rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht bei Stromerzeugung durch eine GmbH & Co. KG mit einer Windkraftanlage erst ab Fertigstellung der Anlage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die sachliche Gewerbesteuerpflicht der unter § 2 Abs. 1 GewStG fallenden Gewerbebetriebe beginnt erst, wenn alle tatbestandlichen Voraussetzungen eines (originären oder fiktiven) Gewerbebetriebs erfüllt sind (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 2 bzw. Abs. 3 EStG) und der Gewerbebetrieb in Gang gesetzt worden ist.
2. Der Zeitpunkt des Beginns bzw. der Einstellung der werbenden Tätigkeit ist unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu ermitteln und kann für die verschiedenen Betriebsarten unterschiedlich zu bestimmen sein. Was als werbende Tätigkeit anzusehen ist, richtet sich nach dem von der Gesellschaft verfolgten Gegenstand ihrer Tätigkeit. Dabei kann auch auf den im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Gegenstand des Unternehmens zurückgegriffen werden wobei es sich insoweit lediglich um ein Indiz handelt; letztlich maßgebend ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit.
3. Eine GmbH & Co. KG erzielt durch die Erzeugung und den Verkauf von Stromenergie aus dem Betrieb einer Windkraftanlage entsprechend ihrem Gesellschaftszweck originäre gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 2 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG. Ihre sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt aber erst mit der Fertigstellung der Windkraftanlage als dem für die Ingangsetzung des Gewerbebetriebs maßgeblichen Zeitpunkt. Vorbereitungshandlungen in den Jahren vor der Fertigstellung der Windkraftanlage (u.a. Auftragserteilung zum Bau, Vertrag mit dem Stromabnehmer) sind gewerbesteuerrechtlich unbeachtlich und führen nicht zu einem vortragsfähigen Gewerbeverlust; anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz über den Ausbau erneuerbarer Energie (EEG).
Normenkette
EStG 2007 § 15 Abs. 2, 3 Nr. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EEG § 9 Abs. 6, § 8 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist für die Veranlagungszeiträume 2007 und 208 (Streitjahre) der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht streitig.
Die Klägerin betreibt auf dem Windfeld in B. drei Windkraftanlagen (WKA) der Fa. C. AG (siehe Kaufvertrag Bl. 76 f Bp.-Akte/I). In den Streitjahren ermittelte die Klägerin ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, die mit Gesellschaftsvertrag vom 10.03.2007 (Bl. 63 f Bp.-Akte/I) errichtet und am 31.05.2007 im Handelsregister (Amtsgericht D., HRA …) eingetragen wurde. Ihren Sitz verlegte sie zum 02.01.2008 von E. nach F. (Bl. 59 Bp.-Akte). Seit dem 01.01.2011 befindet sich ihr Sitz in G. (vgl. Tz. 7 des Bp.-Berichts vom 24.10.2012, Bl. 106 f ≪108≫ Bp.-Akte). Der Gesellschaftszweck der Klägerin umfasst die Entwicklung, den Verkauf und/oder den Betrieb von Windenergieanlagen zur umweltfreundlichen Stromenergieerzeugung (§ 2 des Gesellschaftsvertrages [GesV]).
Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne Kapitaleinlageverpflichtung (§ 6 GesV) ist die 2005 mit einem Stammkapital von 25.000 EUR errichtete H. GmbH mit Sitz in F., deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer Herr I. ist und deren Unternehmensgegenstand die Errichtung, den Betrieb, die Verwaltung und die Vermarktung von Energieanlagen sowie den Handel mit Nutzenergie umfasst (s. Handelsregisterauszug, Bl. 223 Bp.-Akte zur St.-Nr.: …). Für ihre Komplementärstellung erhält die H… GmbH eine jährliche Haftungsvergütung in Höhe von 2.000 EUR (§ 8 GesV). Die H… GmbH ist außerdem Komplementärin weiterer GmbH & Co KG (Objekt- bzw. Betreibergesellschaften), deren Kommanditbeteiligungen ebenfalls von Herrn I… gehalten werden. Auch diese Objektgesellschaften betreiben auf besonderen (regionalplanerisch ausgewiesenen) Windeignungsgebieten in B… und J… WKA zum Zweck der Erzeugung und Veräußerung der gesamten daraus gewonnenen Stromenergie (kein Eigenverbrauch).
Mit der Entwicklung und Projektierung der von den Objektgesellschaften betriebenen WKA einschließlich Einholung der zu ihrem Betrieb erforderlichen Genehmigungen (z. B. nach Bau- und Immissionsschutzrecht) war die 2005 errichtete K… GmbH & Co. GmbH (Bl. 223 Rs. Bp.-Akte zur St.-Nr.: …) betraut (s. Bl. 214 Bp.-Akte zur St.-Nr.: …).
Alleiniger Geschäftsführer und Kommanditist der K… GmbH & Co. GmbH ist ebenfalls Herr I….
Mit der C… AG (L…-straße, M…) schloss die Klägerin am 12.07.2007 einen Vertrag über die Lieferung und Montage von drei Windenergieanlagen des Typs „…” (Bl. 76 f Bp.-Akte/I).
Mit Werkvertrag vom 14.06.2007 – auf den das Gericht wegen des weiteren Inhalts ergänzend Bezug nimmt (Bl. 72 f Bp.-Akte/I) – beauftragte die Klägerin die K… GmbH & Co. GmbH im Rahmen des „Projekts Windpark B…” gegen eine Vergütung i. H. v. 2.500.000 EUR mit der Lieferung und den Bau der für di...