Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des Teilkindergeldanspruchs der Ehefrau bei Anrechnung einer in der Schweiz steuerpflichtigen Kinderzulage des Ehemanns. Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein mit seiner Familie in Deutschland wohnender und in der Schweiz nichtselbständig tätiger deutscher Staatsangehöriger hat nach Gemeinschaftsrecht einen Anspruch auf Familienleistungen ausschließlich nach schweizerischen Rechtsvorschriften. Ihm steht daher kein deutsches (Teil-)Kindergeld zu.
2. Ist aber das in der Schweiz erhaltene Kindergeld (hier: Kinderzulagen im Kanton Zürich) niedriger als das deutsche Kindergeld, steht der nicht erwerbstätigen Ehefrau des deutschen Staatsangehörigen Teilkindergeld zu.
3. Zur Ermittlung des (deutschen) Teilkindergeldanspruchs der Ehefrau ist vom regulären deutschen Kindergeldanspruch auch dann der Bruttobetrag der Schweizer Kinderzulage abzuziehen, wenn diese in der Schweiz vom Ehemann versteuert werden musste.
4. Zur Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 sowie Nr. 574/72 bei Erwerbstätigkeit in der Schweiz.
Normenkette
EWGV 1408/71 Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 Buchst. h, Art. 13, 17, 17 Abs. 2a, Art. 73, 76, 79a; EWGV 574/72 Art. 10; EStG § 65 Abs. 1-2, § 62 Abs. 1 Nr. 2b, §§ 63, 31
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berechnung eines Anspruchs auf Teilkindergeld.
Die verheiratete Klägerin ist nicht erwerbstätig. Sie bezog für ihre Töchter von der beklagten Agentur f. Arbeit – Familienkasse – Kindergeld, und zwar ab Januar 1999 für die am 22. Januar 1999 geborene Magnan sowie ab August 2001 für die am 20. August 2001 geborene Meline. Das Kindergeld wurde bis Dezember 2001 i.H.v. monatlich 170 DM je Kind und ab Januar 2002 i.H.v. monatlich 154 EUR je Kind bezahlt.
Durch Datenaustausch mit der Oberfinanzdirektion (OFD) Stuttgart wurde die Familienkasse im April 2003 darauf hingewiesen, dass der Ehemann der Klägerin in der Schweiz berufstätig ist. Hierauf forderte die Familienkasse die Klägerin am 9. September 2003 auf, zur Prüfung ihres Kindergeldanspruchs Angaben zu machen sowie eine Arbeitgeberbescheinigung vorzulegen. Am 17. Oktober 2003 teilte die Klägerin mit, ihr Ehemann sei seit 1. Mai 2000 bei der U AG in Zürich/Schweiz unselbständig erwerbstätig. In der gleichzeitig vorgelegten Bescheinigung des Schweizer Arbeitgebers bestätigte dieser unter dem 8. Oktober 2003 die Zahlung von Kinderzulagen nach den Gesetzen und Verordnungen des Kantons Zürich wie folgt:
- Für die Tochter Magnan vom 1. Mai 2000 bis 30. April 2002 150 Sfr. monatlich und von 1. Mai 2002 bis heute 170 Sfr. monatlich.
- Für die Tochter Meline von 1. August 2001 bis 30. April 2002 150 Sfr. monatlich und ab 1. Mai 2002 170 Sfr. monatlich.
Hierauf änderte die Familienkasse durch Bescheid vom 14. November 2003 die Festsetzung von Kindergeld für die Kinder der Klägerin ab Juni 2002 mit der Begründung, bei dem Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) seien die ihrem Ehemann nach schweizerischen Rechtsvorschriften gewährten Kinderzulagen anzurechnen, und setzte das Kindergeld je Kind auf monatlich 44,15 EUR herab. Die Unterschiedsbeträge wurden auf einem dem Bescheid beigefügten Berechnungsblatt, auf welches Bezug genommen wird, ermittelt. Durch Bescheide vom 10. Dezember 2003 wurde Kindergeld für die Tochter Magnan ab Mai 2000 unter Anrechnung des Anspruchs auf schweizerische Kinderzulagen i.H.v. monatlich 87 DM, ab August 2001 für beide Töchter i.H.v. monatlich 157 DM (ab Januar 2002 80,36 EUR) und ab Mai 2002 i.H.v. monatlich 77,66 EUR festgesetzt. Als Rechtsgrundlage für die Änderung der Kindergeldfestsetzungen gab die Familienkasse § 70 Abs. 2 EStG an. In einem weiteren unter dem 10. Dezember 2003 ergangenen Bescheid forderte die Familienkasse von der Klägerin aufgrund der Änderung der Festsetzungen von Mai 2000 bis Mai 2002 Erstattung zuviel bezahlten Kindergelds i.H.v. insgesamt 3.592,02 EUR nach § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Da der Ehemann der Klägerin ab Mai 2000 Anspruch auf Schweizer Kinderzulage habe, habe diese ab diesem Zeitpunkt gemäß § 65 EStG nur noch Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrags zum höheren deutschen Kindergeld.
Den gegen diese Bescheide am 16. Dezember 2003 eingelegten Einspruch wies die Familienkasse durch Entscheidung vom 20. Januar 2004 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der am 23. Februar 2004 erhobenen Klage ließ die Klägerin zunächst vortragen, das Rückforderungsbegehren bestehe zwar dem Grunde nach zu Recht, bei der Berechnung des Erstattungsbetrags gehe die Familienkasse jedoch von falschen Voraussetzungen aus. Es werde vorläufig Herabsetzung des Erstattungsbetrags um 971,65 EUR beantragt. Durch Teilabhilfebescheid vom 18. Mai 2004 hat die Familienkasse das für die Zeit von Mai 2000 bis Mai 2002 zu erstattende Kindergeld auf 3.396,27 EUR herabgesetzt. Daraufhin erklärte die Klägerin, durch gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Ver...