Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung der von einer früheren Beamtin bei den Vereinten Nationen bezogenen Rente wie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit die Beiträge zur Altersversorgung, die eine Beamtin aufgrund ihres früheren Dienstverhältnisses bei den Vereinten Nationen selbst geleistet hat, die inländischen Höchstgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übersteigen und soweit also nicht infolge von Überbeiträgen die sog. Escape- oder Öffnungsklausel zur Anwendung kommt, unterliegt die Leibrente, die die Beamtin von den Vereinten Nationen erhält, der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG in der ab 2005 gültigen Fassung und nicht der günstigeren Besteuerung nach dem Ertragsanteil gem. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG.
2. Die Besteuerung der Alterseinkünfte mit mehr als dem Ertragsanteil verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG. Auch das verfassungsrechtlich normierte Verbot der doppelten Besteuerung der Rentenzahlungen wird nicht verletzt, wenn wie vorliegend die Rentenzahlungen in einem Umfang steuerunbelastet zufließen, der mindestens dem Umfang der aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträge entspricht.
3. Eine von den Vereinten Nationen gezahlte Rente wird überwiegend aus vom Arbeitgeber in den Pensionsfonds der Vereinten gezahlten Beiträgen und damit nicht ausschließlich aus früheren steuerbelasteten Beiträgen der nunmehrigen Rentenempfängerin finanziert.
4. Die Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte ab 2005 unterliegt grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Anschluss an BFH-Rspr.).
5. Im Urteilsfall bleibt offen, ob eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung darin gesehen werden kann, dass Mitarbeiter der Vereinten Nationen in künftigen Jahren von der Umstellung des Rentensystems nicht steuerlich profitieren können, da sie anders als andere Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit haben, Vorsorgebeiträge steuerlich geltend zu machen, jedoch künftige Rentenbezüge zunehmend der Besteuerung unterliegen werden.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Sätze 1-2; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin, Jahrgang 193., erzielte im Streitjahr (2008) Einnahmen aus wiederkehrenden Leistungen in Form einer Leibrente, die aufgrund ihres früheren Dienstverhältnisses als Beamtin bei den Vereinten Nationen gezahlt wurde. Diese Bezüge wurden erstmals im Jahr 1998 gezahlt; im Streitjahr beliefen sie sich auf EUR 38.785.
Der Beklagte unterwarf für das Streitjahr die von den Vereinten Nationen gezahlten Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa Einkommensteuergesetz in der im Jahr 2008 geltenden Fassung (EStG) mit 50 % der Besteuerung und setzte mit Bescheid vom 17. Juli 2009 die Einkommensteuer auf EUR 2.507 fest.
Hiergegen und wegen anderer nicht mehr streitbefangener Positionen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, die Rente der Vereinten Nationen sei als Leibrente vorversteuert und deshalb gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG mit dem Ertragsanteil zu besteuern. Im Vorverfahren wies die Klägerin die in der Zeit der aktiven Beschäftigung bei den Vereinten Nationen gezahlten Beträge zur Altersversorgung nach. Danach leistete die Klägerin $ 97.627,91 (DM 179.240.48) – ca. 7% des Netto-Gehaltes; die Vereinten Nationen zahlten $ 195.255,82 (DM 358.480,96) – ca. 14 % des Netto-Gehaltes – in den Pensionsfonds ein. Da die geleisteten Beiträge die inländischen Höchstgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung um 27,83 % überstiegen (sog. Überbeiträge; Escape- oder Öffnungsklausel), änderte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin. Er ging nunmehr davon aus, dass die Klägerin von den Vereinten Nationen Bezüge in Höhe von EUR 10.794 gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG (27,83 % von EUR 38.785) erzielt habe, die einem Ertragsanteil von 22 % unterlägen und darüber hinaus Bezüge in Höhe von EUR 27.991 (72,17 % von EUR 38.785), die gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG zu 50 % der Besteuerung unterlägen. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheid vom 18. August 2010 auf EUR 1.399 herab. Darüber hinaus blieb der Einspruch ohne Erfolg. Der Beklagte begründete seine Entscheidung wie folgt:
Die wiederkehrenden Leistungen aus dem Beschäftigungsverhältnis bei den Vereinten Nationen seien rechtmäßig zum Teil nach § 22 Nr. 1 Satz 3, Buchstabe a, Doppelbuchstabe aa EStG der Besteuerung unterworfen worden. Die Neuregelung der Besteuerung von Alterseinkünften durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) sähe eine nachgelagerte Besteuerung von Altersbezügen und im Gegenzug eine Freistellung von der...