Entscheidungsstichwort (Thema)

Bei Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens im Dezember Anrechnung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung aufgrund einer Dauerfristverlängerung bei der Umsatzsteuer des vorinsolvenzlichen Unternehmensteils

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist während des Monats Dezembers ein vorläufiges Insolvenzverfahren unter Bestellung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alt. InsO und das eigentliche Insolvenzverfahren erst im März des Folgejahres eröffnet worden, kann es hinsichtlich der Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum Dezember gem. § 55 Abs. 4 InsO zu einer gegenüber der Masse festzusetzende Umsatzsteuerschuld kommen. Gleichzeitig ist es möglich, dass im Dezember weitere Insolvenzforderungen entstehen, nämlich dann, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter den Handlungen des Insolvenzschuldners nicht zustimmt, die die Begründung von Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis zur Folge haben würden. Daher sind für den Dezember, und zwar jeweils für die bis zum 31.Dezember verwirklichten Besteuerungsgrundlagen, zwei Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen, zum einen für den vorinsolvenzlichen Unternehmensteil und zum anderen für die Insolvenzmasse.

2. Ist dem Insolvenzschuldner eine Dauerfristverlängerung gem. § 46 UStDV für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen gewährt worden und hat er die Sondervorauszahlung für das Jahr, in dem das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (s. Tz. 1.), bereits vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt, so ist die geleistete Sondervorauszahlung nach § 48 Abs. 4 UStG bei der Dezember-Umsatzsteuer des vorinsolvenzlichen Unternehmensteils und nicht bei der Dezember-Umsatzsteuer für die Insolvenzmasse anzurechnen.

 

Normenkette

UStDV §§ 46, 48 Abs. 4; InsO § 55 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Nr. 2, § 38; AO § 218 Abs. 2, § 37

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.09.2021; Aktenzeichen VII R 9/18)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Februar 2011 von der B… GmbH geleistete Sondervorauszahlung zur Umsatzsteuer 2011 in dem vorinsolvenzlichen Voranmeldungszeitraum 01.12.2011 bis 08.12.2011 oder im Voranmeldungszeitraum der vorläufigen Insolvenzverwaltung vom 09.12.2011 bis 31.12.2011 anzurechnen ist.

Die B… GmbH beantragte und erhielt eine Dauerfristverlängerung gemäß § 46 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung –UStDV– für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen. Sie erklärte am 26.01.2011 eine Sondervorauszahlung in Höhe von 269.610,00 EUR, die am 10.02.2011 fällig war. Sie zahlte diese vollständig bis zum 24.02.2011. Der Beklagte widerrief mit Verfügung vom 14.06.2011 die Dauerfristverlängerung und hob diesen Widerruf mit Verfügung vom 13.07.2011 wieder auf. Mit Bescheid vom 03.08.2011 setzte der Beklagte aufgrund einer vorausgegangenen geänderten Festsetzung der Umsatzsteuer für einen Voranmeldungszeitraum des Jahres 2010 die Sondervorauszahlung geändert auf 271.204,00 EUR fest. Die sich ergebende Nachzahlung in Höhe von 1.594,00 EUR zahlte die B… GmbH am 12.08.2011.

Am 08.12.2011 beantragte die B… GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht C… ordnete mit Beschluss vom 09.12.2011 die vorläufige Insolvenzeröffnung an, bestimmte als vorläufigen Insolvenzverwalter den Kläger und beschloss, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien.

Im Februar 2012 widerrief der Beklagte die Dauerfristverlängerung erneut und teilte mit, dass nunmehr die Umsatzsteuervoranmeldungen bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abzugeben seien.

Am 08.02.2012 wurde für die B… GmbH die Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2011 beim Beklagten eingereicht. Am 15.02.2012 wurde diese berichtigt. Bei der Zahllast wurde jeweils die Sondervorauszahlung in Höhe von 271.204,00 EUR abgezogen.

Mit Beschluss vom 01.03.2012 eröffnete das Amtsgericht C… das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B… GmbH und bestimmte den Kläger zum Insolvenzverwalter.

Der Kläger reichte am 28.05.2014 eine Umsatzsteuererklärung 2011 beim Beklagten ein. Darin erklärte er Umsätze in Höhe von 16.877.741,00 EUR zu 19 %, steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 10.381.503,00 EUR und Leistungen im Sinne des § 13b Umsatzsteuergesetz –UStG– in Höhe von 356.875,00 EUR, für die die B… GmbH die Umsatzsteuer schulde. Nach Abzug von Vorsteuern aus Eingangsleistungen, aus Leistungen im Sinne des § 13b UStG sowie der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von zusammen 2.809.812,46 EUR sowie unter Berücksichtigung von nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG geschuldeten Beträgen von 308.841,00 EUR ergab sich eine festzusetzende Umsatzsteuer von 2.746.091,18 EUR. Bei geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 2.064.023,26 EUR ging der Kläger von einer Zahllast in Höhe von 682.067,92 EUR aus.

Der Beklagte folgte der Erklärung bei d...

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