rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilweise Nichtzahlung geltend gemachter Werbungskosten aufgrund einer nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung abschlossenen Vergleichsvereinbarung als neue Tatsache. unterlassene Berichtigung der Einkommensteuererklärung des Abzugsjahrs als Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der dem Finanzamt erst nach Erlass des Einkommensteuerbescheids 1999 bekannt gewordene Umstand, dass der Steuerpflichtige tatsächliche Aufwendungen für die in der Steuererklärung 1999 bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachte Werbungskostenposition „Rückzahlung Erbbauzinsen” in Höhe von 409.372 DM nicht schon im Jahr 1999, sondern erst in den Jahren 2005 bis 2008 und auch lediglich in Höhe von insgesamt 42.644,83 Euro getragen hat, ist eine Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.
2. Durch das Unterlassen einer Mitteilung an die Finanzbehörde über die feststehende – teilweise – Nichtbegleichung der geschuldeten Erbbauzinsen infolge der im Jahr 2005 abgeschlossenen Schuldenbereinigungsvereinbarung hat der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 169 Abs. 2 S. 2, § 370 Abs. 1 Nr. 2, § 153 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 18.05.2016; Aktenzeichen IX B 8/16) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkommensteuerfestsetzung 1999 aufgrund einer verlängerten Festsetzungsverjährung noch änderbar war.
Der Kläger ist Diplom-Kaufmann und war in den Streitjahren u.a. als Unternehmensberater tätig. Mit Vertrag vom 21.10.1998 erwarb er das Grundstück B.-straße in C.. Er vereinnahmte 1998 hieraus Erbbauzinsen in Höhe von 409.371,48 DM, die er als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gegenüber dem Beklagten erklärte.
Aufgrund des Rücktritts vom Kaufvertrag durch die Verkäuferin, die D. GmbH (nachfolgend GmbH), kam es am 2.7.1999 zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die GmbH einen Betrag von 1.175.063,92 DM zu zahlen, wovon übereistimmend 409.371,50 DM auf die bezogenen Erbbauzinsen entfallen sollten. Mit Notarurkunde vom 12.11.1999 erkannte der Kläger die Schuld an.
Nachdem der Kläger erstmals am 28.8.2001 eine Steuererklärung für 1999 eingereicht hatte, erklärte er in einer von einer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät erstellen korrigierten Einkommensteuererklärung für 1999 vom 22.2.2002 neben Einnahmen aus der Vermietung des Grundstücks B.-straße in Höhe von 408.057,08 DM, die im Wesentlichen aus der Erstattung der Finanzierungsvermittlungsgebühren und Zinsen bestanden, u.a. Werbungskosten in Höhe von 409.372 DM wegen der „Rückzahlung” der Erbbauzinsen; insgesamt Einkünfte in Höhe von -84.421 DM. Wegen der Einzelheiten der Überschussermittlung wird auf Blatt 69 f. der Einkommensteuerakte Band VI verwiesen. Tatsächlich erfolgte im Jahr 1999 keinerlei Rückzahlung von Erbbauzinsen an die GmbH.
Das damals zuständige Finanzamt E. folgte den Angaben in der korrigierten Einkommensteuererklärung und setzte mit Bescheid vom 25.11.2002 die Einkommensteuer bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von -87.776 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0,00 DM fest (Bl. 130 der Einkommensteuerakte Band VI).
Mit Prüfungsanordnung vom 17.11.2003 ordnete das Finanzamt E. eine abgekürzte Außenprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer 1999 – 2001 an. Im Zuschreibungsformular, mit dem die Prüfung angeregt wurde, gab der Veranlagungsplatz als Grund für die Prüfungswürdigkeit u.a. an: „§ 21 – Schuldanerkenntnis als WK → Keine Einnahmen!)”. Im Aktenvermerk über die Prüfung vom 25.5.2004 kam die Prüferin hinsichtlich des Grundstücks B.-straße zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Aufwendungen mit dem Erwerb des Grundstücks im Zusammenhang stünden und sie als „vergebliche Kosten” zu berücksichtigen seien. Für 1999 ergebe sich lediglich eine Minderung der gewerblichen Verluste des Klägers um ca. 8.000 EUR. Wegen weiterer Einzelheiten der Prüfungsfeststellungen wird auf Bl. 57 der BP-Akte verwiesen.
Nachdem das Finanzamt E. den Einkommensteuerbescheid 1999 aus hier nicht streitigen Gründen bereits am 3.1.2003 und 25.3.2003 geändert hatte, wurden die Prüfungsfeststellungen mit Bescheid vom 7.6.2004 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung umgesetzt, wobei das zu versteuernde Einkommen -79.793 DM betrug und die Verluste aus Vermietung und Verpachtung unverändert bei -136.509 DM blieben.
Aufgrund einer Vereinbarung vom 17. und 23.6.2005 kamen der mittlerweile überschuldete Kläger und der Insolvenzverwalter der GmbH im Rahmen eines Schuldenbereinigungsverfahrens überein, dass der Kläger zur Abgeltung der der GmbH immer noch geschuldeten 1.175.063,92 DM in der Zeit von 2005 – 2008 durch monatliche Ratenzahlungen beginnend mit dem 15.6.2005 insgesamt lediglich 42.644,83 EUR (81.985,97 DM) zahlen ...