Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug eines vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrags durch den Erben. Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Der Erbe kann einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug gemäß § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen (hier: Verlustvortrag aus hohen Erhaltungsaufwendungen des Erblassers für schuldenfrei vererbte Mietobjekte). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erbe durch die Verluste „wirtschaftlich belastet” ist.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 1; AO § 45 Abs. 1; BGB § 1922 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen XI R 2/05) |
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger im Jahr 2000 den von seiner Mutter nicht ausgeschöpften Verlustabzug in Höhe von 5.210 DM als ihr Erbe und Gesamtrechtsnachfolger steuerlich geltend machen kann.
Der Kläger ist Alleinerbe und Gesamtrechtsnachfolger seiner am 1. März 2000 verstorbenen Mutter E M. Die verstorbene Mutter hatte bis zu ihrem Tod Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus mehreren Mietobjekten erzielt, für die sie im Jahre 1996 bis 1998 größere Erhaltungsaufwendungen getätigt hatte, die aus ihren Ersparnissen finanziert worden sind und die der Kläger schuldenfrei geerbt hat.
Aufgrund der hohen Erhaltungsaufwendungen, die die Mutter getätigt hatte, ergab sich bei ihr resultierend aus ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum 31.12.2000 ein verbleibender Verlustabzug nach § 10 d Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 5.210 DM, der vom Finanzamt M mit Bescheid vom 22. Juni 2001 zum 31.12.2000 gesondert festgestellt worden ist.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger den für seine Mutter festgestellten Verlustabzug geltend. Mit Schreiben vom 15. November 2001 teilte das beklagte Finanzamt (FA) dem Kläger daraufhin mit, es beabsichtige von seiner Einkommensteuererklärung abzuweichen und den geltend gemachten, geerbten Verlustabzug steuerlich nicht zu berücksichtigen, da bis zum Erbfall keine wirtschaftliche Belastung entstanden sei. Die beiden Mietobjekte seien schuldenfrei übergeben worden und die größeren Erhaltungsaufwendungen in den Jahren 1996 bis 1998 seien aus den Ersparnissen der Mutter und Erblasserin finanziert worden.
Entsprechend seiner Auffassung erließ das beklagte FA am 27. November 2001 den Einkommensteuerbescheid 2000, wobei es den geerbten Verlustabzug nicht anerkannte.
Der Einspruch blieb erfolglos.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2003 richtet sich die am 13. März 2003 bei Gericht eingegangene Klage, mit der der Kläger vorträgt, der Verlust habe den Nachlass gemindert, somit liege eine wirtschaftliche Belastung des Erben vor. Der Verlustabzug beim Erben stehe zwar im Widerspruch zum Grundsatz der Individualbesteuerung, dieser Grundsatz werde jedoch wesentlich gravierender verletzt, wenn in Erbfällen der Ausgleich von Verlusten vollständig unmöglich gemacht werde.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2003 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Berücksichtung des Verlustvortrags von 5.210 DM von bisher 27.574 DM um 2.335 DM auf 25.239 DM herabzusetzen.
Das beklagte FA beantragt,
die Klage aus den Gründen der Einspruchsentscheidung abzuweisen.
In der Streitsache war am 29. September 2004 ein Gerichtsbescheid ergangen, gegen den der Kläger rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Der Gerichtsbescheid ist damit gegenstandslos. Sodann hat in der Streitsache am 25. November 2004 eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zu Recht hat das beklagte Finanzamt verneint, dass der Kläger den festgestellten Verlust seiner am 1. März 2000 verstorbenen Mutter geltend machen kann.
Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. zuletzt Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 22. Oktober 2003 – I ER-S-1/03 [XI R 54/99], Bundessteuerblatt II –BStBl– 2004, 414 und vom 10. April 2003 – XI R 54/99, BFH/NV 2003, 1364) ist der Erbe berechtigt, nicht verbrauchte Verluste des Erblassers geltend zu machen. Er muss allerdings durch die Verluste wirtschaftlich belastet sein. In der zitierten Entscheidung XI R 54/99 hält der erkennende Senat die dogmatischen und systematischen Einwände gegen den Übergang der Verlustabzugsmöglichkeit auf den Erben allerdings für so schwerwiegend, dass er die bisherige Rechtsprechung aufgeben will (vgl. auch Antragebeschluss des I. Senats des BFH vom 29. März 2000 I R 76/99, BStBl II 2000, 622). Auch der erkennende Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der Erbe ein vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug nicht für seine eigene Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann (vgl. Urteil vom 16. April 2004 – 14 K 194/99). Der erkennende Senat sieht insbesondere durch...