Entscheidungsstichwort (Thema)
Baumaßnahmen zur Modernisierung eines historischen Gebäudeensembles als nachträgliche Herstellungskosten im Sinne des Fördergebietsgesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein vorhandenes Wirtschaftsgut aufgrund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert, so können nachträgliche Herstellungskosten i. S. v. § 3 Satz 1 FördG auch dann vorliegen, wenn das entstandene Gebäude als solches nicht bautechnisch neu ist.
2. Eine Funtions- oder Wesensänderung ist bei einem vorhandenen Gebäude oder Gebäudeteil gegeben, wenn sich durch bauliche Maßnahmen dessen Funktion/ Nutzung, d.h. die Zweckbestimmung ändert. Nicht erforderlich ist, dass sich durch den Umbau die Nutzungsfunktion des ganzen Gebäudes verändert; es genügt die Änderung der Nutzungsfunktion eines Gebäudeteils.
3. Kann das Bauwerk durch bauliche Maßnahmen nunmehr eigen- statt fremdbetrieblich oder umgekehrt bzw. zu eigenen statt fremden Wohnzwecken oder umgekehrt genutzt werden oder ermöglichen die Baumaßnahmen eine Änderung der Nutzung von einer (eigenen oder fremden) Wohnnutzung zu einer (eigen- oder fremd-) betrieblichen Nutzung oder umgekehrt oder entstehen infolge der Baumaßnahmen erstmals sogar mehrere Wirtschaftsgüter, entsteht ein neues Wirtschaftsgut und handelt es sich bei den dafür aufgewendeten Kosten um Herstellungskosten.
4. Die Frage, ob in einem Gebäude Wohnungen vorhanden sind, ist auch für den Anwendungsbereich des FördG nach bewertungsrechtlichen Maßstäben zu beantworten.
Normenkette
FördG § 3 S. 1, § 4 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. b, Abs. 3; HGB § 255 Abs. 2 S. 1; EStG § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Das zwischen A-Straße und Fluss B gelegene 1052 m² große Flurstück 26 der Flur 40504 in der Gemarkung M, postalisch A-Straße …, grenzt westlich an die A-Straße und nördlich an die auf den Fluss B führende C-Straße. Das Grundstück wurde nach 1837 grenzständig an der Ecke C-Straße/A-Straße mit einem eingeschossigen Haus (Grundfläche ca. 12,6 m × 8,8 m) bebaut, das ursprünglich zu Wohnzwecken genutzt wurde. Das Haus wurde nach 1885 um einen zweigeschossigen Seitenflügel grenzständig zur A-Straße (Grundfläche ca. 9,5 m × 5,7 m) sowie ein daran anschließendes Quergebäude (Grundfläche ca. 12 m × 4,2 m) erweitert. Während der Seitenflügel gleichfalls Wohnzwecken dienen sollte, enthielt das Quergebäude Ställe, einen Bodenraum und eine Kammer. Der rückwärtig zum Fluss B hin gelegene Grundstücksteil wurde 1904/06 mit drei- und viergeschossigen Gewerbebauten bebaut. Dabei handelte es sich um einen … auf der südöstlichen Grundstücksgrenze in Verlängerung des Quergebäudes errichteten dreigeschossigen verklinkerten Fabrikgrundbau mit einer unregelmäßigen Grundfläche von ca. 27 m × 9,5 m sowie einen orthogonal dem Grundbau vorgesetzten, in zwei Schritten errichteten viergeschossigen Vorbau auf einer Grundfläche von ca. 4,6 m × 9,9 m, der neben dem Treppenhaus des Grundbaus im Erdgeschoß eine Futterkammer und in den Obergeschossen Kammern und Trockenräume enthielt, gleichfalls mit Verblendmauerwerk ausgeführt. Zum Fluss B hin wurde damals auf einer Fläche von 3,75 m × 10,5 m ein eingeschossiges Kesselhaus mit einem 22,5 m hohen Schornstein angebaut. Während der DDR gelangte das in Volkseigentum überführte Grundstück in die Rechtsträgerschaft des VEB X, der es wohl mindestens seit 1970 vollständig für betriebliche Zwecke nutzte. Das ursprüngliche Wohnhaus, Seitenflügel und Quergebäude dienten seitdem als Betriebsbüros nebst Sozialräumen, während das Fabrikgebäude mit seinen Anbauten vorwiegend als Werkstatt und Montagehalle, in einem kleineren Teil auch für Büros genutzt wurde. Im 1. Obergeschoss des Vorbaus befand sich nun ein Waschraum. Der VEB erweiterte das Kesselhaus in den siebziger Jahren um einen bis zur Spree reichenden eingeschossigen Gussschuppen mit unregelmäßiger Grundfläche (ca. 14 m × 5 m) und setzte nordwestlich an Grundbau und Vorbau eine verblechte eingeschossige Halle an (Grundfläche ca. 13,4 m × 9,3 m).
Die Präsidentin der Treuhandanstalt ordnete das Grundstück 1992 auf der Grundlage des Treuhandgesetzes der aus dem VEB X hervorgegangenen Y-GmbH, einer Tochtergesellschaft der Treuhandanstalt, zu, deren Geschäftszweck die Herstellung und der Vertrieb von Kabeln, Leitungen und ähnlichen Erzeugnissen war. Die Gesellschafterversammlung beschloss 1993 die Änderung der Firmierung in Z-GmbH, die Änderung des Geschäftszwecks hin zur Verwaltung und Verwertung eigenen Vermögens sowie die Auflösung der Gesellschaft. Die inzwischen unter Denkmalschutz gestellten Gebäude auf dem Grundstück standen dann leer.
Die Anfang 1994 errichtete Klägerin erwarb Ende März 1994 im Wege eines Investitionsvorrangverfahrens das Grundstück A-Straße … zu einem Kaufprei...