Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einstufung eines Pick-up mit Doppelkabine nach der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO ist typisierend davon auszugehen, dass ein Kraftfahrzeug nicht vorwiegend zur Lastenbeförderung bestimmt und geeignet und daher als PKW einzustufen ist, wenn seine Ladefläche oder sein Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht.

2. Bei einem straßenverkehrsrechtlich als Fünfsitzer zugelassenen, viertürigen Pick-up mit Doppelkabine ist die gesamte Doppelkabine als zur Personenbeförderung bestimmt und geeignet anzusehen, so lange nicht die hintere Sitzbank unter dauerhafter Unbrauchbarmachung der Sitz- und Gurtbefestigungspunkte entfernt worden ist.

 

Normenkette

KraftStG § 8 Nrn. 1-2, § 9 Abs. 1 Nrn. 2-3; StVZO § 23 Abs. 6a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 23.02.2009; Aktenzeichen II B 97/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Für den Kläger wurde am 20.04.2000 ein Kraftfahrzeug der Marke Nissan (J) mit dem amtlichen Kennzeichen … zum Straßenverkehr zugelassen. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen sogenannten Pick-up mit Doppelkabine und 4-Türen, für das sich aus dem Fahrzeugschein folgende technische Daten ergeben:

Fahrzeugart:

Lkw – geschlossener Kasten

Typ:

D 22

Antriebsart:

Diesel

Höchstgeschwindigkeit:

145 km/h

Zulässiges Gesamtgewicht:

2.850 kg

Nutzlast:

902 kg

Leergewicht:

1.925 kg

Länge:

4.885 mm

Breite:

1.820 mm

Hubraum:

2.494 cm³

Sitzplätze:

5.

Die Ladefläche des Fahrzeugs ist mit einer fest montierten Klappe mit umlaufender Reling versehen.

Nach der Übermittlung der Fahrzeugdaten per Datenträger an das Rechenzentrum der Finanzverwaltung des Landes Brandenburg, teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 26.08.2005 mit, dass es sich laut Konzeption des Herstellers bei dem Fahrzeug um einen Pkw handele. Um überprüfen zu können, ob die durchgeführten Umbaumaßnahmen diesen Charakter des Fahrzeugs so wesentlich verändert hätten, dass das Fahrzeug auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich als Lkw eingestuft werden könne, sei es erforderlich, eine Kopie des Fahrzeugscheins und Fotos des Fahrzeugs, welches die objektive Beschaffenheit (Gestaltung des Innenraumes und der Karosserie) erkennen ließen, einzureichen. Ferner sei der beigefügte Antrag auf Einstufung des Fahrzeugs als Lkw auszufüllen und beim Finanzamt einzureichen. Nach Eingang der angeforderten Unterlagen setzte der Beklagte mit Bescheid vom 02.09.2005 die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 22.07.2005 auf jährlich 683,– EUR fest, wobei die Steuer unter Einordnung des Fahrzeugs als Personenkraftwagen nach dem Hubraum bemessen wurde. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, den er damit begründete, dass das Fahrzeug von der Zulassungsbehörde als Lkw mit geschlossenem Kasten klassifiziert worden sei. Was dagegen ein Pkw im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes – KraftStG – sei, werde im Gesetz selbst nicht definiert. Gesetzesinitiativen, die zum 01.05.2005 eigenständige Definitionen im KraftStG verankern und insbesondere fingieren wollten, nämlich dass Fahrzeuge der Klasse N1 abweichend vom Verkehrsrecht als Pkw gelten sollten, seien verworfen worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 03.11.2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Finanzbehörden nach ständiger Rechtsprechung nicht an die verkehrsrechtliche Einstufung des Fahrzeuges durch die Verkehrsbehörde gebunden seien. Ausschlaggebend sei auch nicht die tatsächliche Nutzung des Fahrzeuges, sondern die Bauart und Einrichtung. Besonderes Gewicht sei insoweit der Größe der Ladefläche des Fahrzeuges beizumessen. Anhand der eingereichten Fotos sei ersichtlich, dass die zur Lastenbeförderung dienende Bodenfläche des Fahrzeugs nicht die Bodenfläche zur Personenbeförderung überwiege. Das Fahrzeug sei auch vom Hersteller nicht als Lkw konzipiert worden, da die Beförderung von Personen ersichtlich im Vordergrund stehe. Eine Einordnung als Lkw sei auch nicht durch das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs von mehr als 2.800 kg angezeigt, da § 23 Abs. 6a Straßenverkehrszulassungsordnung – StVZO – mit Wirkung zum 01.05.2005 aufgehoben worden sei.

Der Kläger macht geltend, bei dem Fahrzeug handle es sich nicht um einen Pkw, sondern um ein „anderes Fahrzeug” gemäß §§ 8 Nr. 2, 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG. Das Fahrzeug verfüge über eine große Ladefläche zum Transport von Materialien und Werkzeugen und werde ausschließlich im Rahmen seines Betriebs (…service) eingesetzt. Der Transport von Personen stehe nicht im Vordergrund der Fahrzeugnutzung; vielmehr handele es sich aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes und der Bauart um einen Lkw, der gemäß § 8 Nr. 2 KraftStG nach dem Gewicht zu besteuern sei. Dies ergebe sich auch aus der Richtlinie 70/156/EWG, wonach ein Lkw ein „für die Güterbeförderung ausgelegtes und gebautes...

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