Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertpapiere als gewillkürtes Betriebsvermögen eines Freiberuflers. Verpfändung eines Wertpapierdepots als untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Freiberufler können gewillkürtes Betriebsvermögen bilden. Dies gilt für Geldgeschäfte wie den Erwerb von Wertpapieren aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind. Ausreichend ist insoweit weder der bloße Erwerb der Wertpapiere aus betrieblichen Mitteln noch der Ausweis in der Gewinnermittlung. Vielmehr müssen die Geldgeschäfte Hilfsgeschäfte der freiberuflichen Tätigkeit sein.
2. Ein Hilfsgeschäft kann z. B. vorliegen, wenn ein als Sicherheit für betriebliche Schulden verpfändetes Wertpapierdepot in seiner Verwendung so festgelegt ist, dass es aus der Sicht der kreditgebenden Bank untrennbarer Bestandteil eines Finanzierungskonzepts für den freiberuflichen Betrieb ist, das über die Verwendung des Depots als Kreditsicherheit hinausgeht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 4a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Rechtsstreit befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt seit 1991 als Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die er im Streitjahr nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.
Der Kläger wies in seiner Bilanz zum 31. Dezember 2000 Darlehen in Höhe von 2.038.058,89 DM aus, die in Höhe von insgesamt 500.000 DM auf dem Erwerb der Praxis im Jahre 1991 beruhten. Die entsprechenden Finanzierungsdarlehen schuldete der Kläger in zwei Währungsdarlehen um. Mit weiteren Darlehen in den Jahren ab 1992 finanzierte der Kläger im Rahmen eines Mehrkontenmodells im Wesentlichen den Kauf eines Privathauses zum Preis von 1,1 Mio. DM. Ab 1998 schuldete der Kläger die Darlehen zum Teil in Fremdwährungsdarlehen mit unterschiedlichen Laufzeiten ohne Tilgungsmöglichkeiten um. Sie waren endfällig in einem Betrag zurückzuzahlen.
Für die Fremdwährungsdarlehen verlangte die Bank wegen der Kursrisiken Sicherheitszuschläge und – wegen Erhöhung der Verbindlichkeiten um 500.000 DM aufgrund von Wechselkursänderungen in den Jahren 1996 bis 2000 – zusätzlich Sicherheiten, die der Kläger u.a. durch Briefgrundschulden, Übernahme persönlicher Haftung, Abtretung von Ansprüchen gegen die kassenärztliche Vereinigung sowie durch Sicherungsabtretung seiner Praxiseinrichtung, Verpfändung eines Wertpapierdepots und Abtretung von Ansprüchen aus Kapitallebensversicherungen gewährte. Durch die Verpfändung des Wertpapierdepots war eine freie Disposition über die Wertpapiere nur mit Zustimmung der Bank möglich.
Mit betrieblichen Mitteln hatte der Kläger seit 1998 in großer Zahl Aktien erworben, diese zum Teil wieder verkauft und teilweise auch zur Darlehenstilgung eingesetzt.
Außerdem kaufte und verkaufte er in den Jahren 1999 und 2000 Geldmarktfonds.
Auf dem betrieblichen Sachkonto 1362 (Wertpapiere) buchte er am 5. Januar 2000 einen Betrag in Höhe von 495.846,58 DM.
Die Bilanz zum 31. Dezember 2000 wies Wertpapiere als Umlaufvermögen aus. Der Kläger ermittelte insoweit Kursverluste von 152.836,30 DM, die er als Betriebsausgaben erklärte.
Das beklagte Finanzamt setzte in dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für 2000 einen Gewinn aus selbständiger Arbeit des Klägers in Höhe von 509.626 DM an. Die Kursverluste in Höhe von 152.836,30 DM erkannte es nicht als Betriebsausgaben an. Außerdem erfasste es Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers in Höhe von 12.644,45 DM und ging von Überentnahmen zum 31. Dezember 2000 in Höhe von 268.494 DM aus.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage.
Während des Klageverfahrens fand beim Kläger eine Außenprüfung statt. Im Bericht über diese Prüfung führte der Prüfer zu Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG u.a. aus, die Einlagen des Jahres 2000 seien um 495.846 DM zu kürzen, da die Einlage von Wertpapieren in das Betriebsvermögen bereits bei der Zinsberechnung für 1999 nicht anerkannt worden sei. Er ermittelte die gemäß § 4 Abs. 4a EStG als nicht abziehbar behandelten Schuldzinsen wie folgt:
|
DM |
Gewinn 2000 |
508.473 |
+ Einlagen 2000 |
+ 32.789 |
- Entnahmen |
- 934.863 |
= Überentnahmen |
= 393.601 |
Schuldzinsen 2000 lt. Gewinn- und Verlustrechnung |
73.584 |
- Zinsen aus Investitionsdarlehen |
- 30.775 |
= verbleibende Schuldzinsen |
= 42.809 |
- Mindestabzugsbetrag |
- 4.000 |
Nicht abziehbare Schuldzinsen |
38.809 |
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ das beklagte Finanzamt gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) einen Einkommensteueränderungsbescheid für das Streitjahr.
Im Anschluss daran wies das Finanzgericht die Klage, gerichtet auf den Ansatz der Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 381.484 DM sowie auf die Verminderung des Ansatzes seiner Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 2.044 DM, mit Urteil v...