rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblichkeit des Auszahlungsempfängers für die Kinderzulage im Rahmen der Altersvorsorgezulage bei nicht verheirateten Eltern und Festsetzung des Kindergelds an den einen Elternteil und Auszahlung des Kindergelds an den anderen Elternteil. maßgebliche Gesetzesfassung bei Verpflichtungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Leben nicht verheiratete Eltern mit dem gemeinsamen Kind in einem Haushalt und wird das zugunsten des einen Elternteil festgesetzte Kindergeld an den anderen Elternteil ausgezahlt, so steht nach § 85 Abs. 1 S. 4 EStG dem anderen Elternteil aufgrund der Maßgeblichkeit der Auszahlung die Kinderzulage bei der Altersvorsorgezulage zu (Abgrenzung zum BMF-Schreiben v. 24.7.2013, IV C 3 – S 2015/11/10002/IV C 5 – S 2333/09/10005, BStBl 2013 I S. 1022 RZ 43, 44).
2. Maßgebliche Fassung einer zwischenzeitlich geänderten Vorschrift, die dem Urteil zu Grunde zu legen ist, ist bei Verpflichtungsklagen, mit denen der Erlass gebundener Verwaltungsakte angestrebt wird, diejenige zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht.
Normenkette
EStG § 85 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 2; FGO § 40 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, die Bescheide vom 7. März 2014 für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2014 dahin gehend abzuändern, dass für das Streitjahr 2007 Altersvorsorgezulage in Höhe von 390 EUR und für die Streitjahre 2008, 2009 und 2010 jeweils Altersvorsorgezulage in Höhe von 524 EUR festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin für die Beitragsjahre 2007 bis 2010 Altersvorsorgezulage in Form der Kinderzulage für ihre beiden Kinder B…, geboren am 27. Juli 2004, und C…, geboren am 27. Februar 2006, zusteht.
Die Klägerin lebt mit dem Kindesvater mindestens seit 2006 ununterbrochen in Form einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Auf Antrag des Kindesvaters zahlte die Familienkasse seit 2007 bis zumindest 2010 das Kindergeld für die beiden Kinder an die Klägerin aus.
Die Klägerin schloss vor Beginn des Streitzeitraumes einen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Altersvorsorgevertrag bei einem entsprechenden Anbieter ab. Dieser Altersvorsorgevertrag bestand über den Streitzeitraum hinweg fort.
Für die Streitjahre zahlte die Beklagte auf klägerischen Antrag hin zunächst Altersvorsorgezulage einschließlich Kinderzulage aus, nämlich für das Beitragsjahr 2007 390 EUR und für die Beitragsjahre 2008 bis 2010 jeweils 524 EUR.
Im Rahmen einer im Mai 2012 durchgeführten Überprüfung verlangte die Beklagte vom Anbieter die gewährten Kinderzulagen wieder zurück, nämlich für das
Beitragsjahr |
Betrag |
2007 |
276 EUR |
2008 |
370 EUR |
2009 |
370 EUR |
2010 |
370 EUR |
Die Anbieterbescheinigung, welche erstmals diese Rückforderungen darstellt, weist das Absendedatum 29. Juni 2013 auf.
Auf einen entsprechenden Festsetzungsantrag der Klägerin hin setzte die Beklagte mit Bescheiden vom 7. März 2013 für die Streitjahre jeweils allein die Grundzulage fest. Die Festsetzung von Kinderzulagen verweigerte die Beklagte mit der Begründung, nach Auskunft der zuständigen Familienkasse sei für das jeweilige Beitragsjahr Kindergeld weder an die Klägerin noch gegebenenfalls an ihren Ehegatten gezahlt worden.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2014 als unbegründet zurück. Kindergeldberechtigter sei im Streitzeitraum der Kindesvater gewesen. Kinderzulageberechtigt sei diejenige Person, welche für das zu berücksichtigende Kind für mindestens einen Monat des Beitragsjahres Kindergeld ausgezahlt erhalte. § 85 Einkommensteuergesetz (EStG) stelle hinsichtlich der Auszahlung des Kindergeldes auf den Kindergeldberechtigten ab. Werde einem anderen als dem Kindergeldberechtigten das Kindergeld ausgezahlt, sei auf die Festsetzung des Kindergeldes für die Zulageberechtigung abzustellen. Die Kindergeldfestsetzung im Streitzeitraum sei jedoch zu Gunsten des Kindesvaters geschehen.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, schon aus dem Wortlaut des § 85 EStG ergebe sich eindeutig, dass Anspruch auf Kinderzulage derjenige habe, an den das Kindergeld tatsächlich ausgezahlt worden sei. Zumindest habe sie aber gemäß § 85 Abs. 2 EStG analog Anspruch auf die Kinderzulage für die Streitjahre. Sie und der Kindesvater führten immerhin eine Lebensgemeinschaft, welche mit einer Lebensgemeinschaft, die in einer Ehe bestehe, identisch sei. Von daher sei e...