Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug von Vorsteuerbeträgen bei Scheingeschäften. Nachweispflichten eines Bargeschäfte tätigenden Bauunternehmers bei Strohmanngeschäften. Beweislastminderung wegen überlangen Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Der für den Vorsteuerabzug grundsätzlich erforderlichen Identität zwischen Rechnungsaussteller und Leistendem ist auch dann genügt, wenn der Rechnungsaussteller die Lieferung oder sonstige Leistung im eigenen Namen aber für Rechnung eines anderen ausgeführt. Der Vorsteuerabzug ist jedoch zu versagen, wenn es sich erkennbar um kein Eigengeschäft des Vertragspartners handelt und der Leistungsempfänger typischerweise mit der Nichtbesteuerung durch den Rechnungsaussteller rechnet oder rechnen muss.
2. Wickelt ein im Baugewerbe tätiger Unternehmer seine umfangreichen Geschäfte in bar ab, hat er bei Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs aus einem fehlenden Eigengeschäft des Rechnungsausstellers (sog. Strohmanngeschäft) nachzuweisen, dass er nicht mit der Nichtbesteuerung der geleisteten Arbeiten durch den Rechnungsaussteller gerechnet hat oder rechnen musste. An die Nachweispflichten sind hohe Anforderungen zu stellen (hier: Erwerb von Scheinrechnungen, keine Vorlage von kopierten Personaldokumenten).
3. Die Anforderungen an die Beweislast des leistungsempfangenden Bauunternehmers können nicht aufgrund der Länge des Verfahrens gemildert werden, wenn das Gericht im vierten Jahr nach Eingang der Klage wegen der Versagung des Vorsteuerabzugs aufgrund vorgeschobener Strohmanngeschäfte entscheidet und auch das Einspruchsverfahren noch nicht derart übermäßig lang gewesen ist, dass von einer bewussten Vereitelung von Beweismöglichkeiten ausgegangen werden müsste.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 14; Richtlinine 77/388/EWG Art. 17
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Vorsteuerbeträgen. Die Klägerin bestand in der Zeit vom 01.06.1994 bis zum 31.3.2000. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin waren Leistungen auf dem Gebiet des Innenausbaus. Für die Jahre 1995 bis 1997 führte der Beklagte eine Betriebsprüfung durch, über die der Bericht vom 15.01.2001 geschrieben wurde. Der Beklagte traf dabei hinsichtlich einzelner Subunternehmer Feststellungen, nach denen der geltend gemachten Vorsteuerabzug zu versagen sei.
Hinsichtlich der Firma X soll es sich bei den Rechnungen nach den Feststellungen des Beklagten um Scheinrechnungen handeln. In seiner Aussage zum Steuerstrafverfahren sagte Herr A aus, dass er Scheinrechnungen erstellt hatte. Nach einem Vermerk in der Akte „Berichte über Umsatzsteuersonderprüfungen” hat Herr A eingeräumt, die streitigen Rechnungen an Frau B verkauft zu haben. Hinsichtlich der Rechnungen des Herrn C ist dieser nach den Feststellungen des Finanzamts M seit 1993 unbekannt verzogen. Die Rechnungen der Firma Y-GMBH könnten nicht anerkannt werden, weil der Geschäftsführer D die Rechnungsbegebung bestreite. Auch aus den Rechnungen der Firma Z sei ein Vorsteuerabzug nicht möglich. Die Rechnungen wiesen nicht den tatsächlich leistenden Unternehmer auf. Dies gelte auch für die Rechnung der Firma W. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Die Klägerin trägt vor, dass es die Firma X gegeben habe und es sich auch nicht um Gefälligkeitsrechnungen handele. Der Inhaber der Firma habe persönlich auf der Quittung unterschrieben (so für die Rechnungen vom 06.02.1997, 10.05.1997, 20.05.1997, 10.06.1997, 12.06.1997 und zweimal vom 01.07.1997). Aus der Ermittlungsakte zum Steuerstrafverfahren sei zu entnehmen, dass Herr A angeblich Scheinrechnungen ausgefertigt habe. Seine Aussage beziehe sich auf 2 Rechnungen vom 03.07.1994 und 25.08.1997. Im Jahr 1994 habe sie aber noch keinerlei Geschäftsbeziehungen zu dieser Firma unterhalten. Die Behauptung hinsichtlich der Rechnung von 1994 erwiese sich damit als unwahr, da sie erst im Jahr 1997 mit dieser Firma in Kontakt getreten sei. Für jeden Dritten sei erkennbar, dass es sich im Übrigen um einen Schreibfehler handeln müsse, tatsächlich müsse es statt 03.07.1994 richtig 03.07.1997 heißen. So weise die dazugehörende Rechnung das Datum vom 01.07.1997 auf. Der Beklagte habe verabsäumt, den Unterzeichner frühzeitig von diesem offensichtlichen Irrtum zu unterrichten. Zudem sei festzustellen, dass das Vernehmungsprotokoll aus einzelnen Passagen zusammengefügt worden sei. Diese Vernehmung sei damit wertlos, da sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Im Übrigen überreiche sie die Gewerbeanmeldung des Herrn A. Zudem habe eine Nachfrage bei der Handwerkskammer ergeben, dass Herr A dort am 25.10.1994 eingetragen worden sei. Für die Firma X hätten die beiden Brüder A gehandelt. Herr A habe jeweils eine Rechnung, wie sie im Anlagenkonvolut wiedergegeben sei, erstellt und sie dann auf den jeweiligen Baustellen übergeben. Sodann sei der Betrag von Geschäftskonto abgehoben und der entsprechende Betrag in Anwesenheit von Z...