rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bei unterjähriger Veräußerung des einzigsten Grundstücks
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Voraussetzungen einer erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG bestehen nicht, wenn die grundstücksverwaltende Tätigkeit während des Erhebungszeitraums in Folge der veräußerungsbedingten Übergabe des einzigen Grundstücks endet und die Tätigkeit des Unternehmens sich danach nur noch auf die Verwaltung des eigenen Kapitalvermögens beschränkt. Die Verwaltung und Nutzung von Kapitalvermögen findet dann nicht neben der Grundstücksverwaltung, sondern zeitlich danach.
2. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kann nicht schon deshalb gewährt werden, weil eine Grundstücksnutzung geplant ist.
3. Bei unterjähriger Veräußerung des (letzten oder einzigen) Grundstücks kann die erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nur gewährt werden, wenn in direktem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung die Geschäftstätigkeit eingestellt und die Gesellschaft liquidiert wird.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –.
Unternehmensgegenstand der im Jahr 2005 als Vorratsgesellschaft gegründeten Klägerin war ab dem 22. September 2006 der An- und Verkauf sowie die Entwicklung, Vermarktung, Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten.
Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 26. Juli 2006 das bebaute Grundstück B.-straße in C., das sie nach ihren Bekundungen entwickeln und anschließend als Bestandsobjekt vermieten wollte. Der Übergang von Nutzen und Lasten erfolgte zum 1. März 2007.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 23. Februar 2007 veräußerte die Klägerin das Grundstück an eine Gesellschaft isländischer Investoren zu einem Kaufpreis von 6.250.000,– EUR. Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2006 (aufgestellt am 10. April 2008) wird dazu erläutert, dass sich im Rahmen der Sondierung einer zukünftigen Vermarktung ein äußerst attraktives Angebot zum Verkauf des Gesamtobjekts im Ist-Zustand ergeben habe. Nutzen und Lasten gingen zum 1. August 2007 auf die Erwerberin über.
Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 wies die Klägerin Umsatzerlöse in Höhe von 107.035,64 EUR und sonstige Erträge (aus dem Grundstücksverkauf) in Höhe von 3.496.909,62 EUR aus. Im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2008 wies die Klägerin Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens in Höhe von 500.000,– EUR (Restkaufpreis) sowie sonstige Erträge im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 31.130,24 EUR (Abrechnung der Hausverwaltung) aus. Im Jahresabschluss auf den 31. Dezember 2009 wies die Klägerin sonstige Erträge im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 41.175,04 EUR aus.
Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2009 teilte die damalige steuerliche Beraterin der Klägerin dem Beklagten mit Bezug auf den für 2008 geltend gemachten Vorsteuerabzug mit, dass die Klägerin beabsichtige, ihrem Gesellschaftsvertrag entsprechend tätig zu sein. Aufgrund der globalen Weltwirtschaftskrise seien Projekte momentan nicht realisierbar.
Am 12. November 2009 beschlossen die Gesellschafter die Liquidation der Klägerin.
Mit Beschluss vom 7. September 2011 wies das Amtsgericht C. einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse rechtskräftig ab (Az: 36b IN 1909/11), und die Klägerin ist aufgrund des § 131 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB – aufgelöst.
In ihren Gewerbesteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin die erweiterte Kürzung geltend. Obwohl der Beklagte im Schreiben vom 24. November 2008 der Klägerin nach Eingang der Steuererklärungen mitgeteilt hatte, dass er die erweiterte Kürzung nicht gewähren könne, folgte der Beklagte nach kurzer Rückfrage den Steuererklärungen und berücksichtigte im Gewerbesteuermessbescheid für 2007 vom 21. Oktober 2009 die erweiterte Kürzung. Alle Bescheide zur Gewerbesteuer ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
Mit einer Prüfungsanordnung vom 10. November 2009 ordnete der Beklagte eine Außenprüfung für die Streitjahre an, die sich u.a. auch auf die Gewerbesteuer erstreckte. Die Außenprüfung wurde mit einem Abschlussbericht vom 23. Juli 2010 abgeschlossen.
Die Außenprüferin stellte sich u.a. auf den Standpunkt, dass die erweiterte Kürzung in den Jahren 2007 und 2008 nicht zu gewähren sei, da die Klägerin aufgrund der Veräußerung des einzigen Grundstücks nicht ausschließlich eigenes Grundvermögen genutzt und verwaltet habe.
Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 24. September 2010 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über
- • den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerb...