rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitswertfeststellung eines aus verschiedenen Teilen bestehenden Gebäudes bei fehlender Bezugsfertigkeit eines Gebäudeteils. Benutzbarkeit von Bürogebäuden. Abschnittweises Bauen i. S. d. § 74 S. 2 BewG
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein – zur Büronutzung angedachter – Teil eines im Übrigen bezugsfertigen Gebäudes im Feststellungszeitpunkt aufgrund fehlender sanitärer Einrichtungen, Elektroleitungen, Trennwände und Fußböden nicht benutzbar, ist bei der Einheitswertfeststellung dieser Gebäudeteil gem. § 72 i. V. m. § 74 S. 2 BewG mit einem Gebäudewert von 0 DM anzusetzen.
2. Die Errichtung eines Gebäudes erfolgt gem. § 74 Satz 2 BewG in Bauabschnitten, wenn ein baurechtlich genehmigtes Gebäude – unter Einbeziehung des Innenausbaus – nicht in zusammenhängender Bauentwicklung erstellt wird. Dabei kommt es nicht auf die Bauplanung und -genehmigung, sondern auf die Planumsetzung unter Außerachtlassen der Gründe an.
Normenkette
BewG § 74 S. 2, § 72 Abs. 1; BewRGr Abschn. 6 Abs. 3 S. 4
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über den Einheitswert des Grundbesitzes auf den 1. Januar 2003 vom 19. Mai 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2006 wird mit der Maßgabe geändert, dass für das Gebäude/den Gebäudeteil 4 (Nummer 3 im Lageplan) ein Gebäudewert von 0 DM angesetzt wird.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks L.-straße … in 1… Berlin. Im Jahr 2000 wurden alle auf dem Grundstück befindlichen Gebäude und Außenanlagen abgerissen und es wurde ein neues Verkaufsgebäude für Pkw (Autocenter) mit Werkstattgebäude errichtet. Dieses Gebäude enthielt gemäß der Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 2003 vom 29. Juli 2003 ein Hauptgebäude, dessen Erdgeschoss bis zweites Obergeschoss für Pkw-Handel und Werkstatt genutzt wurden, das dritte bis fünfte Obergeschoss sollte der Büronutzung dienen und im Hofgebäude befanden sich Garagen für Unfallfahrzeuge.
Nachdem der Beklagte den Bericht des Bausachverständigen A. vom 13. Oktober 2004 erhalten hatte, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 133 ff. Einheitswert- und Grundsteuerakte – EW-Akte –), erließ er am 19. Mai 2005 einen Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2003 (Wert-, Art- und Zurechnungsfortschreibung). Die Zurechnungsfortschreibung erfolgte, da die Klägerin das streitbefangene Grundstück durch Einbringung im Wege der Sacheinlage zum 1. Januar 2003 erworben hatte. Die Artfortschreibung erfolgte auf die Grundstücksart Geschäftsgrundstück (zuvor unbebautes Grundstück), das Grundstück wurde als Betriebsgrundstück dem Betrieb der Klägerin zugerechnet. Der Einheitswert wurde auf 1.675.810 EUR festgestellt. Für das vorliegend streitbefangene Gebäude Nummer 3 im Lageplan, das das dritte bis fünfte Obergeschoss umfasste, (lt. Einheitswertbescheid Gebäudeteil 4; im Folgenden: Gebäudeteil 4) betrug der Gebäudewert 680.977 DM. Entsprechend dem Vorschlag des Bausachverständigen erfolgte die Bewertung wegen des vorgefundenen Ausbauzustands hilfsweise mit dem Raummeterpreis der Gebäudeklasse 2.58. Am Tage der Besichtigung durch diesen hatte gemäß o. g. Bericht der komplette Innenausbau gefehlt, lediglich die Heizung (Heizkörper) und Fenster waren vorhanden.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2005 legte die Klägerin Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, aus dem Bericht des Bausachverständigen sei ersichtlich, dass in dem für Büronutzung vorgesehenen Gebäudeteil 4 bis auf die Heizung der komplette Innenausbau fehle. Der daraus abgeleitete Vorschlag, diesen Gebäudeteil hilfsweise mit der Gebäudeklasse 2.58 anzusetzen, da er sich zu Lagerzwecken nutzen lasse, sei unter Berücksichtigung des § 72 Abs. 1 Bewertungsgesetz – BewG – und des Abschnitts 6 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens – BewRGr – nicht nachvollziehbar. Sowohl der Gesetz – als auch der Richtliniengeber hätten für die Bewertung von bebauten Grundstücken ausschließlich auf den Zeitpunkt der Benutzbarkeit der Gebäude abgestellt. Es könne daher nicht sein, dass Räume, deren Nutzung laut Bauantrag/Baugenehmigung als Büroräume festgelegt sei und die aufgrund unzureichenden Innenausbaus durch die künftigen Benutzer noch nicht als Büroräume benutzt werden könnten, hilfsweise als Lagerräume zu bewerten seien. Es werde daher beantragt, den Gebäudeteil 4 wegen des unzureichenden Innenausbaus als nicht benutzbar und somit mit 0,– DM zu bewerten.
Sie berufe sich insoweit auch auf die Verfügun...