rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbringer sonstiger Leistungen. Zwischenschaltung eines ausländischen Unternehmens als rein künstliche Gestaltung. keine Aussetzung des Verfahrens trotz anhängiger Verfassungsbeschwerde zu einer höchstrichterlich geklärten Rechtsfrage
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Feststellung, wer Erbringer und wer Begünstigter einer umsatzsteuerrechtlichen sonstigen Leistung ist, sind die einschlägigen Vertragsbestimmungen insbesondere dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie eine rein künstliche Gestaltung darstellen, die mit der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität der Transaktion nicht übereinstimmt.
2. Allein der Umstand, dass gegen eine gerichtliche Entscheidung Verfassungsbeschwerde eingelegt worden ist, begründet noch kein überwiegendes Interesse an einer Aussetzung des Verfahrens, wenn zugleich eine höchstrichterliche Entscheidung zu der streitigen Rechtsfrage (hier: Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes nach § 238 Abs. 1 AO) bereits ergangen ist.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3a Abs. 2-3, 4 Nr. 2; FGO § 74; AO §§ 233a, 238 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger war in den Streitjahren 2009 bis 2011 als Medienberater selbstständig tätig und betrieb das Unternehmen „B…”. Bereits im Jahr 2008 schloss der Kläger mit der in der Schweiz ansässigen C… GmbH, vertreten durch ihren damaligen Gesellschafter und Geschäftsführer, den in der Schweiz wohnhaften Herrn D…, eine Rahmenvereinbarung, in der die Absicht bekundet wird, dass der Kläger für die C… GmbH Medienberatungsleistungen übernehmen soll. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Rahmenvereinbarung vom 28. Mai 2008 verwiesen. In der Folge erbrachte der Kläger in den Streitjahren Medienberatungsleistungen gegenüber diversen deutschen Unternehmen. Den Leistungen lagen zivilvertragliche Vereinbarungen zwischen der C… GmbH und den deutschen Unternehmen zugrunde. Der Kläger rechnete seine zugunsten der deutschen Unternehmen erbrachten Leistungen gegenüber der C… GmbH ab. In diesen Rechnungen wies der Kläger keine Umsatzsteuer aus. Wegen der weiteren Einzelheiten der Rechnungen wird auf Bl. 80ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Die C… GmbH führte in den Jahren 2009 und 2010 Rechtsstreitigkeiten gegen zwei deutsche Unternehmen, die Medienberatungsleistungen des Klägers auf Grundlage der genannten Vertragsbeziehungen in Anspruch genommen hatten. In dem Verfahren zu dem Az. … sprach das Landgericht E… der C… GmbH einen Honoraranspruch aus den vertraglichen Bestimmungen zu. In dem Verfahren mit dem Az. … schloss die C… GmbH mit einem deutschen Unternehmen, das Beratungsleistungen des Klägers in Anspruch genommen hatte, einen Vergleich, wonach der C… GmbH hierfür ein Vergütungsanspruch zustand. Wegen der weiteren Einzelheiten des Landgerichtsurteils und des Vergleichs wird auf Bl. 64ff. der Gerichtsakte verwiesen.
Darüber hinaus führte der Kläger in den Jahren 2011 und 2012 einen zivilgerichtlichen Rechtsstreit vor dem Landgericht E… gegen die C… GmbH zu dem Az. …. In seinem rechtskräftigen Urteil vom 7. September 2012 führte das Landgericht u.a. Folgendes aus:
„Die Parteien waren sich seit dem Jahr 2008 darin einig, dass der Kläger seine Tätigkeit als Medienberater künftig über die Beklagte abrechnen würde. […]
Die von der Beklagten sodann eingezogenen Honorare standen nach dieser Absprache dem Kläger zu, da sie ausschließlich durch seine Tätigkeit verdient waren. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich der Sache nach um einen Auftrag zum Forderungsinkasso. […]
Im Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht […] davon überzeugt, dass der Kläger nach den Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht lediglich Subunternehmer der Beklagten bei der Medienberatung, sondern alleiniger Leistungserbringer war, der lediglich nicht nach außen hin auftrat, sondern dies unter dem Namen der Beklagten tat. […]
Im Rahmen der Beweisaufnahme haben der Zeuge D… und der als Partei angehörte Kläger im Wesentlichen […] übereinstimmende Angaben zu der Vorgeschichte gemacht, die letztlich dazu geführt hat, dass der Kläger seine Mandate über die Beklagte abrechnete: Dem Kläger schien die Abrechnung seiner Honorare über eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft aus steuerlichen Gründen interessant.”
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts E… vom 7. September 2012 (Az. …) verwiesen.
In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre wurden die an die C… GmbH abgerechneten Medienberatungsleistungen von dem Kläger als nicht steuerbare Leistungen angesetzt. Die Umsatzsteuer wurde hieraufhin zunächst erklärungsgemäß festgesetzt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer jedoch die Auffassung, dass die Medienberatungsleistungen nicht an die C… GmbH in der Schweiz, sondern unmittelbar vom Kläger an die deutschen Unternehmen erbracht worden seien. Damit handele es sich um im Inland erbrachte sonstige Leistungen, die steuerbar und s...