rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe der Vermögensauskunft in der Zwangsvollstreckung betreffend ein Grundstück: Pflicht zur Nachbesserung bzw. Ergänzung. Nachbesserung als Verwaltungsakt. erforderliche Angaben bei Bestehen von Grundschulden
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Ladung zu einer Nachbesserung/Ergänzung einer bereits erteilten Vermögensauskunft (§ 284 AO) ist ein Verwaltungsakt.
2. Auch vor Ablauf der Zweijahresfrist im Sinne des § 284 Abs. 4 AO kann eine Nachbesserung (Ergänzung) der bereits erteilten Vermögensauskunft verlangt werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Vermögensauskunft des Schuldners unvollständig (lückenhaft), ungenau oder widersprüchlich ist.
3. Eine Vermögensauskunft ist auch nach Umstellung der Verwaltung der Vermögensauskünfte auf elektronische Dokumente seit 1.1.2013 nicht schon deswegen unvollständig, weil bestimmte im dafür verwendeten, von der Justiz- oder Finanzverwaltung eingeführten Formular enthaltene Fragen vom Schulder nicht beantwortet wurden, zu deren Beantwortung der Schuldner nicht verpflichtet ist. So ist eine Vermögensauskunft nicht bereits deswegen unvollständig, weil bezüglich eines Vermögensgegenstands „Grundstück” nicht angegeben wurde, in welcher Höhe Grundschulden valutierten. Der Schuldner ist nicht verpflichtet, Angaben zur Höhe der aktuellen Valuten (Valutastände) zu machen (gegen LG Kleve, Beschluss v.14.4.2010, 4 T 37/10, JurBüro 2010, 383; gegen LG Detmold, Beschluss v. 11.8.2000, 3 T 233/2000, Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung – DGVZ – 2000 S. 169; gegen LG Aachen, Beschluss v. 24.1.1991, 5 T 1/91, Rpfleger 1991 S. 327).
4. Der Schuldner ist aber verpflichtet, Angaben zum Bestehen einer Eigentümergrundschuld (mit Angabe des Aufbewahrungsorts des Grundschuldbriefs) oder – bei Übertragung der Grundschuld auf einen Dritten – Angaben zu Ansprüchen aus dem Kausalgeschäft (z. B.Sicherungs-, Treuhand- oder Schenkungsvertrag) für die Übertragung der Grundschuld zu machen und in diesem Rahmen auch z. B. den Sicherungsnehmer, Treuhänder oder Beschenkten zu benennen.
Normenkette
AO §§ 118, 284 Abs. 1-4, 7 S. 1; ZPO §§ 802c, 802d; BGB § 1195 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Ladung des Klägers zur Nachbesserung seiner Vermögensauskunft um die Frage, welche Angaben ein Schuldner als Eigentümer eines Grundstücks bezüglich bestehender Inhabergrundschulden zu machen hat gemäß § 284 Abs. 2 Abgabenordnung – AO –, wortlautgleich § 802c Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –.
I.1.a)
Der Kläger schuldet dem Land Berlin, vertreten durch das beklagte Finanzamt – FA –, gemäß Rückständeaufstellung vom 10.03.2020 rd. 413 TEUR. Es handelt sich überwiegend um Einkommensteuer – ESt – 2005 bis 2008, teils fällig seit 13.06.2017, teils fällig seit 15.03.2018, zuzüglich Nebenleistungen.
b)
Der Kläger ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts – LG – B… vom 31.01.2019 und durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts – AG – C… vom 19.06.2019 wegen mehrerer Steuerhinterziehungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die in Vollstreckung befindlichen Steuerforderungen stehen weitgehend im Zusammenhang mit den Straftaten. Wegen der Steuerforderungen ist das Verfahren 10 K 10133/17 beim Senat anhängig, in dem der Kläger die Steuerhinterziehungen nicht in Abrede stellt, aber die Frage offen ist, ob er der alleinige Begünstigte der verdeckten Gewinnausschüttungen durch Verwendung von Scheinrechnungen ist. Im dem jenem Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren erfolgten ursprünglich Hinzuschätzungen wegen ungeklärter Vermögenszuwächse, die im Zuge des Verfahrensfortschritts des Strafverfahrens den dortigen Erkenntnissen nach Höhe und rechtlicher Begründung angepasst wurden. Ursprünglich waren beide Verfahren für dieselbe Senatssitzung terminiert, jedoch treten für den Kläger in beiden Verfahren unterschiedliche Vertreter auf und der Vertreter in jenem Verfahren hat wegen Terminüberschneidungen Verlegung beantragt.
2.a)
Der Kläger erwarb das Grundstück D…-straße, Berlin, vorgetragen im Grundbuch von E… des Amtsgerichts F… auf Blatt …, aufgrund Kaufvertrag vom 09.03.1999 mit Eintragung vom 10.01.2000. Die in diesem Zusammenhang eingetragene Buchgrundschuld für die Bausparkasse G… über 230.000 DM (rd. 118 TEUR) wurde am 10.06.2015 gelöscht. Auf dem Grundstück befinden sich ein 2005 errichtetes, vom Kläger und seiner Familie genutztes Einfamilienhaus sowie ein 1930 errichtetes, vermietetes Einfamilienhaus. Gemäß Gutachten im Zwangsversteigerungsverfahren beträgt der Verkehrswert zum Wertermittlungsstichtag 12.06.2019 ohne Berücksichtigung der Belastungen 926 TEUR.
b)
Aufgrund zweier Bewilligungen vom 23.04.2015 wurden am 12.05.2015 zwei Inhabergrundschulden über je 300.000,00 EUR nebst 15 % Zinsen für den jeweiligen Inhaber des Grundschuldbriefs in die Dritte Abteilung des Grundbuch...