Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Einnahmen und Abzug von Schuldzinsen bei einem der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstück. Einkommensteuer 1993

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Erwerber eines Grundstücks, für das Zwangsverwaltung angeordnet ist, sind vom Zwangsverwalter vereinnahmte Mieterträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

2. Vom Zwangsverwalter vereinnahmte Mieterträge sind, soweit sie für Zinszahlungen auf die am zwangsverwalteten Grundstück abgesicherten Darlehen der Veräußerer verwendet worden sind, keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Erwerbers.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 11 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.03.2003; Aktenzeichen IX R 65/01)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die bis zum 26. Mai 2001 entstandenen Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 9/10 und der Beklagte zu 1/10. Die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst. Die danach entstandenen Kosten trägt die Klägerin in voller Höhe.

3. Der Streitwert beträgt bis zum 26. Mai 2001 DM 30.364, danach 23.135 DM.

 

Tatbestand

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 1. Dezember 1988 (Urkundenrolle … des Notars … erwarb die Klägerin (Klin) von ihren Eltern die in der Gemarkung … belegenen, auf die Grundstücke … und … (im folgenden: …) eingetragenen Teileigentumsrechte, verbunden mit sämtlichen an diesen Grundstücken bestehenden Sondereigentumseinheiten. Das Anwesen war zu diesem Zeitpunkt mit Grundpfandrechten in Höhe von 5.723.437 DM belastet Nach den Vertragsvereinbarungen waren diese Belastungen vom Veräußerer zur Löschung zu bringen. Sowohl die Veräußerer als auch die Klin beantragten die Löschung. Der Kaufpreis betrug gemäß § 3 der Kaufvertragsurkunde 4 Millionen DM. Er war nach dem Vertragsinhalt spätestens am 31. Januar 1989 fällig, nicht aber vor Eintragung der Eigentumsänderung und vor der Nichtausübung vertraglich vereinbarter Rücktrittsrechte.

Ferner war in der Vertragsurkunde vermerkt, dass für das Anwesen Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung angeordnet ist. Die Zwangsverwaltung war am 26. Januar 1988 angeordnet, am 19. Januar 1990 aufgehoben sowie am 17. Mai 1990 erneut angeordnet worden. Sie wurde am 6. Mai 1994 erneut aufgehoben, am 16. August 1994 wieder angeordnet und am 5. März 1996 aufgehoben.

In ihrer am 6. Mai 1998 beim Beklagten (Bekl) eingereichten Einkommensteuer (ESt)-Erklärung 1993 erklärte die Klin aus der … Einnahmen in Höhe von 128.508 DM und Werbungskosten in Höhe von 260.222 DM, in denen unter anderem Schuldzinsen in Höhe von 62.119,98 DM enthalten waren. Im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) stehenden ESt-Bescheid vom 5. Januar 1999 ließ der Bekl diese Zinsaufwendungen nicht zum Werbungskostenabzug zu.

Hintergrund dieser Behandlung war eine bei der Klin für die Jahre 1988 bis 1991 durchgeführte Außenprüfung. Im Prüfungsbericht vom 18. April 1995 hatte der Prüfer unter anderem die AfA-Bemessungsgrundlage für das Gebäude … neu ermittelt und unter „1.10 Zinsen” folgende Feststellungen getroffen:

… hat bis heute den Kaufpreis in Höhe von 4 Mio DM an die Veräußerer nicht bezahlt. Ein Kredit wurde deshalb von der Eigentümerin nicht aufgenommen. Finanzierungskosten sind nicht entstanden.

Die vom Zwangsverwalter an die Gläubiger der Eheleute (…) abgeführten Beträge sind keine abzugsfähigen Werbungskosten bei …

1989

1990

1991

DM

DM

DM

Weniger Werbungskosten lt. BP (bisherige Zinsen)

45.000

70.000

100.000

Die als Zinsen erklärten Aufwendungen haben die Gläubiger teilweise als Darlehenstilgung gebucht. Die Nachberechnung der Zinsen durch die … am 27.02.1995 richtet sich gegen die Darlehensschuldner … und … Daraus können keine als Werbungskosten abzugsfähigen Zinsen bei … abgeleitet werden. Im übrigen sind die Ansprüche bis 31.12.1990 am 31.12.1994 verjährt und auch überwiegend nicht bezahlt.”

Gegen diesen ESt-Bescheid legte die Klin rechtzeitig Einspruch ein. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens erließ der Bekl am 15. Oktober, 5. November 1999 und 20. Dezember 1999 geänderte Verwaltungsakte und wies im Übrigen den Rechtsbehelf durch Einspruchsentscheidung vom 29. November 1999 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich die Klin gegen den Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung und gegen die Nichtberücksichtigung der an den Zwangsverwalter abgeführten Beträge als Werbungskosten. Zu letzterem Punkt trägt sie vor, das Objekt … sei lange Zeit unter Zwangs Verwaltung gestanden. Der Zwangsverwalter habe die Mieten vereinnahmt und damit Verbindlichkeiten getilgt. Die Anordnung der Zwangsverwaltung habe eine Beschlagnahme des Grundstücks zugunsten der Gläubiger bewirkt, ihr seien die Verwaltungs- und Benutzungsbefugnisse hinsichtlich des Grundstückes entzogen worden. Auf die Verwendung der Mittel habe sie keinerlei Einfluss gehabt. Obwohl Sie nicht persönliche Schuldnerin gewesen sei, habe sie die Zwangsmaßnahmen aus dem dinglichen Recht dulden müsse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge