rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anerkennung der Verfolgung mildtätiger Zwecke durch eine Körperschaft
Leitsatz (redaktionell)
Zu den Voraussetzungen, unter denen die steuerliche Freistellung einer Körperschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auch auf die Verfolgung mildtätiger Zwecke zu erweitern ist
Normenkette
AO § 53; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; EStG § 10b Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Im Streit ist, ob die steuerbegünstigte Freistellung der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz -KStGauch auf die Verfolgung mildtätiger Zwecke (§ 53 Abgabenordnung -AO-) zu erweitern ist.
Die mit Gesellschaftsvertrag vom ... von den Gesellschaftern ... und ... als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründete Klägerin übernahm die Trägerschaft für das Neubauvorhaben einer Werkstatt für Behinderte in ..., die sie seit der Fertigstellung führt.
Die Klägerin verfolgt nach § 2 des Gesellschaftsvertrages folgendes Ziel:
„Der Zweck der Gesellschaft ist ausgerichtet auf die Eingliederung geistig, körperlich oder seelisch behinderter Menschen im Sinne des Bundessozialhilfe-, des Schwerbehinderten- und des Arbeitsförderungsgesetzes. Für Menschen, die wegen ihrer Behinderung auf dem freien Arbeitsmarkt keine Beschäftigung finden, stellt die Gesellschaft Dauerarbeitsplätze sowie geeignete soziale Einrichtungen zur Verfügung.
Die Gesellschaft stellt hierzu insbesondere Werkstätten und Unterkünfte zur Verfügung.
Die Gesellschaft strebt die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk an."
Die Klägerin gab in ihrer Erklärung zur Körperschaft-, Gewerbe- und Vermögensteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, bereits für 1996 an, sich von der Hilfsbedürftigkeit (§ 53 Nr. 1 und 2 AO) des von ihr betreuten Personenkreises überzeugt zu haben.
Der Beklagte erließ daraufhin am 27. Februar 1998 für die Jahre 1995 und 1996 einen Freistellungsbescheid, weil die Klägerin ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken diente. In der Anlage empfahl er allerdings der Klägerin das Wort „mildtätig" aus § 3 des Gesellschaftsvertrages zu streichen. Denn die Mildtätigkeit sei an besondere Voraussetzungen geknüpft, die von der Gesellschaft nicht erfüllt würden.
Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein und vertrat die Auffassung, dass sie auch mildtätige Zwecke verfolge, weil sie geistig, körperlich oder seelisch behinderte Menschen im Sinne des Bundessozialhilfe-, des Schwerbehinderten- und des Arbeitsförderungsgesetzes betreue. Diese Menschen seien auf die Hilfe anderer angewiesen. Überprüfungen der Behinderungen erfolgten durch die öffentlich rechtlichen Kostenträger, die die Betreuungsleistungen erstatteten.
Der Beklagte verwarf den Einspruch gegen den Freistellungsbescheid mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 1998 als unzulässig, weil die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde. Welche steuerbegünstigten Zwecke verfolgt würden, habe lediglich den Charakter einer Besteuerungsgrundlage und diene ohne Regelungsinhalt nur für die Begründung der Steuerbefreiung.
Der Beklagte erließ auf die Erklärungen der Klägerin auch für 1997 und das Streitjahr 1998 am 23. Juni 1999 und 8. November 1999 Freistellungsbescheide nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, weil die Klägerin ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken diente. Eine Befreiung auch wegen der Verfolgung mildtätiger Zwecke lehnte der Beklagte weiterhin ab.
Am 8. Dezember 1999 hat die Klägerin mit dem Ziel Klage erhoben, eine dahingehende Ergänzung des Freistellungsbescheides 1998 vom 8. November 1999 zu erreichen, dass die Körperschaft auch mildtätigen Zwecken dient. Zur Begründung führt die Klägerin aus: Sie könne aufgrund der Feststellungen im Freistellungsbescheid 1998 nur Spendenquittungen wegen allgemein förderungsfähiger Zwecke ausstellen. Eine Bestätigung, dass Spenden, die sie erhalte, mildtätigen Zwecken dienten und damit einen höheren Spendenabzug von 10 v. H. des Einkommens gemäß § 10 b Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz - EStG - ermöglichen, sei nicht möglich. Die Klägerin strebt insoweit die Befugnis an, Spendenbestätigungen auch wegen der Förderung mildtätiger Zwecke ausstellen zu dürfen. Sowohl nach § 2 des Gesellschaftsvertrages als auch in der tatsächlichen Geschäftsführung habe sie mildtätige Zwecke verfolgt, weil sie eine anerkannte Werkstatt für Behinderte führe. Betreut würden ausschließlich geistig oder körperlich behinderte Menschen. Die Behinderung werde durch die Kostenträger der entsprechenden Betreuungsleistungen festgestellt. Im Jahr 1998 seien für 139 548 Betreuungstage Erstattungen von 6741 551,05 DM von öffentlich rechtlichen Kostenträgern (Bundesanstalt für Arbeit, Sozialämter, Rentenversicherungsanstalten und ähnliches und lediglich 1 120,00 DM mit Selbstzahlern abgerechnet worden.
Bei der anerkannten Werkstatt für Behinderte handele es sich gemäß § 68 Nr. 3 AO um einen Zweckbetrieb im Sinne der Abgabenordnung. Es werde bei dem Betrieb der W...