Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerfreie Verschmelzung der grundbesitzenden Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft ungeachtet der Nachbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Verschmelzung einer 100%igen grundbesitzenden Tochtergesellschaft, an der die Muttergesellschaft schon mindestens fünf Jahre mittelbar oder unmittelbar zu 100 % beteiligt ist, auf die Muttergesellschaft ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbar und ungeachtet dessen nach § 6a Satz 1 und 4 GrEStG steuerfrei, da die Tochtergesellschaft als übertragender Rechtsträger nach dem Verschmelzungsvorgang nicht mehr existiert und damit auch kein Abhängigkeitsverhältnis zu einem herrschenden Unternehmen für einen Folgezeitraum von fünf Jahren bilden kann (Nachbehaltensfrist i. S. d. § 6a Satz 4 GrEStG). Auch ein Umwandlungsvorgang, durch den ein sog. „Verbund” beendet wird, kann nach § 6a GrEStG steuerfrei sein (gegen Tz. 2.1. Abs. 3 der gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden zur Anwendung des § 6a GrEStG vom 19.6.2012, BStBl I 2012, 662; Anschluss an Finanzgericht Nürnberg, Urteil v. 16.10.2014, 4 K 1059/13).
Normenkette
GrEStG § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 6a Sätze 1, 4; UmwG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 27.12.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 wird aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich dagegen, dass für die Verschmelzung einer grundbesitzenden Tochtergesellschaft auf sie Grunderwerbsteuer festgesetzt worden ist.
Die A. GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, die mit Gesellschaftsvertrag vom 21.09.2004 unter der Firma B. GmbH & Co. KG gegründet und Anfang 2013 umfirmiert wurde. Komplementärin ist die mit Gesellschaftsvertrag vom 26.07.2004 unter der Firma C. GmbH gegründete und Anfang 2013 umfirmierte D. GmbH.
Der bisherige alleinige Kommanditist der Klägerin, E., der bei Gründung der D. GmbH auch deren alleiniger Gesellschafter war, verkaufte und übertrug mit Kaufvertrag vom 21.09.2004 – URNr. …/…, Notar F., G. – seinen Geschäftsanteil an der D.GmbH an die Klägerin, so dass diese alle Geschäftsanteile an ihrer eigenen Komplementärin hielt. Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom 18.02.2005 – URNr. …/…, Notar F., G. – veräußerte der Kommanditist seinen Anteil an der Klägerin an H., I. und J. als Erwerber.
Die Klägerin war bereits aufgrund eines Ausgliederungsvertrages vom 04.11.2004 – URNr. …/…, Notar F., G. – alleinige Gesellschafterin der K. GmbH L.. Letztere war mit Gesellschaftsvertrag vom 03.06.1991 gegründet worden. Deren alleiniger Gesellschafter überführte seine 100 %-Beteiligung an der K. GmbH zum 01.09.2004 in sein gewerbliches Vermögen und übertrug durch den Ausgliederungsvertrag seinen als Einzelunternehmen geführten Betrieb auf die Klägerin, die dadurch alleinige Inhaberin der Geschäftsanteile an der K. GmbH wurde. Zur K. GmbH gehörte Grundvermögen in Form eines Betriebsgrundstückes in L., M.-Straße.
Im Dezember 2010 – eingetragen im Handelsregister am 28.01.2011 – übertrugen die Kommanditisten H., I. und J., ihre Kommanditeinlagen an der Klägerin auf die H. GmbH & Co. KG, die damit alle Kommanditanteile hielt (und darüber auch die Geschäftsanteile an der Komplementärin). Die N. GmbH & Co. KG war am 12.12.2008 zum Handelsregister neu angemeldet worden. Gegenstand des Unternehmens ist laut der Anmeldung Erwerb und Halten von Gesellschaftsanteilen und Übernahme von Verwaltungstätigkeiten jeglicher Art, insbesondere Verwaltung von Firmen, Beteiligungen, Grundstücken, Immobilien, Mobilien und Übernahme von konzernspezifischen Geschäftsführungsaufgaben. Kommanditisten der N. GmbH & Co. KG waren zu 92,5 % H., I. und J. und zu 7,5 % O..
Durch den hier besteuerten Verschmelzungsvertrag vom 29.08.2013 – URNr. …/…, Notar P., Q. – übertrug die K. GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten auf ihre Alleingesellschafterin, die Klägerin, im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme.
Durch eine Kontrollmitteilung vom 25.09.2013 erhielt der Beklagte Kenntnis von der Verschmelzung, durch die Grundbesitz übergegangen war.
Unter dem Datum vom 27.12.2013 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG). Der Bescheid war vorläufig hinsichtlich der Frage, ob d...