Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Vorkostenabzug für Aufwendungen zur Beseitigung des wirtschaftlichen Verbrauchs eines Gebäudes. Abgrenzung zu bloßen verdeckten Mängel. Einkommensteuer 1989
Leitsatz (amtlich)
Abzugsfähigkeit von Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen als Vorkosten: Erwirbt ein Steuerpflichtiger ein über 60 Jahre altes, wirtschaftlich verbrauchtes Gebäude, sind die im Rahmen der umfassenden Sanierung angefallenen Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu beurteilen und entstehen nicht in Zusammenhang mit der Beseitigung verborgener Mängel.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 6; HGB § 255 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Kläger sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger ist als Zahnarzt selbständig tätig; die Klägerin bezieht als Zahnarzthelferin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 16. November 1988 erwarben die Kläger das Grundstück … in … zu je hälftigem Miteigentum. Auf dem Grundstück (501 qm) befindet sich ein 1927 errichtetes zweigeschossiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoß, das insgesamt eine Wohnung enthält. Der Kaufpreis betrug 550.000,– DM, davon entfielen 175.000,– DM auf den Grund und Boden (Nebenkosten des Erwerbs 34.396,– DM; Anlage zur Einkommensteuererklärung 1989, Bl. 51 der Einkommensteuerakten 1989). Nutzen und Lasten gingen am 15. Januar 1989 auf die Erwerber über. Nach § 5 Abs. 2 des Kaufvertrags hatten die Käufer den Grundbesitz eingehend besichtigt und erwarben ihn in dem Zustand, in dem er sich bei Besitzübergang befand; der Verkäufer haftete nicht für Freiheit von offenen und verborgenen Sachmängeln. Das Grundstück war vermietet (Mieter Eheleute …); das Mietverhältnis wurde gegen Zahlung einer Ablösung von 7.500,– DM zum 01. April 1989 vorzeitig beendet. Ab 01. November 1989 nutzen die Kläger das Objekt zu eigenen Wohnzwecken.
Die Kläger nahmen nach Auszug der Mieter und vor Beginn der Selbstnutzung an dem Gebäude umfassende Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten vor. Hierfür fielen Kosten in Höhe von insgesamt 278.206,87 DM an. Die Kläger ordneten in ihrer Einkommensteuererklärung 1989 diese Kosten in Höhe von 66.478,29 DM den Herstellungskosten im Rahmen der Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu. Im übrigen machten sie Aufwendungen für die Beseitigung offener Mängel in Höhe von 37.671,38 DM und Aufwendungen für die Beseitigung verdeckter Mängel in Höhe von 174.057,20 DM als Vorkosten gem. § 10e Abs. 6 EStG geltend. Für die Einzelheiten der Aufteilung der Kosten sowie der durchgeführten Arbeiten wird auf die der Einkommensteuererklärung 1989 beigefügte Anlage (Bl. 16 ff der Einkommensteuerakten 1989) Bezug genommen (verkürzte Zusammenfassung S. 5 der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 1993; durchgeführte Baumaßnahmen S. 8, 9 a. a. O.). Der Beklagte beurteilte nach Durchführung einer abgekürzten Außenprüfung die Arbeiten als einheitliche Baumaßnahme, die dazu gedient habe, das Gebäude an die persönlichen Bedürfnisse der Kläger anzupassen. Neben dem Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG in Höhe von 15.000,– DM und als Vorkosten zu berücksichtigendem Finanzierungsaufwand in Höhe von 10.551,– DM ließ der Beklagte daher nur Aufwendungen für die Heizungserneuerung in Höhe von 21.479,18 DM gem. § 82a Abs. 1 Nr. 5 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) mit 10 v. H. jährlich (2.148,– DM) sowie Aufwendungen für den Austausch des im Badezimmer des ersten Obergeschosses gelegenen verfaulten Balkens und die damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Kosten in Höhe von insgesamt 4.228,29 DM zum Abzug wie Sonderausgaben nach § 10 e Abs. 6 EStG zu (geänderter Einkommensteuerbescheid 1989 vom 30. März 1993). Die übrigen Kosten für die Renovierung und Modernisierung des Gebäudes wurden als anschaffungsnahe Aufwendungen – ohne Vorliegen verdeckter Mängel – beurteilt mit der Folge der Berücksichtigung im Rahmen der Bemessungsgrundlage für den Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG und der Nichtberücksichtigung als Vorkosten gem. § 10 e Abs. 6 EStG. Hiergegen richtet sich nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, die geltend gemachten Aufwendungen für die Beseitigung offener und verdeckter Mängel stellten Vorkosten i. S. des § 10 e Abs. 6 EStG dar. Sie tragen vor, der größte Teil der Mängel des Gebäudes sei ihnen bei Abschluß des Kaufvertrages nicht bekannt gewesen. Das von ihnen eingeholte Verkehrswertgutachten des vereidigten Bezirksbauschätzers … vom 24. August 1988 habe den baulichen Zustand des Gebäudes als „ziemlich gut” bezeichnet. Aus der schriftlichen Bestätigung der Mieter … vom 11. Juni 1992, die bei der Besichtigung des Gebäudes zugegen waren, ergebe sich, daß nur fünf geringere Mängel bekanntgemacht worden seien. Nach der Bescheinigung der Firma Fensterbau ...