Entscheidungsstichwort (Thema)
Teils mit eigenem PKW und teils mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführte Fahrten eines Behinderten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Einkommensteuer 2003
Leitsatz (redaktionell)
Ein Behinderter (i.S. von § 9 Abs. 2 S. 3 EStG), der die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte teilweise mit dem eigenen PKW und teilweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchführt, darf täglich entweder einheitlich für beide Verkehrsmittel die Entfernungspauschale oder für beide Verkehrsmittel einheitlich die tatsächlichen Kosten geltend machen. Die Wahl einer Kombination (z.B. Entfernungspauschale für den mit öffentlichen Verkehrmitteln zurückgelegten Fahrtanteil, tatsächliche Kosten für den mit dem PKW durchgeführten Fahrtanteil) ist nicht zulässig.
Normenkette
EStG 2003 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird Abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Anerkennung weiterer Werbungskosten.
Die am 20. Mai 1955 geborene Klägerin war im Streitjahr 2003 als Bankkauffrau für die BW-Bank in <$$$> nicht selbständig tätig. Im Rahmen der Werbungskosten hierzu machte sie für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für 195 Tage die Entfernungspauschale geltend. Ihren Angaben zufolge fuhr sie zunächst mit ihrem PKW von ihrer Wohnung aus 17 km bis zum Bahnhof nach <$$$> Die verbleibenden 82 km legte sie mit der Bahn zurück. Die Höhe der Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel gab die Klägerin mit insgesamt 1.682 EUR an. Die Klägerin hat einen Behinderungsgrad von 90 v.H. Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 26. Mai 2004 für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Entfernungspauschale in Höhe von 6.360 EUR.
Dem liegt folgende Berechnung zugrunde:
Fahrtkosten ÖPNV |
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1.682 EUR |
Wege mit dem eigenen PKW |
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195 Tage × 10 km × 0,36 EUR |
702 EUR |
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195 Tage × 7 km × 0,40 EUR |
546 EUR |
1.248EUR |
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Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln |
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195 Tage × 10 km × 0,36 EUR |
702 EUR |
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195 Tage × 72 km × 0,40 EUR |
5.616 EUR |
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zusammen |
6.318 EUR |
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höchstens jedoch |
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5.112 EUR |
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Entfernungspauschale |
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6.360 EUR |
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Die Klägerin legte gegen diesen Einkommensteuerbescheid am 7. Juli 2004 Einspruch ein, den sie im wesentlichen damit begründete, bei der Berechnung der Entfernungspauschale seien die Fahrten mit dem eigenen PKW lediglich mit 0,36/0,40 EUR berücksichtigt worden. Da sie zu 90 % erwerbsgemindert sei, sei eine Entfernungspauschale mit 0,60 EUR anzusetzen. Sie verweise auf die BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2001, BStBl I S. 994, Tz. 1.6 und vom 20. August 2001, BStBl I S. 541, Ziff. II. Danach sei die Kombination der Entfernungspauschale für Bahnfahrten und die tatsächlichen PKW-Kosten für die Fahrt zum Bahnhof wegen Erwerbsminderung möglich.
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 13. Dezember 2004 den Einspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, verwenden Arbeitnehmer für ihre Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unterschiedliche Verkehrsmittel, sei in Anwendung des BMF-Schreibens vom 11. Dezember 2001, BStBl I S. 994 sowohl für die Teilstrecke, die mit dem eigenen Kraftwagen zurückgelegt werde, als auch für die Teilstrecke, für die öffentliche Verkehrsmittel benutzt würden, die Entfernungspauschale zu ermitteln. Beide Beträge ergeben insgesamt die anzusetzende Entfernungspauschale. Diese sei vorliegend für die Klägerin im Vergleich zum Ansatz der tatsächlichen Anwendungen für den PKW und für das öffentliche Verkehrsmittel Bahn günstiger. Eine Kombination der tatsächlichen PKW-Kosten für die Teilstrecke zum Bahnhof mit der Entfernungspauschale für die mit der Bahn zurückgelegte Teilstrecke sei nicht zulässig Denn Behinderte könnten die tatsächlichen Aufwendungen nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 3 EStG nur „anstelle” der Entfernungspauschale ansetzen.
Die Klägerin hat hiergegen am 23. Dezember 2004 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben. Sie beantragt,
- den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom 26. Mai 2004 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 13. Dezember 2004 insoweit zu ändern, als weitere Werbungskosten für Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 741 EUR anzusetzen sind;
- hilfsweise, die Revision zuzulassen;
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Zur Begründung trägt die Klägerin im wesentlichen vor, die Rechtsanwendung des Beklagten sei fehlerhaft. Der Begünstigungszweck für behinderte Arbeitnehmer werde nicht erreicht, wenn er seine Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnungen und Arbeitsstätte steuerrechtlich nicht in solche der (normalen) Entfernungspauschale und in solche der (begünstigten) ...