Entscheidungsstichwort (Thema)
„Ständige Wohnstätte” einer US-amerikanischen Gastlehrerin in den USA. Steuerfreiheit des Arbeitslohns nach DBA-USA
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch wenn in den USA die Staatsangehörigkeit und nicht der Begriff des Wohnsitzes als Anknüpfungsmerkmal bei der US-Bundeseinkommensteuer verwendet wird, führt die bloße Staatsangehörigkeit alleine nicht zur Ansässigkeit in den USA.
2. Der Begriff der „ständigen Wohnstätte” im Sinne des Art. 4 DBA-USA umfasst Wohnräume, wenn sie aufgrund einer langfristigen Rechtsposition ständig genutzt werden können und tatsächlich regelmäßig genutzt werden. Erforderlich ist eine Art und Intensität der Nutzung, welche die Wohnung als eine nicht nur hin und wieder aufgesuchte, sondern in den allgemeinen Lebensrhythmus einbezogene Anlaufstelle des Steuerpflichtigen erscheinen lässt.
3. Im Streitfall sah der Senat die der Klägerin von ihren Eltern im Familienwohnhaus in den USA vorgehaltene und uneingeschränkt zur Verfügung gestellte Unterkunft als „ständige Wohnstätte” an. Die von ihr als Gastlehrerin im Inland erzielten Einkünfte waren daher nach Art. 20 DBA-USA steuerfrei.
Normenkette
DBA-USA Art. 4, 20 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 09. Januar 2019 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Februar 2020 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Gastlehrerin bei der B…-Schule nach Art. 20 Abs. 1 DBA-USA freigestellt werden und die Einkommensteuer auf 0,00 Euro herabgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluss:
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob das von der Klägerin im Streitjahr 2015 in Deutschland erzielte Gastlehrergehalt aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 01. Juni 2006 (BGBl. II 2006, 1186, BStBl. I 2008, 767), welches am 28. Dezember 2007 in Kraft getreten ist, in der Fassung der Bekanntmachung vom 04. Juni 2008 (BGBl. II 2008, 117; BStBl. I 2008, 782 [nachfolgend DBA-USA]) vom Beklagten einkommensteuerfrei zu belassen ist.
Die 19.. geborene Klägerin ist Staatsbürgerin der USA und hatte dort von August 2011 bis zum Abschluss im Mai 2015 Grundschulpädagogik und Germanistik in Iowa studiert. Ihr Elternhaus steht in einem Vorort von C…, Illinois, wo sie auch in den Semesterferien lebte. Während der Präsenzzeiten des Studiums war sie in Studentenwohnheimen in Mehrbettzimmern untergebracht. Im Streitjahr 2015 war sie 22 Jahre alt, ledig, alleinstehend und hatte keine Kinder.
Von Februar 2015 bis Mai 2015 arbeitete sie in den USA wenige Stunden als Nachhilfelehrerin. Der Verdienst betrug insgesamt 442,– USD. Noch vor Abschluss des Studiums erhielt die Klägerin die Zusage der B…-Schule in D… für eine Anstellung als Gastlehrerin, zunächst befristet auf zwei Jahre und beginnend am 31. Juli 2015. Am 02. Juni 2015 flog sie daher nach D… und besichtigte Wohnungen, von denen sie eine noch im Juni 2015 anmietete und im Juli 2015 bezog. Es handelte sich um eine Zwei-Zimmer-Wohnung in D…. Vom 08. Juni 2015 bis 29. Juli 2015 absolvierte sie ein unbezahltes Praktikum an einer Grundschule in E…. Am 31. Juli 2015 begann sie ihre Tätigkeit als Gastlehrerin an der B…-Schule. Die D… Ausländerbehörde erteilte ihr dazu am 28. August 2015 einen befristeten, an ihren Arbeitsvertrag gebundenen Aufenthaltstitel. Das Arbeitsverhältnis mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wurde in der Folgezeit – konkret am 22. Juni 2017 – für weitere zwei Jahre verlängert.
In den Jahren 2015 bis 2017 hielt die Klägerin sich – nachgewiesen durch entsprechende Reiseunterlagen – wie folgt in den USA auf:
19. Dezember 2015 – 01. Januar 2016 |
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26. März 2016 – 02. April 2016 |
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27. Mai 2016 – 29. Mai 2016 |
(F…, nicht C…) |
04. Juli 2016 – 17. Juli 2016 |
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23. Dezember 2016 – 29. Dezember 2016 |
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20. Juli 2017 – 09. August 2017 |
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01. September 2017 – 03. September 2017 |
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Nach ihren Angaben hielt sie sich auch Weihnachten 2017 (21. Dezember 2017 – 02. Januar 2018) in ihrem Elternhaus in den USA auf, wobei sich in den Akten hierfür keine Nachweise finden.
Ihr Gehalt für das Streitjahr 2015 (und im Übrigen fortlaufend dann auch bis zum 31. Juli 2017, insgesamt 117.024,99 Euro) wurde ihr von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – auf Basis eines entsprechend erwirkten Fre...