rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis für Aussetzungsantrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Rückforderungsanspruch bei nicht wirksamer Steuerfestsetzung gerechtfertigt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der sich gegen einen nach ERöffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Rückforderungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO) richtet besteht eine Rechtsschutzbedürfnis. Das für solche Ansprüche geltende zeitweise Vollstreckungsverbot des § 90 Abs. 1 InsO steht dem nicht entgegen.

2. Der Steuergläubiger auf dessen Rechnung eine Steuervergütung ohne wirksame Steuerfestsetzung gezahlt wurde hat einen Rückforderungsanspruch.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3; InsO § 90 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der "X" GmbH -im Folgenden: Gemeinschuldnerin-, das am 1. Januar 2003 vom Amtsgericht Charlottenburg unter dem Geschäftszeichen eröffnet wurde.

Am 7. Januar 2003 erließ der Antragsgegner einen UmsatzsteuerVorauszahlungsbescheid Oktober 2002, mit dem er die Umsatzsteuer auf ./. 171 805,53 € festsetzte. Dabei legte er abzugsfähige Vorsteuern in Höhe von 236 236,89 € zugrunde, obwohl er ausweislich der beigefügten Anlage beabsichtigte, die in den Vormonaten gewährte Vorsteuer nach § 17 Umsatzsteuergesetz -UStG- um diesen Betrag zu berichtigen. Dem lag ein Vorzeichenfehler bei der Dateneingabe zugrunde. Der Bescheid wurde an die Steuerberaterin "Y" für die Gemeinschuldnerin bekannt gegeben. Frau "Y" übersandte den Bescheid am 10. Januar 2003 an den Antragsteller.

Von dem im Bescheid vom 7. Januar 2003 ausgewiesenen Guthaben buchte der Antragsgegner am 10. Januar 2003 einen Betrag von 63 761,21 € auf verschiedene Steuerverbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin um. Den Restbetrag von 108 044,32 € überwies er an den Antragsteller.

Diesen Betrag forderte der Antragsgegner vom Antragsteller mit Rückforderungsbescheid gemäß § 37 Abs. 2 Abgabenordnung -AO- vom 13. März 2003 zurück. Er berief sich darauf, dass der Vorauszahlungsbescheid für den Oktober 2002 erkennbar fehlerhaft sei und fügte eine korrigierte Steuerberechnung (als nachrichtliche Mitteilung) bei, wonach sich eine Umsatzsteuer Oktober 2002 in Höhe von 296 668,38 € ergäbe, was einer Nachzahlung von 468 473,88 € entspräche.

Der Antragsteller legte gegen den Rückforderungsbescheid am 14. April 2003 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner wies den Antrag mit Verfügung vom 23. April 2003 zurück und verwies darauf, dass der Bescheid nicht dem Antragsteller, sondern der Steuerberaterin "Y" bekannt gegeben worden sei. Daher fehle es an einer wirksamen Bekanntgabe. Im Übrigen seien nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergehende Verwaltungsakte unwirksam. Der Antragsgegner verneinte ferner ein Zwangsvollstreckungsverbot und forderte den Antragsteller zur Vermeidung der bereits angekündigten Zwangsvollstreckung auf, den streitigen Betrag bis zum 2. Mai 2003 zu überweisen. Über den Einspruch hat der Antragsgegner nach Aktenlage bisher nicht entschieden.

Am 30. April 2003 hat der Antragsteller beim Gericht einen Antrag nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung -FGO- gestellt.

Zur Begründung macht der Antragsteller geltend, der Bescheid vom 7. Januar 2003 sei wirksam bekannt gegeben worden, da der Bekanntgabemangel durch Weiterleitung an ihn geheilt worden sei. Dem stehe auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen, da Steuerbescheide, die zu Guthaben führten, weiterhin wirksam ergehen könnten. Die dem Schreiben vom 13. März 2003 beigefügte Mitteilung stelle lediglich eine Anmeldung zur Insolvenztabelle dar und berühre den Bestand des Bescheides vom 7. Januar 2003 nicht. Die Weiterleitung sei auch im Sinne der vom Insolvenzgericht angeordneten Postsperre gewesen. Schließlich sei der Antrag begründet, weil der Antragsgegner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Ansprüche nicht mehr mittels Verwaltungsakts, also auch nicht mittels des angefochtenen Rückforderungsbescheids, geltend machen könne.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung des Rückforderungsbescheids vom 13. März 2003 bis zu einer Entscheidung im Vorverfahren bzw. in der Hauptsache ohne Sicherheitsleistung in Höhe von 108 044,32 € auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Er hält den Antrag für unzulässig, da nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für den Aussetzungsantrag bestehe. Das Finanzamt sei nach § 90 Insolvenzordnung -InsO- bis sechs Monate nach Eröffnung des Verfahrens gehindert zu vollstrecken.

Jedenfalls sei der Antrag unbegründet, da der Vorauszahlungsbescheid vom 7. Januar 2003 nicht dem Antragsteller, sondern der Steuerberaterin "Y" bekannt gegeben worden sei, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wirksam für die Gemeinschuldnerin habe Verwaltungsakte empfangen können. Eine Heilung durch die Weiterleitung an den Antragsteller sei nicht ...

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