rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag des geringer verdienenden Ehegatten auf Aufteilung der Einkommensteuerschuld. Keine missbräuchliche Antragstellung zu Lasten des höher verdienenden Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dass es bei der Aufteilung einer Gesamtschuld zu einer Erstattung an einen der Gesamtschuldner kommen kann, wird vom Gesetzgeber in § 276 Abs. 6 Satz 2 AO ausdrücklich in Kauf genommen. Ferner ist es der Wille des Gesetzgebers, dass die Zahlungen des einen Gesamtschuldners nach Einleitung des Aufteilungsverfahrens nicht mehr dem anderen Gesamtschuldner zugute kommen.

2. Der Antrag auf Erlass eines Aufteilungsbescheids ist nicht wegen Verstoßes gegen das Schikaneverbot i. S. d. § 226 BGB unwirksam. Es kann dahinstehen, ob im Aufteilungsverfahren überhaupt Konstellationen denkbar sind, in denen ein Antrag auf Erlass eines Aufteilungsbescheids aus den gleichen Erwägungen rechtsmissbräuchlich sein könnte, wie es ein Antrag auf Durchführung einer getrennten Veranlagung in bestimmten Konstellationen sein kann.

3. Der Antrag des geringer verdienenden Ehegatten, bei dem der Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse V vorgenommen wurde, auf Aufteilung der Steuerschuld ist nicht bereits deswegen missbräuchlich, weil es dadurch bei ihm zu einer Erstattung kommt, während der höher verdienende Ehegatte eine Nachzahlung zu leisten hat, die die im Rahmen der Zusammenveranlagung errechnete Nachzahlung erheblich übersteigt.

 

Normenkette

AO §§ 270, 276 Abs. 3, 6 S. 2; BGB § 226; EStG 2002 § 26b

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Auswirkungen eines Antrags auf Aufteilung rückständiger Einkommensteuer nebst Nebenleistungen.

Die Klägerin und der Beigeladene waren vom 09.07.1999 bis zum 09.06.2006 verheiratet. Seit dem Juni 2002 lebten sie dauernd getrennt. Die Eheleute erzielten in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wobei der Beigeladene nur zeitlich begrenzte Gelegenheitsjobs wahrnahm, so dass seine Erwerbsbiografie etliche Unterbrechungen aufweist. Den Lohnsteuerabzug nahmen die Arbeitgeber in den Streitjahren für die Klägerin nach der Lohnsteuerklasse III und für den Beigeladenen nach der Lohnsteuerklasse V vor.

Im I. Quartal 2004 reichten die Klägerin und der Beigeladene ihre Einkommensteuererklärungen 2001 und 2002 beim Beklagten ein. Darin beantragten sie die Zusammenveranlagung.

Die Klägerin und der Beigeladene erklärten folgende Bruttoarbeitslöhne und Steuerabzugsbeträge:

Klägerin

Beigeladener

2001

2002

2001

2002

Bruttoarbeitslohn

47.998,00 DM

39.846,00 EUR

24.442,00 DM

2.520,00 EUR

Lohnsteuer

8.924,00 DM

4.984,00 EUR

5.530,89 DM

446,35 EUR

Solidaritätszuschlag

490,82 DM

274,12 EUR

299,61 DM

22,49 EUR

Außerdem erzielte der Beigeladene Lohnersatzleistungen in Höhe von 740,– DM in 2001 und 2.432,– EUR in 2002. Der Beklagte setzte mit Bescheiden vom 06.04.2004 die Einkommensteuer 2001 auf 7.624,38 EUR zzgl. 12,– EUR Zinsen, 202,47 EUR Kirchensteuer für den Beigeladenen und 419,34 EUR Solidaritätszuschlag fest. Daraus ergaben sich Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 208,91 EUR. Wegen der Beträge im Einzelnen nimmt das Gericht auf den Bescheid Bezug. Mit Einkommensteuerbescheid 2002 vom gleichen Tag setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 5.611,– EUR fest, zzgl. 96 EUR Kirchensteuer für den Ehemann und 308,60 EUR Solidaritätszuschlag. Daraus ergaben sich Nachzahlungen in Höhe von insgesamt 247,99 EUR. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Bescheid Bezug. Die Nachzahlungsbeträge waren zum 13.05.2004 fällig.

Nachdem im Juni 2006 die nachzuzahlenden Beträge noch rückständig waren, meldete sich ein Vollziehungsbeamter beim Beigeladenen, worauf dieser am 14.06.2006 einen Antrag auf Aufteilung der Gesamtschulden aus den Einkommensteuerveranlagungen 2001 und 2002 stellte.

Zur Bearbeitung dieses Antrages führte der Beklagte Probeberechnungen ausgehend von getrennten Veranlagungen der Klägerin einerseits und des Beigeladenen andererseits durch. Danach ergab sich eine Einkommensteuer 2001 der Klägerin in Höhe von 8.196,92 EUR und des Beigeladenen in Höhe von 266,89 EUR sowie eine Einkommensteuer 2002 der Klägerin in Höhe von 8.762,– EUR und des Beigeladenen von 0 EUR. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Probeberechnungen in der Hinweisakte Bezug. Auf dieser Grundlage erließ der Beklagte am 03.07.2006 Aufteilungsbescheide gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen, wobei er die rückständigen Beträge um die angerechnete Lohnsteuer und den angerechneten Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer erhöhte. Ferner bezog er – soweit relevant – Säumniszuschläge und Zinsen in die Aufteilung ein. Danach ergab sich ein aufzuteilender Betrag von 8.006,78 EUR für 2001 und 6.018,60 EUR für 2002. Den aufzuteilenden Betrag für 2001 ordnete er entsprechend dem Ergebnis der Probeberechnungen zu ...

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