rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Investitionszulage bei Strukturwandel bereits für das vorhergehende Wirtschaftsjahr. Bindung an die Eingruppierung des Statistischen Landesamts. Nichteintritt eines Strukturwandels kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Fall des Strukturwandels zu einem (erhöht) investitionszulagebegünstigten Betrieb ist die (erhöhte) Investitionszulage auch für diejenigen Investitionen zu gewähren, die im Wirtschaftsjahr des Strukturwandels und im vorhergehenden Wirtschaftsjahr abgeschlossen worden sind und den Strukturwandel bewirkt haben. Wird danach ein Mischbetrieb im Jahr 2003 vom Statistischen Landesamt –nicht offensichtlich unrichtig– durchgehend in das verarbeitende Gewerbe eingruppiert, wirkt die Eingruppierung auch auf das Jahr 2002 zurück.
2. Ist in dem nach Abschluss der Außenprüfung zur Investitionszulage ergangenen bestandskräftigen Investitionszulagenbescheid 2001 nicht erkennbar, dass erhöhte Investitionszulage für einen Mischbetrieb lediglich in Erwartung eines späteren Strukturwandels gewährt wird, stellt das Ausbleiben eines künftigen Strukturwandels zu einem (erhöht) investitionszulagenbegünstigten Betrieb des produzierenden Gewerbes keine nachträgliche Änderung des zum Zeitpunkt des bestandskräftigen Investitionszulagenbescheids ermittelten Sachverhalts und damit kein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar.
Normenkette
InvZulG 1999 § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; InvZulG 1999 § 2 Abs. 7 Nr. 2, § 10 Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die der Klägerin gewährte Investitionszulage von 20% auf 12,5% reduzieren durfte.
Die Klägerin war im Handelsregister des Amtsgerichts … zunächst mit folgendem Unternehmensgegenstand eingetragen: „Die Durchführung von Textil – sowie Glas- und Gebäudereinigungsleistungen nach Hausfrauenart sowie die Vermittlung und Logistik für Reinigungsleistungen aller Art.” Dementsprechend war die Klägerin Mitglied der Handwerkskammer und beim Statistischen Landesamt unter der Gewerbekennziffer 93.01.3 (chemische Reinigung und Bekleidungsfärberei) gespeichert.
Am 12. April 1999 reichte die Klägerin wegen einer Erweiterung der Betriebstätigkeit beim Bezirksamt … eine Gewerbe-Ummeldung ein. Danach sollte ab dem 10. April 1999 auch die Herstellung von industriellen Prozesssteuerungsanlagen ausgeübt werden. Die Art des Betriebs gab sie mit Industrie und Handwerk an. Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Eintragung im Handelsregister erfolgten erst im März bzw. Juni 2003. Der Unternehmensgegenstand lautet danach wie folgt: „Die Entwicklung und der Bau von Spezialsortiertechnik für die Textilreinigung sowie Verfahrens-, Technologie- und Logistikentwicklung sowie logistische Leistungen. Textilreinigungsleistungen sind im begrenzten Umfang möglich, um ständig über direkte Branchenkenntnisse zu verfügen, Franchise-Systeme zu entwickeln und die Verwertung der geschützten Marke W. und des geschützten Warenzeichens zu verbessern.”
Nach Mitteilung des Statistischen Landesamts vom 25. Mai 2007 erfolgte anschließend eine Umgruppierung der Klägerin in die Gewerbekennziffer 74.20.5 (Ingenieurbüros für technische Fachplanung). Gleichzeitig wurde auch eine Nebentätigkeit unter der Gewerbekennziffer 63.40.1 (Spedition) eingetragen. Das Statistische Landesamt hatte vor der Änderung des Handelsregisters nach eigener Aussage keine Kenntnis von der Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Systemtechnik.
Im Dezember 2003 meldete die Klägerin für den Geschäftsbereich Systemtechnik eine selbständige Betriebsstätte in B an. Zuvor hatte sie diese Tätigkeit in einem eigenen Werkstattraum in der G -Str. 13 ausgeübt. Mit dem Bereich Systemtechnik ist die Klägerin Mitglied der IHK.
Mit dem Antrag vom 1. März 2002 beantragte die Klägerin für das Kalenderjahr 2001 eine Investitionszulage nach § 2 Investitionszulagengesetz 1999 – InvZulG 1999 – in Höhe von DM 66.802 bzw. EUR 34.155,32 (20% der Bemessungsgrundlage in Höhe von DM 334.009,07), und zwar für eine Versuchsanlage für Abwasserrecycling und Waschmittelrückgewinnung sowie für ein KfZ im Geschäftsbereich Systemtechnik. Der Beklagte führte am 11. April 2002 laut Prüfungsanordnung vom 8. April 2002 eine Außenprüfung für die Investitionszulage 2001 durch, die nach einer Mitteilung gemäß § 202 Abs. 1 Satz 3 Abgabeordnung – AO – vom 22. April 2002 zu keiner Änderung der erklärten Besteuerungsgrundlagen führte. Daraufhin setzte der Beklagte die Investitionszulage mit Bescheid vom 14. Mai 2002 ohne Vorbehalt der Nachprüfung und ohne Vorläufigkeit antragsgemäß fest.
Mit Bescheid vom 2. April 2003 reduzierte der Beklagte die Investitionszulage für das Jahr 2001 unter Verweis auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf 12,5% bzw. EUR 21.347,46. Zusätzlich setzte er Zinsen in Höhe von EUR 704 fest. Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, dass bis Ende 2002 kein Strukturwandel eingetreten sei.
Hiergegen legte die Klägerin...