Entscheidungsstichwort (Thema)
Mit Bleistift gefertigte Aufzeichnungen sind nicht ordnungsgemäß. erhöhte Mitwirkungspflicht und Schätzungsbefugnis bei ungeklärten Mittelzuflüssen
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufzeichnungen in den Buchführungsunterlagen (hier: amerikanisches Journal), die nicht mit unauslöschlischem Schreibmaterial, sondern mit Bleistift gefertigt wurden, sind nicht ordnungsgemäß i. S. d. § 146 Abs. 4 AO.
2. Der Steuerpflichtige ist bei der Prüfung, ob Einlagen gegeben sind bzw. wo die hierzu verwendeten Mittel herkommen, bei einer von ihm selbst hergestellten Verbindung zwischen Privat- und Betriebsvermögen verstärkt zur Mitwirkung verpflichtet. Bei Verletzung dieser Pflicht kann das Gericht von weiterer Sachaufklärung absehen und den Sachverhalt dahin würdigen, dass unaufgeklärte Kapitalzuführungen auf nicht versteuerten Einnahmen beruhen. Im Streitfall hat sich der Steuerpflichtige auch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts nicht dazu geäußert, woher die entsprechenden Mittel konkret stammen. Vielmehr hat er lediglich pauschal auf die im Gesamtsaldo höheren Entnahmen, das hohe Privatvermögen und die in den Streitjahren erzielten Jahresüberschüsse verwiesen. Dies reiche nicht aus, um die gesteigerten Mitwirkungspflichten zu erfüllen
3. Die Mittelherkunft kann nicht durch einen Gesamtsaldo von Entnahmen und Einlagen, sondern nur durch einen Vergleich von frei verfügbaren, d.h. für eine (Wieder-)Einlage in Betracht kommenden Entnahmen und Einlagen erklärt werden.
Normenkette
AO § 146 Abs. 1, 4, §§ 158, 162, 90 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1; EStG 1997 § 4 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Änderungsbescheide über Einkommensteuer für 1997 und 2000 und über den Gewerbesteuermessbetrag für 1997 und 2000 vom 25. Februar 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 28. Februar 2006 werden dahingehend geändert, dass statt der vom Beklagten vorgenommenen Gewinnerhöhungen in Höhe von DM 183.892 (1997) und DM 112.300 (2000) von Gewinnerhöhungen in Höhe von DM 96.346 (1997) und DM 86.586 (2000) ausgegangen wird und die entsprechenden Folgerungen bei der Gewerbesteuerrückstellung und dem Gewerbeertrag gezogen werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden zu 7/10 der Klägerin und zu 3/10 dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Hinzuschätzungen des Beklagten in den Jahren 1997, 1999 und 2000.
Die Klägerin wurde bis zum Tod ihres Ehemannes am 2. November 1999 mit diesem zusammen veranlagt. Sie betrieb in den Streitjahren ein Handelsunternehmen, das fast ausschließlich Exportgeschäfte nach Russland ausführte. Die Klägerin bezog die benötigten Waren und organisierte den Transport nach Russland. Die Rechnungen an die russischen Kunden stellte sie in DM aus. Die Zahlungen erfolgten dagegen ausschließlich in Dollar auf ein gesondertes Dollar-Konto. Die dort eingezahlten Beträge überwies die Klägerin dann bis auf einen Bodensatz auf ihr betriebliches DM-Konto bei der Bank X. Von diesem DM-Konto bezahlte sie auch Wareneinkäufe und betriebliche Kosten.
Die Klägerin führte ihre Finanzbuchhaltung in der Form eines amerikanischen Journals. Zur Kontrolle erhielt der Bevollmächtigte monatlich das Journal und die Bankbelege, um daraus die monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen zu fertigen.
Für die Streitjahre ergingen zunächst Einkommen- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide, in denen der Gewinn aus dem Handelsunternehmen erklärungsgemäß berücksichtigt wurde. In den Bescheiden für 1997 vom 18. März 1999 (Einkommensteuer) und vom 8. Juni 1999 (Gewerbesteuer) berücksichtigte der Beklagte einen Gewinn aus dem Handelsunternehmen in Höhe von DM 505.605, in den Bescheiden für 1999 vom 11. Januar 2001, 27. Februar 2001, 1. August 2001 und 21. August 2001 (Einkommensteuer) und vom 11. Januar 2001 (Gewerbesteuer) einen Betrag in Höhe von DM 228.475 und in den Bescheiden für 2000 vom 8. Februar 2002 (Einkommensteuer) und vom 15. Januar 2002 (Gewerbesteuer) einen Betrag in Höhe von DM 174.722. Der Änderungsbescheid für die Einkommensteuer des Jahres 2000 vom 8. April 2005 betraf nicht die streitigen Einkünfte aus dem Handelsunternehmen der Klägerin.
Die Bescheide für 1997 und 2000 ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Für das Jahr 1997 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung durch Bescheide vom 27. September 1999 (Einkommensteuer) bzw. 1. September 2000 (Gewerbesteuer) auf.
Den berücksichtigten Gewinnen aus dem Handelsunternehmen lagen die eingereichten Jahresabschlüsse zugrunde, auf die Bezug genommen wird. Daraus ergaben sich Jahresüberschüs...