rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erste Tätigkeitsstätte einer im Außendienst tätigen Mitarbeiterin des Ordnungsamts
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 9 Abs. 4 EStG in der ab 2014 geltenden Fassung tritt bei Vorliegen einer dauerhaften arbeits- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung das konkrete Gewicht der an dieser Einrichtung ausgeübten Tätigkeit zugunsten der arbeitgeberseitigen Zuordnung in den Hintergrund. Nur wenn der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte kraft dauerhafter Zuordnung im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG hat, ist auf die in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG genannten quantitativen Merkmale abzustellen.
2. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeits- oder dienstrechtlich dauerhaft zugeordnet, ist es unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit an dieser oder auch anderen Tätigkeitsstätten ausübt.
3. Im Streitfall genügte es für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte einer im Außendienst tätigen Mitarbeiterin des Ordnungsamts, dass sie vom Arbeitgeber einer bestimmten Dienststelle zugeordnet war, an der sie täglich und fortlaufend tätig wurde, selbst wenn es sich bei den an der Dienststelle zu erledigenden Aufgaben im Vergleich zu der außerhalb des Dienstgebäudes im Außendienst ausgeübten Tätigkeit um untergeordnete und weniger Zeit beanspruchende Tätigkeiten handelte.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4, 4a S. 2 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen und weiteren Reinigungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Jahres 2014 (Streitjahr).
Die in C… wohnende Klägerin bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sie ist seit 2006 angestellte Mitarbeiterin im Allgemeinen Ordnungsdienst im Ordnungsamt von C…. Der Allgemeine Ordnungsdienst umfasst die Wahrnehmung von Aufgaben nach verschiedenen ordnungsrechtlichen Vorschriften, die die Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum betreffen.
Im März 2015 reichte die Klägerin die Einkommensteuererklärung für 2014 bei Finanzamt (FA) ein. In der Anlage N machte sie als Werbungskosten u. a. die Entfernungspauschale für 207 Arbeitstage geltend (einfache Entfernung: 5 km), Aufwendungen für „typische Berufskleidung und Reinigungskosten” in Höhe von zusammen 422 EUR sowie Pauschbeträge für Mehraufwendungen für Verpflegung aufgrund einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden an 207 Tagen. Der Einkommensteuererklärung war eine Bescheinigung vom 6. Februar 2015, Dienstgebäude: B…-straße in C…, beigefügt, aus der auf die Klägerin bezogen das Folgende hervorging:
„Die o.g. Dienstkraft ist Angehörige/r des Bezirksamtes von C… und im Ordnungsamt als Mitarbeiter/in des Allgemeinen Ordnungsdienstes überwiegend im Außendienst tätig. Ort des Dienstbeginns und des Dienstendes ist die Dienststelle mit oben genannter Anschrift.
In der Zeit vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 betrug die vertraglich zu erbringende Arbeitszeit 38,5 Wochenstunden, die innerhalb einer 5-Tage-Woche im Schichtdienst abgeleistet wurden. Die Regelung der täglichen Arbeitszeit erfolgte mittels Dienstplan. Darin enthalten ist eine tägliche Pause von 30 Minuten. Die Arbeitszeiten waren:
Frühdienst |
06:30-14:42 Uhr |
Frühdienst Sa |
07:30-15:42 Uhr |
Mitteldienst |
09:00-17:12 Uhr |
Spätdienst |
13:48-22:00 Uhr |
Spätdienst Fr + Sa |
13:48-22:00 Uhr (Nov.-Dez. 15:48-24:00 Uhr) |
Sonntag |
11:18-19:30 Uhr” |
Im Rahmen der Veranlagung setzte der Beklagte steuermindernd den ArbeitnehmerPauschbetrag an, berücksichtigte aber nicht die von der Klägerin erklärten Mehraufwendungen für Verpflegung bei Auswärtstätigkeit i. H. v. 2.484 EUR. Die geltend gemachten Aufwendungen für die Reinigung von Dienstkleidung erkannte der Beklagte nur in Höhe von 120 EUR an. Dementsprechend setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2014 mit Bescheid vom 20. April 2015 fest. In den Erläuterungen zum Bescheid führte der Beklagte aus, dass die geltend gemachten Aufwendungen für die Reinigung der Dienstkleidung nur in Höhe von 120 EUR anerkannt worden seien, da höhere Aufwendungen ohne Nachweise nicht glaubhaft erscheinen würden.
Die Klägerin legte gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 Einspruch ein und reichte zur Begründung eine – neue – Anlage N zur Einkommensteuererklärung für 2014 nebst Anlage ein. In den Zeilen 41 und 42 der Anlage N machte die Klägerin nur noch einen Betrag in Höhe von 269 EUR für die Reinigung der Dienstkleidung geltend. Zur Erläuterung führte sie aus, dass sich der Betrag aus 92 Wäschen (zwei Mal wöchentlich in 46 Wochen) zu je 2,92 EUR zusammensetze. Die Anzahl der Wäschen beruhe auf der starken Verschmutzung der Kleidung durch den Straßendienst.
In der Zeile 46 der Anlage N erklärte die Klägerin sonstige Werbungskosten in Höhe von 2.651 EUR und erläute...