rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtswidrigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme. Fortsetzungsfeststellungsklage. Verwaltungsrechtsweg bei Bescheiden über Rundfunkgebühren. behaupteter Nichterhalt der Bescheide
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist die gepfändete Forderung bereits eingezogen worden und hatte sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung somit bereits vor Erhebung eines Einspruchs bzw. der Anfechtungsklage erledigt, kann die Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit der Fortsetzungsfeststellungsklage geltend gemacht werden.
2. Aus einer Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahme kann nicht zwangsläufig gefolgert werden, dass die Vollstreckungsbehörde die erlangten Beträge zu erstatten oder zurückzuzahlen habe. Vielmehr sind die gepfändeten Beträge nur dann zurückzuerstatten, wenn es an einem rechtlichen Grund für die Zahlungspflicht aus einem Gebührenschuldverhältnis fehlte.
3. Die Frage der Rechtmäßigkeit von Bescheiden über Rundfunkgebühren ist nicht vom FG, sondern im Rahmen eines verwaltungsrechtlichen Verfahrens gegen diese Bescheide zu klären.
4. Behauptet der Beitragsschuldner, verschiedene Beitragsbescheide nicht erhalten zu haben, während ihn andere Schreiben durchaus erreicht haben, ist dieses Bestreiten nicht glaubhaft und auch rechtsmissbräuchlich, weil es ersichtlich nur dem Ziel dient, sich auf diese Weise der Beitragszahlungspflicht zu entziehen. In derartigen Fällen ist es gerechtfertigt, dem Schuldner die Beweislast für den Nichterhalt von Schriftstücken aufzuerlegen.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4, § 33; AO § 122 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Beklagte erließ aufgrund eines Vollstreckungsersuchens des Rundfunks B… am 16. April 2015 eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit der er das Guthaben der Klägerin aus Einkommensteuer 2013 in Höhe von EUR 438,22 pfändete.
Die Klägerin wandte sich in der Folgezeit, insbesondere mit Schreiben vom 12. Mai 2015 und vom 1. Juni 2015, gegen die Vorgehensweise des Beklagten. Aufgrund eines Gesprächs an Amtsstelle wandte sich der Beklagte sodann an den Rundfunk B… und bat um eine Stellungnahme zu dem Vollstreckungsersuchen. Der Rundfunk B… erläuterte hierauf mit Schreiben vom 1. September 2015 den Verfahrensablauf aus seiner Sicht und teilte mit, dass eine Zwangsvollstreckung wegen Beitragsforderungen zulässig gewesen sei.
Im Oktober 2015 begehrte die Klägerin beim Beklagten die Feststellung, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. April 2015 rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte lehnte eine entsprechende Feststellung mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 ab.
Die Klägerin hat im April 2016 Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, aufgrund der Auskehrung des gepfändeten Betrags habe sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erledigt. Die Rechtswidrigkeit dieser Verfügung könne daher nur im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage festgestellt werden. Sie, die Klägerin, habe auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Voraussetzung für die Rückzahlung des gepfändeten Betrags sei.
Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei rechtswidrig gewesen. Es liege keine öffentlich-rechtliche Geldforderung vor; Rundfunkgebühren seien seit dem 1. Januar 2013 nicht mehr zu zahlen. Es fehle auch an einer Vollstreckungsanordnung sowie an einem Leistungsbescheid. Insbesondere habe sie, die Klägerin, keinen Leistungsbescheid erhalten. Ferner liege auch kein Vollstreckungsersuchen vor. Schließlich sei die Bezeichnung „Guthaben aus der Einkommensteuer 2013” unzutreffend. Ein Guthaben könne nur in Bezug auf ein Konto bei einem Kreditinstitut bestehen; gegenüber dem Finanzamt aber habe niemand ein buchungsmäßig festgeschriebenes Guthaben.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. April 2015 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für die Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen hätten vorgelegen; die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei rechtmäßig gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung –FGO– statthaft. Denn die gepfändete Forderung wurde bereits eingezogen und hatte sich somit bereits vor Erhebung eines Einspruchs bzw. der Anfechtungsklage gegen einen etwaig sinngemäß von der Klägerin erhobenen Einspruch erledigt. In diesem Fall ist daher die Fortsetzungsfeststellungsklage die richtige Klageart (vergleiche: Bundesfinanzhof –BFH–, Beschluss vom 11. April 2011 – VII B 304/00, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFHE– 194, 338, Bundessteuerblatt –BStBl.– II 2001, 525 [526]).
Diese Klage ist jedoch unzulässig. Die Klägerin hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Als berechtigtes Interesse im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO g...