Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Tarifbegünstigung für die Veräußerung von Teilanteilen an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft. zweistufiges Feststellungsverfahren bei Treuhandschaft hinsichtlich eines Mitunternehmeranteils
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Veräußerung von Teilanteilen an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft ist nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG tarifbegünstigt, sondern als laufender Gewinn zu besteuern (seit 1.1.2002).
2. Die Anteilsveräußerung und die Realteilung einer Sozietät sind zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte, die nach den jeweils dafür vorgesehenen (steuer-) gesetzlichen Regelungen zu beurteilen sind.
3. Der Treugeber eines Gesellschaftsanteils ist nicht Mitunternehmer der Gesellschaft, wenn er lediglich Darlehensgeber ist und nicht an der laufenden Gewinnverteilung beteiligt ist. Der für den Treuhänder festgestellte Gewinn wird erst in einem nachgeschaltenten Feststellungsverfahren auf die Treugeber verteilt.
4. Erst auf dieser zweiten Stufe wird entschieden, ob das Treuhandverhältnis steuerlich anzuerkennen ist, so dass der Gewinn aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils nicht dem Treuhänder, sondern dem Treugeber zuzurechnen ist.
5. Aus der Zweistufigkeit des Feststellungsverfahrens im Falle einer Treuhandschaft folgt, dass der Feststellungsbescheid der ersten Stufe nur Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid der zweiten Stufe hat, nicht aber für den Einkommensteuerbescheid des Treuhänders. Der Treuhänder kann folglich gegen seinen Einkommensteuerbescheid noch geltend machen, dass er nur Treuhänder ist und dass ihm die Einkünfte des Treugebers steuerlich nicht zuzurechnen sind.
6. Die auf der ersten Stufe des Feststellungsverfahrens erfolgte Qualifizierung eines Veräußerungsgewinns als laufender Gewinn kann in einem Feststellungsverfahren auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der beim Treugeber verwirklichten Besteuerungsmerkmale nochmals geändert werden.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3 S. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 1; AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 179 Abs. 1, 2 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung des Gewinns aus der Veräußerung eines (Teil-) Anteils einer Wirtschafts- und Steuerberatungssozietät im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Gesellschafter.
1. Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Der Kläger betrieb bis Mitte der 1990er Jahre eine größere Einzelpraxis. Im Zusammenhang mit der Erweiterung der Praxis und der geplanten Beteiligung zweier leitender Mitarbeiter (A – A – und B – B –) schloss der Kläger am 30. April 1996 mit dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater M (M bzw. M) einen Praxisübernahme- und Kaufvertrag sowie einen Sozietätsvertrag zum stufenweisen Erwerb der Praxis des M.
M hatte nur an einen Wirtschaftsprüfer verkaufen bzw. mit einem Wirtschaftsprüfer eine Sozietät eingehen wollen. Es war deshalb vorgesehen, dass der Kläger die Praxis des M für A und B treuhänderisch erwirbt und A und B die erworbene Praxis des M (später) in eine Sozietät mit dem Kläger einbringen. Entsprechend schloss der Kläger mit A und B einen Treuhandvertrag (s. Vertragsakten). In der Vorbemerkung des Treuhandvertrages heißt es:
„Es ist beabsichtigt, dass die Herren … (A und B) … die Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkanzlei des … (M) … erwerben und in eine zu gründende Sozietät mit … (dem Kläger) … einbringen. Vorab hat … (der Kläger) … mit … (M) … einen Kaufvertrag und Sozietätsvertrag abgeschlossen …
Der Treuhandvertrag mit … (B) … wird unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass er binnen fünf Jahren ab Abschluss dieses Vertrages die berufliche Qualifikation erwirbt, die zur Übernahme einer Steuerberatungskanzlei erforderlich ist. Bis zum Eintritt der Bedingung erbrachte Leistungen des … (B) … sind als Darlehen zu behandeln. … Für die Kündigung des Darlehens gilt § 7 … mit folgender Zusatzbestimmung: Wird das Darlehen nicht in eine Gesellschaftseinlage umgewandelt und damit zur Rückzahlung fällig, tritt diese Fälligkeit erst nach Ablauf von … ein.
§ 1 Treugut
Gegenstand der Treuhandschaft ist die Beteiligung des … (Klägers) … an der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterpraxis des … (M) … sowie …Diese Vermögenswerte besitzt und verwaltet der Treuhänder für die Treugeber nach Maßgabe des Kaufvertrages vom 30.04.1996 und des Sozietätsvertrages vom 30.04.1996 sowie dieses Treuhandvertrages.
§ 2 Zweck der Treuhandschaft
(1) Zweck der Treuhandschaft ist der sofortige und problemlose Erwerb der Wirtschafts- und Steuerberaterkanzlei des … (M) …, was ohne die Einschaltung des … (Klägers) … seitens der … (A und B) … nicht möglich wäre. Keiner der Herren … (A und B) … verfügt derzeit über die Qualifikation als Wirtschaftsprüfer; … (B) … ...