Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage bei Abschluss eines sale-and-lease-back-Geschäfts über ein zulagegefördertes Wirtschaftsgut während der investitionszulagenrechtlichen Bindungsfristen
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Abschluss eines sale-and-lease-back-Geschäfts über ein Wirtschaftsgut, für das der Steuerpflichtige Investitionszulage erhalten hat, nicht zu einer Verletzung der investitionszulagenrechtlichen Bindungsfristen (Zugehörigkeits- und Verbleibensvoraussetzungen) führt, wenn der Steuerpflichtige trotz des sale-and-lease-back-Geschäfts ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer des Wirtschaftsguts bleibt.
2. Das wirtschaftliche Eigentum verbleibt ununterbrochen beim Steuerpflichtigen, wenn nach der konkreten Ausgestaltung des sale-and-lease-back-Vertrages das zivilrechtliche Eigentum nach einer Laufzeit von 24 Monaten unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung wieder an den Steuerpflichtigen zurückfallen soll, dieser während der gesamten Vertragslaufzeit die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung des auf eigene Kosten zu unterhaltenden Wirtschaftsguts tragen muss und dem Käufer/Leasinggeber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Verfügungsmacht an dem Wirtschaftsgut verschafft worden ist, also weder eine Nutzungsüberlassung noch ein Verkauf an einen Dritten in Betracht in kam (Ausführungen zur Qualifizierung des im Entscheidungsfall abgeschlossenen sale-and-lease-back-Geschäfts als Darlehensgeschäft mit Sicherungsübereignung). Dass der Steuerpflichtige das sale-and-lease-back-Geschäft nicht zur Finanzierung des Kaufpreises, sondern erst einige Zeit nach der Anschaffung des Wirtschaftsguts zur allgemeinen Verbesserung der Liquidität des Unternehmens durchgeführt hat und dass das Geschäft umsatzsteuerlich unzutreffend als Lieferung mit anschließender Rücklieferung behandelt worden ist, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Die Vollziehung der Bescheide vom 5. Mai 2006 über die Änderung der Investitionszulagebescheide nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 für die Jahre 2001, 2002 und 2003 sowie die Vollziehung der Bescheide vom 5. Mai 2006 über die Festsetzung von Zinsen wegen der Rückzahlung von Investitionszulage für die Jahre 2001, 2002 und 2003, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2006, wird bis einen Monat nach Zustellung der das Hauptsacheverfahren 13 K 2292/06 abschließenden Entscheidung ohne Sicherheitsleistung aufgehoben.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert beträgt EUR 15.419,30.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die investitionszulagenrechtliche Beurteilung eines Sale-and-lease-back-Geschäfts.
Die Antragstellerin wurde am 9. August 2000 in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet. Sie ist auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung und Vermarktung von Produkten der Gentechnologie, Bioinformatik und molekularen Medizin tätig. Für die Anschaffung eines NMR (Nuclear Magnetic Resonance) Spektrometers wurde der Antragstellerin Investitionszulage in Höhe von EUR 59.821,15 (2001), EUR 90.642,40 (2002) und EUR 3.729,74 (2003) gewährt.
Am 11. August 2003 vereinbarte die Antragstellerin mit der … GmbH ein Sale-and-lease-back-Geschäft, um kurzfristig Liquidität zu erhalten. Dies wurde von dem Antragsgegner bei einer für die Jahre 2001 bis 2003 durchgeführten Außenprüfung festgestellt. Im Rahmen des Sale-and-lease-back-Geschäfts verkaufte die Antragstellerin das Spektrometer an die …GmbH in …. Gleichzeitig vereinbarte die Antragstellerin (Verkäuferin/Leasingnehmerin) mit der … GmbH (Käufer/Leasinggeber) einen Mietkaufvertrag. Danach ging das zivilrechtliche Eigentum an dem Spektrometer nach einer Laufzeit von 24 Monaten unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung wieder auf die Antragstellerin über. Darüber hinaus trug die Antragstellerin während der gesamten Vertragslaufzeit die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung des auf eigene Kosten zu unterhaltenen Geräts. Das Spektrometer blieb ununterbrochen in den Laborräumen der Antragstellerin und wurde dort genutzt.
Die Beteiligten sind sich einig, dass das wirtschaftliche Eigentum auf Grundlage dieses Mietkaufvertrages der Antragstellerin zuzurechnen ist. Für den Verkauf des Spektrometers stellte die Antragstellerin der … GmbH am 20. August 2003 eine Rechnung in Höhe von EUR 350.000 zuzüglich EUR 56.000 Umsatzsteuer aus. Die … GmbH nahm aus dieser Rechnung Vorsteuer in Anspruch. Die Antragstellerin saldierte die Umsatzsteuer aus dem Kaufvertrag mit der Vorsteuer aus dem Mietkaufvertrag.
Mit Änderungsbescheiden vom 5. Mai 2006 forderte der Antragsgegner die für das Spektrometer gewährte Investitionszulage der Jahre 2001, 2002 und 2003 in Höhe von insgesamt EUR 154.193,29 wegen Verletzung der Verbleibensvoraussetzungen zurück. Gleichzeitig setzte er für die Jahre 2001, 2002 und...