rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtkaufpreis für bebautes Grundstück. Aufteilung auf Gebäude und Grundstück nach dem Sachwertverfahren. Schätzung des Finanzgerichts. Gebäudenutzungsdauer maximal 100 Jahre. keine Teilwertabschreibung bei Einnahme-Überschussrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist ein Gesamtkaufpreis für ein Grundstück gezahlt worden und liegt keine zu übernehmende Kaufpreisaufteilung durch die Vertragsparteien vor, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA nach dem Grundsatz der Einzelbewertung auf die erworbenen Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Bei selbstgenutzten Objekten stellt grundsätzlich das Sachwertverfahren die angebrachte Methode zur gebotenen Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter dar.

2. Der FG hat nach § 96 Abs. 1 S. 1 FGO eine eigene Schätzungsbefugnis. Die Schätzungen des Beklagten oder des Klägers sind dabei jedenfalls insoweit unbeachtlich, als sie nicht nachvollziehbar oder überzeugend sind. Werden Wertermittlungen des Beklagten vom Kläger substantiiert bestritten, hat das Gericht, sofern es nicht über die hinreichende eigene Sachkunde verfügt, das Gutachten eines unabhängigen vereidigten Sachverständigen einzuholen.

3. Hinweise für die Ermittlung des Sachwerts nach den §§ 21 bis 23 der ImmoWertV gibt die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erlassene Richtlinie zur Ermittlung des Sachwerts (Sachwertrichtlinie) vom 5.9.2012.

4. Eine Gesamtnutzungsdauer von 100 Jahren stellt die äußerste Grenze der Nutzbarkeit eines Gebäudes dar.

5. Eine Teilwertabschreibung kommt bei der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 3; AO § 162 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1; ImmoWertV §§ 21-23

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.10.2017; Aktenzeichen X S 9/17 (PKH))

 

Tenor

Unter Änderung des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung vom 28.09.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.07.2010 werden die dem Kläger zuzurechnenden Einkünfte um 61.627,00 DM gemindert festgestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 30 v.H. dem Kläger und zu 70 v.H. dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abzuwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig war, mit welcher Höhe der Gebäudewert einer in B., C.-Str. … belegenen Immobilie als Bemessungsgrundlage für vom Kläger geltend gemachte Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz –FördG– sowie lineare Abschreibungen –Afa– herangezogen werden kann.

Der Kläger erwarb die oben bezeichnete Immobilie, auf der sich ein im Jahr 192. errichtetes Gebäude befand, mit notariellem Vertrag vom 19.08.1995 zusammen mit einer Frau F…. Der Kaufpreis betrug insgesamt 1.100.000,00 DM, hinzu kamen noch Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 108.216,77 DM, sodass sich zusammen Anschaffungskosten von 1.208.216,77 DM ergaben. Eine vertragliche Aufteilung des Kaufpreises auf das Gebäude sowie den Grund und Boden erfolgte nicht. Laut Kaufvertrag erwarben der Kläger 3/5 = 60 % und Frau F… 2/5 des Grundstücks. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte am 01.07.1996.

Das 826 m² große Grundstück grenzt durch die C.-Str. getrennt an den B. an. In der DDR-Zeit wurde die Immobilie von den sowjetischen Besatzungsbehörden genutzt und war Anfang der Neunziger Jahre aus der russischen Nutzung freigegeben worden. Nach den Bauvorschriften der Stadt B… unterfiel sie danach einer Veränderungssperre, das Gebäude wurde als denkmalwürdig eingestuft.

Von 1996 bis 1998 führten die Erwerber Modernisierungs- und Baumaßnahmen an dem Gebäude durch. Hiervon entfielen auf den Kläger in 1996 4.834,43 DM, in 1997 61.067,75 DM und in 1998 8.609,51 DM. Zwischen den Erwerbern wurde vereinbart, dass das Erdgeschoss und der Keller durch den Kläger entsprechend dem erworbenen Miteigentumsanteil von 60 % genutzt werden sollten. Die auf den Kläger entfallenden Räume sollen von ihm danach für seine freiberufliche Tätigkeit als Architekt genutzt worden sein.

Der Kläger schloss sich im Jahr 1998 mit Herrn D. zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts A.-D. Architekten … – nachfolgend: GbR – zusammen. Gesellschaftszweck war die Durchführung nur eines Projekts E…. Der Geschäftssitz der GbR befand sich unter der Adresse des Herrn D… in der G…-Str. in H.. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass der Kläger umfangreich aus seinem Architekturbüro in B., C.-Str. … für die GbR tätig werde. Als Beginn der freiberuflichen Tätigkeit wurde in einer steuerlichen Anmeldung der 01.04.1998 ausgewiesen.

Bereits für 1996 nahm der Kläger gegenüber dem für seine einzelunternehmerische Tätigkeit zuständigen Finanzamt für seinen Miteigentumsanteil an der erworbenen Gebäudesubstanz auf der Grundlage eines pauschal ermittelten ...

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