rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug einer – für die 100%-ige Tochter administrative Tätigkeiten ausführende. Holding aus Kapitalbeschaffungsleistungen
Leitsatz (redaktionell)
Bezieht eine Holdinggesellschaft für administrative Tätigkeiten von ihrer 100%-igen Tochter-GmbH, mit der eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht, eine monatliche Dienstleistungspauschale, so dass sie (eigene) ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, ist der uneingeschränkte Vorsteuerabzug der Aufwendungen für Dienstleistungen, die der Kapitalbeschaffung dienen, nicht dadurch ausgeschlossen, dass die – gegenüber der Dienstleistungspauschale deutlich höheren – Aufwendungen nicht allein der umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit der Holding dienen, sondern im Besonderen der Kapitalausstattung der Tochter-Organgesellschaft und damit ggf. auch dem Bezug nicht steuerbarer Dividenden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 27.11.2013; Aktenzeichen V B 73/12) |
Tenor
Unter Änderung des Bescheides vom 13.1.2012 wird die Umsatzsteuer 2007 unter Berücksichtigung weiterer Vorsteuern in Höhe von 90.144,83 EUR auf -353.633,72 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft, die mit Einbringungsvertrag vom 5.5.2006 sämtliche Anteile an der H…E…GmbH erwarb. Das operative Geschäft – die Entwicklung und Produktion von Anlagen im Bereich Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie – betreibt die GmbH. Die Klägerin erbringt aufgrund Kooperationsvertrags vom 1.9.2006 administrative Tätigkeiten für die GmbH, die der Klägerin hierfür eine monatliche Dienstleistungspauschale von 11.000 EUR zahlt. Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer umsatzsteuerlichen Organschaft aus.
Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 stellte der Beklagte fest, dass die Klägerin den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über sog. Kapitalbeschaffungsleistungen in Anspruch genommen hatte. Diese laufenden wie auch einmaligen Leistungen dienten der Verbesserung der Handelbarkeit der Aktie. Das erworbene Kapitel wurde weitgehend an die GmbH durch Zuführung in die Kapitalrücklage weitergereicht. Der Beklagte versagte den Vorsteuerabzug – wie schon im Vorauszahlungsbescheid über Umsatzsteuer Juli 2007, in dem eine Vorsteuerkürzung von 3.562,50 EUR vorgenommen wurde – mit der Begründung, eine unternehmerische Veranlassung für diese Leistungen sei nicht erkennbar. Die Klägerin erziele als Holdinggesellschaft lediglich Erlöse aus Miete und überlassener Arbeitsleistung an die GmbH sowie Zinserträge. Mangels eines operativen Geschäfts könnten die Aufwendungen für Kapitalbeschaffung nicht zu Preisbestandteilen von Ausgangsumsätzen der Klägerin werden. Für das Streitjahr 2007 wurde eine Vorsteuerkürzung von 86.582,83 EUR errechnet, die mit Bescheid vom 13.1.2012 umgesetzt wurde. Auf Tz. 21 und 22 des Prüfungsberichts vom 19.8.2011 wird Bezug genommen. Den bereits gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid Juli 2007 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 15.9.2009 als unbegründet zurück.
Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Klage geltend, die unternehmerische Veranlassung der streitigen Kosten sei gegeben, da bei allgemeinen Kosten niemals ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen bestehe. Zudem bestehe aufgrund der Organschaft mit der H… E…GmbH als Organgesellschaft ein Unternehmen, bei dem die Ausgangsleistungen der Organgesellschaft dem Organträger – also ihr, der Klägerin – zuzurechnen seien.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 13.1.2012 die Umsatzsteuer 2007 dahingehend neu festzusetzen, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 90.144,83 EUR berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Er macht geltend, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aktie stünden weder in einem direkten Zusammenhang mit den Ausgangsumsätzen noch gehörten sie zu den Allgemeinkosten. Dies verdeutliche nicht zuletzt das Verhältnis der in Rede stehenden Aufwendungen zur Höhe der von der Klägerin erzielten Erlöse. Die Aufwendungen seien insgesamt dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen. Auf das Urteil des BFH vom 9.2.2012 (V R 40/10; BFH/NV 2012, 681) werde verwiesen.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben den Verfahrensakten ein Band Umsatzsteuerakten, ein Aktenband „Berichte über Umsatzsteuer-Sonderprüfungen”, ein Ordner „Arbeitsbogen Band II”, ein Aktenband „Gesellschaftsverträge” und eine Heftung „Rechtsbehelf” vorgelegen.
Entscheidung...