Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung eines Zeitwertkonto-Guthabens bei Arbeitgeberwechsel ist nicht steuerbar. Zufluss von Arbeitslohn erst bei Auszahlung aus dem Zeitwertkonto. Verzinsung des Zeitwertkontos führt zu Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Übertragung eines Guthabens auf einem Zeitwertkonto bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber ist nicht steuerbar. Der neue Arbeitgeber tritt an die Stelle des bisherigen Arbeitgebers und übernimmt dessen Verpflichtungen aus dem Wertguthaben im Wege der Schuldübernahme. Leistungen aus dem Wertguthaben durch den neuen Arbeitgeber gehören zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit.
2. Als Arbeitslohn zu versteuern ist noch nicht die Gutschrift auf dem Zeitwertkonto, sondern erst die Auszahlung aus diesem.
3. Wird der Betrag auf dem Zeitwertkonto verzinst, so sind die nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ausgezahlten Zinsen keine Einkünfte aus Kapitalvermögen, sondern durch das Dienstverhältnis veranlasste Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, die im Zeitpunkt der Auszahlung und nicht schon im Moment der Gutschrift auf dem Konto zu versteuern sind.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1, § 20; SGB IV §§ 7b, 7f
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 29. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. März 2015, geändert am 14. Dezember 2015, wird dahin gehend geändert, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers um 45.030 EUR gemindert sowie die Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers um 4.803,63 EUR gemindert werden. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer 2012 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu festzusetzen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 4/5 und der Kläger zu 1/5.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn der Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit geleistet hat.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der verheiratete Kläger war im Streitjahr 2012 einer von zwei Geschäftsführern. Der Kläger war mit Wirkung zum 1. Juli 2003 von der Firma A GmbH zum Geschäftsführer bestellt worden. Nunmehr firmiert sein (früherer) Arbeitgeber unter dem Namen B GmbH. Gesellschafter waren jeweils fremde Dritte.
Der Geschäftsführeranstellungsvertrag zwischen dem Kläger und der A GmbH datiert vom 11. Juni 2003 (Rb-Akte, S. 33 ff) und ist vom Kläger unterschrieben. Nach § 1 1.1 des Vertrages vertritt der Geschäftsführer die Gesellschaft gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder Prokuristen gerichtlich und außergerichtlich. Nach § 1 1.2 führt er gemeinsam mit den weiteren Geschäftsführern die Geschäfte der Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, der Satzung und des Anstellungsvertrages. Er hat den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten. Nach § 9 9.3 stellt die Gesellschaft dem Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Rahmen dieses Vertrags einen Dienstwagen der Marke Mercedes xxx oder ein vergleichbares Fahrzeug zur Verfügung, worüber ein gesonderter Dienstwagenvertrag abgeschlossen wird. Der Dienstwagen darf durch den Geschäftsführer zu privaten Zwecken genutzt werden. Der geldwerte Vorteil steht dem Geschäftsführer neben seiner Vergütung gemäß § 7 des Vertrags zu; die hierauf entfallende Lohnsteuer trägt der Geschäftsführer. Nach § 7 7.3 schließt die Gesellschaft als betriebliche Altersversorgung eine Direktversicherung zugunsten des Geschäftsführers ab, deren Einzelheiten noch gesondert festgelegt werden. Zustimmungspflichtige Geschäfte sind nach § 2 2.2 Buchst. g die Erteilung von Versorgungszusagen aller Art, durch welche zusätzliche Verpflichtungen der Gesellschaft über die Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherung hinaus begründet werden. Nach § 3 ist der Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – befreit. Nach § 13 13.2 bedürfen sämtliche Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und der Zustimmung durch Beschluss der Gesellschafterversammlung.
Am 2.11.2005 schlossen die A GmbH, vertreten durch den Kläger, und der Kläger eine Vereinbarung zur Einführung von Zeitwertkonten, eine Wertguthabenvereinbarung nach § 7b Sozialgesetzbuch – SGB – IV. Diese sollte ihm ermöglichen, durch die Einzahlung eines Teiles des Gehalts, wie auch eventueller Erfolgsvergütungen, eine spätere Freistellung von der Arbeitsleistung, z.B. für eine Vorruhestandsregelung, eingehen zu können. Nach Ziffer 7 hat der Arbeitnehmer ...