Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung der Erträge aus fremdnütziger Vermögensverwaltung
Leitsatz (redaktionell)
Erzielt der Steuerpflichtige Kapitalerträge aus der Verwaltung von Kapitalvermögen seines Bruders (fremdnützige Vermögensverwaltung), sind ihm die Einkünfte ab dem Zeitpunkt zuzurechnen, zu dem er infolge des Todes des Bruders dessen Gesamtrechtsnachfolger wird.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7; BGB § 1922
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der für 2010 zuletzt in der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2016 geänderten Festsetzung sowie der Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 vom 25. August 2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2016 wird die Einkommensteuer der Kläger
- • für 2010 und 2011 auf den Betrag herabgesetzt, der sich bei zusätzlicher steuermindernder Berücksichtigung von Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von jeweils 36.000 EUR ergibt,
- • für 2012 auf den Betrag herabgesetzt, der sich bei Anwendung des gesonderten Steuertarifs auf ihre Kapitaleinkünfte nach § 32d Abs. 1 EStG ergibt,
- • für 2013 auf den Betrag herabgesetzt, der sich bei zusätzlicher Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen an die gemeinsame Tochter T in Höhe von 8.130 EUR und ferner der Anwendung des gesonderten Steuertarifs auf ihre Kapitaleinkünfte nach § 32d Abs. 1 EStG ergibt.
Die Steuerberechnung wird dem beklagten Finanzamt übertragen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 11/20 und der Beklagte zu 9/20.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die steuerlichen Auswirkungen von laufenden Zahlungen, die die Klägerin auf der Grundlage eines Darlehensvertrages auf ein für den Bruder des Klägers eingerichtetes Bankkonto geleistet hat, sowie – im Jahr 2013 – die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die Tochter der Kläger als außergewöhnliche Belastung (§ 33a EStG).
Die Kläger sind verheiratet und wurden in den Streitjahren 2010 – 2014 gem. § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 30. April 2009 verlegten sie ihren Wohnsitz nach W, Schweiz. Sie erklärten, dass die unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland beibehalten werde, da ca. 99% ihrer Einkünfte wie bisher in Deutschland erzielt würden. Der Kläger bezog als […] Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Klägerin erzielte als […] Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (bis 2011) sowie sonstige Einkünfte. Daneben erklärten die Eheleute Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.
In den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2010 – 2014 machte die Ehefrau bei den Einkünften aus der Vermietung des Objekts … weg x in X, welches in ihrem Alleineigentum steht, Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 41.924 EUR (2010), 45.097,88 EUR (2011), 41.639,87 EUR (2012), 41.520,74 EUR (2013) sowie 23.474,89 EUR (2014) als Werbungskosten geltend. Hierin enthalten waren Beträge von 36.000 EUR (2010, 2012, 2013), 39.800 EUR (2011) und 18.000 EUR (2014), die in einer Anlage zur Anlage V mit „B/ex …” bzw. mit „Ex-Spk …/S” oder „Ex-Spk …/ExB/S” bezeichnet waren.
Die Schuldzinsen haben folgenden tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund:
Der Bruder des Klägers, B „B”), hatte im Jahr 1997 einen schweren Herzinfarkt erlitten. Aufgrund eines Behandlungsfehlers hatte er bleibende gesundheitliche Schäden davongetragen und war seither ein Pflegefall. Die Haftpflichtversicherung des behandelnden Arztes ([…] Versicherung AG) leistete daher im Jahr 2005 auf Grundlage eines Abfindungsvergleichs eine Zahlung i.H.v. 1.200.000 EUR an den Bruder des Klägers. In Folge der Erkrankung von B war der Kläger zu dessen Betreuer bestellt worden (Bl. 90 f. ESt-Akte Bd. VII). Mit Schreiben vom 19. Juni 2005 teilte er dem Vormundschaftsgericht mit, dass er zwei rechtsgeschäftliche Vollmachten des B aufgefunden habe und bat um Überprüfung, ob die Kosten verursachende Betreuung aufgehoben werden könne. Bei den Vollmachten handelt es sich um eine auf die Wahrnehmung der wirtschaftlichen und steuerlichen Pflichten bezogene Vollmacht vom 27. November 1985 sowie eine „Allgemeine Vollmacht” vom 24. Dezember 1989 (vgl. Bl. 879 und 881 der Betreuungsakte des Amtsgerichts Y). Das auf den 27. November 1985 datierte Dokument legte er beim AG Y im Original vor; das auf den 24. Dezember 1989 datierte Dokument l...