Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung auch von nicht umsatzsteuerbaren Auslandsumsätzen bei der Umsatzgrenze für die Buchführungspflicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Ermittlung der für die Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 S. 1 Nr.1 AO maßgeblichen Umsatzgrenze sind bei einer Auslegung nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift alle steuerpflichtigen, steuerfreien und nicht steuerbaren Umsätze i.S. des UStG des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, und damit auch nicht steuerbare Auslandsumsätze.
2. Bei Überschreiten der Umsatzgrenze hat das Finanzamt kein Ermessen, sondern ist zwingend verpflichtet, dem Steuerpflichtigen eine Mitteilung zur Buchführungspflicht zu schicken.
3. § 141 AO begründet eine selbstständige steuerrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht für Steuerpflichtige, die nicht bereits nach § 140 AO buchführungspflichtig sind.
Normenkette
AO § 141 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 140, 5; GG Art. 20 Abs. 3; UStG § 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein Verein, dessen Zweck die weltweite Pflege, Verbreitung und Förderung des …spiels ist. Der unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Kläger, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, ermittelte den Gewinn bisher durch Einnahme-Überschuss-rechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –.
Im Jahr 2004 erzielte der Kläger ausweislich seiner Einnahme-Überschussrechnung …, EUR umsatzsteuerpflichtige Umsatzerlöse und nicht umsatzsteuerbare Erlöse in Höhe von …, EUR. Bei den letztgenannten Umsatzerlösen handelte es sich um Umsätze aus Europa- und Weltmeisterschaftsturnieren, die der Kläger im Ausland veranstaltet hatte.
Der Beklagte forderte im Jahr 2006 den Kläger im Erläuterungstext zum Körperschaftsteuerbescheid 2004 unter Hinweis auf die Höhe der Umsätze auf, ab dem Veranlagungszeitraum 2005 Bücher zu führen und eine Bilanz auf den 31.12.2005 einzureichen.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Unter Hinweis auf § 141 Abgabenordnung – AO – begründete er seinen Einspruch damit, dass Auslandsumsätze bei der Prüfung der Umsatzgrenze nicht einzubeziehen seien. Im Übrigen könne wegen der Aufforderung des Beklagten aus dem Jahr 2006 die Verpflichtung erst zum 01.01.2007 auferlegt werden.
Der Beklagte änderte daraufhin die Mitteilung zur Buchführungspflicht und forderte den Kläger zur Buchführung ab dem 1.01.2007 auf.
Der Beklagte wies den Einspruch unter Hinweis auf § 141 AO, Tz. 3 Satz 3 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung – AEAO – als unbegründet zurück.
In der hiergegen erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass die belastende Verwaltungsanweisung im AEAO nicht durch ein Gesetz legitimiert sei; es bestünde aber ein Gesetzesvorbehalt. Nicht umsatzsteuerbare Auslandsumsätze seien nicht in die Berechnung der Umsatzgrenze des § 141 AO einzubeziehen. Hätte der Gesetzgeber die Einbeziehung der Umsätze gewünscht, hätte er die nicht steuerbaren Umsätze ebenso wie die steuerfreien Umsätze ausdrücklich erwähnen müssen. Darüber hinaus müsse die Vorschrift auch im Kontext zu den aktuellen Bestrebungen, die eine Entlastung des Mittelstandes von unnötiger Bürokratie beabsichtigen, ausgelegt werden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Mitteilung zur Buchführungspflicht vom 05.07.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.05.2007 aufzuheben sowie
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Auslandsumsätze in die Umsatzgrenze des § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO einzubeziehen seien. Die explizite Erwähnung der steuerfreien Umsätze erfolge nur wegen der Ausnahmen nach § 4 Nr. 8 bis 10 Umsatzsteuergesetz – UStG – und biete keinen Grund dafür, steuerbare und nichtsteuerbare Umsätze zu unterscheiden. Hätte der Gesetzgeber gewollt, die nicht steuerbaren Umsätze außer Acht zu lassen, hätte er dies ebenso wie bei den als Ausnahmetatbestand geregelten steuerfreien Umsätzen des § 4 Nr. 8 bis 10 UStG ausdrücklich erwähnt.
Der Kläger hat beim Gericht wegen der Mitteilung zur Buchführungspflicht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Der Antrag wurde durch den Senat mit Beschluss vom 14. August 2007 zum Aktenzeichen 8 V 8133/07, juris, zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid über die Mitteilung zur Buchführungspflicht ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat den Kläger gemäß § 141 Abs. 2 AO zutreffend auf den Beginn der Buchführungspflicht hingewiesen. Denn der Kläger hat die für die Buchführungspflicht maßgebliche Grenze des § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO überschritten.
Gemäß § 141 Abs. 2 AO ist ein gewerblich tätiger Steuerpflichtige zur Buchführung verpflichtet, wenn er mindestens eine der Buchführungsgrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten un...