Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingangsabgaben
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin (Klin.), ließ beim Hauptzollamt (HZA) … – Zollamt … (folgend: Zollstelle) am 26. Juni 1993 und 26. Juli 1993 mit Zollanmeldungen 1G/16369 und 1G/21016 u.a. aus der Schweiz eingeführte sogenannte „Nachtkerzenölkapseln” im jeweiligen Zollwert von 136.233,60 DM und 60.508,60 DM zum freien Verkehr abfertigen. Sie meldete in beiden Fällen die Waren unter der Tarifposition der Kombinierten Nomenklatur (KN) 2106 9099 als Lebensmittelzubereitungen an. In dieser Tarifposition unterlagen die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit einem beweglichen Teilbetragszoll von 16,67 DM je 100 kg Eigengewicht. Die Zollstelle erhob mit vorläufigen Zollbescheiden auf der angemeldeten Grundlage den Zoll in der jeweiligen Höhe von 134,40 DM und 45,51 DM, entnahm jedoch zur tariflichen Untersuchung Warenproben.
Die tarifliche Untersuchung der Warenproben ergab, daß die Waren in die Tarifposition 1517 9099 KN einzureihen seien (vgl. Einreihungsgutachten der Zollehranstalt der Oberfinanzdirektion (OFD) Freiburg vom 31. August 1993 ZT 0270B – 310/93 – B 6 bzw. ZT 0270 B – 397/93 – B 6, Bl 13 und 29 der HZA-Akte). Diese Tarifposition sieht für aus der Schweiz eingeführte Waren einen Zollsatz von 25 v. H. des Zollwertes vor. Das HZA … änderte die ursprünglichen Zollbescheide und erhob mit Steueränderungsbescheiden vom 28. September 1993 bei der Klin. 33.924 DM und 15.081,64 DM Zoll nach.
Gegen die Steueränderungsbescheide legte die Klin. mit der Begründung Einspruch ein, die Waren seien nach der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) der OFD München vom 28. April 1992, Nr. DE M/A 199/92/01-01, in die Tarifposition 2106 9099 einzureihen. Die Waren enthielten Milchfett, sie seien als Lebensmittelzubereitungen anzusehen. Die vZTA der OFD München sei bei der letzten Außenprüfung anerkannt worden.
Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 16. März 1994 wird ausgeführt, die Waren stellten sich als ovale, ca. 1,5 cm × 0,9 cm große klare, farblose Gelatinekapseln, die mit einem farblosen, klaren Öl gefüllt seien, dar. Laut Herstellerangaben bestehe der Wirkstoff u.a. aus Nachtkerzenöl, dem u.a. weniger als 10 Gewichtshunderteile (GHT) Milchfett zugesetzt worden seien. Solche Waren gehörten nach der Verordnung (VO) (EWG) Nr. 3513/92 der Kommission vom 03. Dezember 1992 (Amtsblatt –ABl.– der EG Nr. L 355 S. 12) in die Position 1517 9099 KN des Zolltarifs. Auf die Erläuterungen zur Position 1517 des Zolltarifs werde Bezug genommen. Die von der Klin. zitierte vZTA der OFD München vom 28. April 1992 sei durch die vorbezeichnete EWG-Verordnung außer Kraft gesetzt worden. Sie habe für die Einfuhren am 26. Juni 1993 und 26. Juli 1993 nicht mehr angewendet werden können (Art. 12 der VO (EWG) Nr. 1715/90 vom 20. Juli 1990 – ABl. der EG Nr. L 160 vom 26. Juni 1990). Die Nachtkerzenölkapseln und die von der Klin. zitierte vZTA der OFD München seien nicht Gegenstand der bei ihr durch das HZA Rosenheim durchgeführten Außenprüfung im Jahre 1993 gewesen. Auf den Prüfungsbericht des HZA Rosenheim vom 25. Mai 1993 AB-Nr. 930013 B – F 1 werde Bezug genommen.
Mit der dagegen erhobenen Klage macht die Klin. geltend, die Nachtkerzenölkapseln seien Arzneiwaren im Sinne des Kapitels 3003 des Zolltarifs. Im Freihandelsabkommen Schweiz – EWG von 1972 sei vereinbart worden, daß für die zum damaligen Zeitpunkt nach Tarif-Nr. 3003 zollpflichtigen Waren die Zölle bis zum 01. Juli 1977 schrittweise beseitigt werden. Nach Art. 3 des Abkommens dürften keine neuen Zölle mehr eingeführt werden. Die Nachtkerzenölkapseln seien damals nach allgemeiner Praxis als Arzneiwaren behandelt worden. Die Umstellung des Zolltarifs auf das sogenannte Harmonisierte System berechtige die EWG nicht, einseitig für diese Produkte die Zollerhebung anzuordnen. Die VO (EWG) Nr. 3513/92 verstoße auch gegen Übergangsbestimmungen des multinationalen Vertrages zur Einführung des Harmonisierten Systems im GATT. Für den Fall, daß kein Arzneimittel vorläge, sei die Ware als Ergänzungslebensmittel in Kapitel 2106 des Zolltarifs einzuordnen. Dies ergebe sich aus der KN wie den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN. Sowohl die Auslegung nach der AV 1 wie auch nach AV 3 führe zur Nichtanwendbarkeit der Position 15.07 GZT. Da die Kommission beim Erlaß von Tarifierungsverordnungen nicht befugt sei, von der Kombinierten Nomenklatur abzuweichen, sondern lediglich diese auslegen dürfe, sei die VO (EWG) Nr. 3513/92 nichtig.
Die Kapseln dienten ausschließlich dazu, ernährungsbedingte Mangelerscheinungen auszugleichen. Zu diesem Zweck enthielten die Kapseln erhebliche Mengen an Nachtkerzenöl, das in hohem Maß mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthalte. Darüber hinaus werde Vitamin E beigemischt. Die Eigenschaft, ernährungsbedingte Mangelerscheinungen auszugleichen, charakterisie...