdatum Preis |
Verkaufsdatum Preis |
1. …(12 Teil-/Whg. Eigentumseinheiten 2. …-Weg 3. …(div. Landwirtsch. Grundstücke) 4. … Str. (Wohnhaus) 5. … Str. (8 Teil-/Whg.-Eigentumseinheiten 6. … (Wohnhaus) |
9.12.87 + 13.8.90 669.187 DM + 13.000 DM 22.6.1988 3.709.333 DM 3.7.1989 285.000 DM 30.9.1987 1.132.370 DM incl. nachtr. HK zuzügl. USt 24.4.1989 3.300.000 DM 22.8.1990 490.000 DM |
14.11.1991 900.000 DM 14.11.1991 4.900.000 DM 22.6.90 1.1.u. 16.9.91 318.250 DM 5.10.1989 1.930.000 DM zuzügl. USt 14.11.1991 4.900.000 DM 28.3.1991 612.000 DM |
Die Objekte Nrn. 1 bis 3 gehörten dem Kläger, die übrigen der Klägerin.
Nunmehr vertrat das FA die Auffassung, die von den Klägern seit 1988 abgewickelten An- und Verkäufe von Grundstücken seien als gewerbliche Tätigkeit zu beurteilen, und ermittelte für die Klägerin für das Jahr 1989 einen Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks in Würzburg i.H.v. 1.109.582 DM (vgl. Schreiben an die Kläger vom 19. April 1993). Nach Anhörung der Kläger hierzu erließ das FA am 11. Oktober 1993 einen Änderungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO, in welchem für die Klägerin anstelle der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 1.590.807 DM berücksichtigt wurde. Für den Kläger, der im Streitjahr keine Grundstücksgeschäfte getätigt hatte, wurden die bisher berücksichtigten Vermietungseinkünfte in dem Änderungsbescheid als solche aus Gewerbebetrieb behandelt.
Auch gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 5. November 1993 Einspruch ein, mit dem sie sich dagegen wandten, gewerblich mit Grundstücken gehandelt zu haben. Denn sie hätten in einem Zeitraum von weniger als 5 Jahren nicht jeweils mehr als drei Grundstücke an- und verkauft. Sie hätten im Inland lediglich drei bzw. zwei Immobilien besessen. Nach Überprüfung der für die Klägerin vorgenommenen Gewinnermittlung stellte das FA fest, dass die Umsatzsteuer aus dem Verkauf des Grundstücks irrtümlich, da bereits in ...