rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromerzeugung in kleinen Anlagen. Rückerwerb vom Übertragungsnetzbetreiber. Doppelförderung. Verpflichtung zur Lieferung an Letztverbraucher
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus der Vorschrift des § 12b Abs. 4 StromStV und der Intention des Verordnungsgebers ergibt sich, dass dieser die Möglichkeit einer Förderung des in kleinen Anlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG erzeugten Stroms nach dem EEG und somit die Möglichkeit einer sogenannten „Doppelförderung” erkannt und die Gewährung der Einspeisevergütung nach dem EEG unter bestimmten engen Voraussetzungen als unschädlich für die Stromsteuerfreiheit angesehen hat. Der Rückerwerb von einem Übertragungsnetzbetreiber ist daher für die Stromsteuerbefreiung unschädlich.
2. Der Steuerbefreiung steht nicht entgegen, dass für den streitgegenständlichen Strom eine Steuerentlastung nach § 53a EnergieStG gewährt wurde.
3. Für die Inanspruchnahme der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG reicht der Nachweis der grundsätzlichen Verpflichtung zur Lieferung von Strom an Letztverbraucher aus. Die Art und Weise der Abrechnung gegenüber dem Letztverbraucher ist demgegenüber nicht entscheidend.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b, § 4 Abs. 6; StromStV § 12b Abs. 4; EnergieStG § 53a
Tenor
Der Steuerbescheid des Beklagten vom 27. April 2016 (GZ: …) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2016 wird dahingehend abgeändert, dass die Stromsteuer der Klägerin für den Veranlagungszeitraum 2015 auf 462.972,84 Euro festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens, werden der Klägerin zu 7 % und dem Beklagten zu 93 % auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Stromsteuer, die die Klägerin als Versorgerin für den Veranlagungszeitraum 2015 zu leisten hat. Konkret streitig ist das Vorliegen einer Stromsteuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Stromsteuergesetz (StromStG) für die vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 in den seitens der Klägerin betriebenen Blockheizkraftwerken (BHKW) erzeugten Strommengen. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die Klägerin ist ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nr. 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Sie erzeugt und vertreibt Strom und ist Netzbetreiberin im Sinne des § 3 Nr. 4 EnWG. Ihr Elektrizitätsverteilernetz versorgt das Stadtgebiet der Stadt B… sowie einige anliegende Gemeinde- und Ortsteile. Es ist über Netzkoppelpunkte an das Hochspannungsnetz der Verteilnetzbetreiberin C… GmbH angeschlossen. Deren Netz ist wiederum über Umspannwerke mit dem Höchstspannungsnetz der für den Osten Deutschlands zuständigen Übertragungsnetzbetreiberin 50Hertz Transmission GmbH verbunden.
Die Klägerin betrieb in B… im Jahr 2015 diverse Energieerzeugungsanlagen, unter anderem die BHKW „D…” und „E…”, die eine elektrische Nennleistung von jeweils weniger als zwei Megawatt aufwiesen. In den genannten Anlagen kamen im Jahr 2015 erneuerbare Energieträger zum Einsatz. Für den darin erzeugten und in ihr Elektrizitätsverteilernetz eingespeisten Strom erhielt die Klägerin im Jahr 2015 die Einspeisevergütung nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien in der für 2015 gültigen Fassung (EEG 2014).
An ihr Elektrizitätsverteilernetz angeschlossen waren auch im Raum B… ansässige Kunden der Klägerin, deren Entnahmestellen sich in räumlicher Nähe zu den genannten BHKW befanden.
Mit ihrer Stromsteuermeldung für den Veranlagungszeitraum 2015 vom 08.04.2016 meldete die Klägerin eine Strommenge von 22.584,041 MWh zum Regelsteuersatz zur Versteuerung an. Die von ihr errechnete Stromsteuer betrug insgesamt 462.972,84 Euro. Unter Berücksichtigung von geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 570.000,00 Euro machte sie eine Stromsteuererstattung in Höhe von 107.027,16 Euro geltend. Mittels der gemäß § 4 Abs. 6 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) erforderlichen Anzeige deklarierte sie in diesem Zusammenhang für den Veranlagungszeitraum 2015 eine gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b StromStG stromsteuerfreie Menge von 4.808,457 MWh für Einspeisungen aus den von ihr betriebenen BHKW „E…” (111,077 MWh) und „D…” (4.697,380 MWh).
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 27.04.2016 die Stromsteuer auf der Basis einer zu versteuernden Strommenge von 25.884,271 MWh auf 530.627,56 Euro und die Erstattung dementsprechend auf 39.372,44 Euro fest. Dabei erkannte er die Stromsteuerfreiheit der aus den BHKW „D…” sowie „E…” vom 01.04.2015 bis 31.12.2015 erz...