Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung der Vergünstigungen des BerlinFG bei Anwendung des § 53 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Ermittlung der Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kindes nach § 53 EStG ist zur Umrechnung des erhaltenen Kindergeldes in einen Freibetrag der sich ohne Berücksichtigung der Vergünstigungen nach dem BerlinFG ergebende Grenzsteuersatz anzuwenden.

 

Normenkette

EStG § 53

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Änderungsbescheiden zur Einkommensteuer 1989 und 1994, in denen der Beklagte die Steuerfreistellung des Existenzminimums der Kinder des Klägers (§ 53 Einkommensteuergesetz - EStG -) gemäß dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 14. März 2000 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 2000, 413) vorgenommen hat. Der Kläger ist der Auffassung, dass sich bei unmittelbarer Anwendung des § 53 EStG und einer Ermittlung des Grenzsteuersatzes nach dem Bundestarif eine niedrigere Steuerfestsetzung ergebe.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren unter anderem Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt und Steuerberater, seine Ehefrau ist Arbeitnehmerin. Er wählte mit seiner Ehefrau für die Streitjahre die Zusammenveranlagung.

Unter dem 5. Juni 2000 erteilte der Beklagte die streitbefangenen Änderungsbescheide zu den Veranlagungszeiträumen 1989 und 1994. Die vorausgegangenen Steuerfestsetzungen für diese Jahre waren u. a. hinsichtlich der Kinderfreibeträge vorläufig ergangen.

Die Festsetzung nahm der Beklagte in der Weise vor, dass er von dem nicht durch Kinderfreibeträge geminderten Einkommen des jeweiligen Veranlagungszeitraumes den jeweils gemäß § 53 Satz 1 EStG anzusetzenden Abzugsbetrag für die zu berücksichtigenden Kinder abzog und so das zu versteuernde Einkommen ermittelte und dann weiter bei der Berechnung der Einkommensteuer zur tariflichen Einkommensteuer das bezogene Kindergeld hinzurechnete, die Berlin-Ermäßigung nach § 21 Abs. 1 Berlinförderungsgesetz - BerlinFG - sowie eine kindbedingte Ermäßigung nach § 34 f EStG abzog und so zur festzusetzenden Einkommensteuer kam. Zu den Einzelheiten der Steuerfestsetzung wird auf die Änderungsbescheide verwiesen (für 1989 Bl. 24 Streitakte, für 1994 Bl. 27 der Streitakte 7 K 7280/01).

Gegen diese Bescheide legte zunächst nur der Kläger Einspruch ein. Nach seinen Berechnungen ergab sich bei einer Steuerfestsetzung nach dem unmittelbaren Wortlaut des § 53 EStG eine niedrigere Steuerfestsetzung als in den angefochtenen Bescheiden. Diese niedrigere Festsetzung erfolgte zum einen aus dem Wortlaut des § 53 EStG selbst, zum anderen daraus, dass nach Rechtsauffassung des Klägers bei der Umrechnung des bezogenen Kindergelds in einen fiktiven Kinderfreibetrag der Grenzsteuersatz nach dem Bundestarif und nicht unter Berücksichtigung der Ermäßigung nach dem BerlinFG anzusetzen war. Mit Schriftsatz vom 9. April 2001 stellte der Kläger klar, dass er die Einsprüche zugleich auch für seine Ehefrau eingelegt haben wollte.

Gemäß zwei Vermerken in der Einkommensteuerakte Band VIII Bl. 34 und 35 war zwischen der Steuerberaterkammer Berlin und der Oberfinanzdirektion - OFD - vereinbart, die beiden Streitjahre als Präzedenzfälle für zahlreiche anhängige Einspruchsverfahren zur Entscheidung zu bringen. Der Beklagte wurde deshalb bei der Einspruchsentscheidung durch die OFD auch besonders unterstützt.

Die Einsprüche blieben erfolglos. Der Beklagte wies die Einsprüche gegenüber beiden Klägern mit einer Entscheidung in der Sache zurück. Er begründete seine Entscheidung damit, dass § 53 EStG, insbesondere § 53 Satz 3 EStG ungenaue Formulierungen („anzuwendender Grenzsteuersatz“) enthalte, denn es gebe keinen Grenzsteuersatz für Beträge, die über mehrere Tabellenstufen reichten. Zum anderen enthalte § 53 EStG auch keine Ausführungen dazu, wie in Fällen besonderer Steuersätze, zum Beispiel beim Progressionsvorbehalt (§ 32 b EStG) oder bei Anwendung des § 34 EStG zu verfahren sei. Das von der Finanzverwaltung mit dem BMF-Schreiben vom 14. März 2000 (a. a. O.) angeordnete Verfahren sei vertretbar, weil es einerseits die verfassungsrechtlich gebotene Kindergeldentlastung sicherstelle und andererseits relativ problemlos umsetzbar sei und im rechnerischen Ergebnis bis auf marginale Abweichungen zu dem Ergebnis komme, das bei einer Ermittlung des Entlastungsbetrages streng nach dem Wortlaut des Gesetzes erzielt werde.

Der § 53 EStG orientiere sich relativ streng an den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG -. Deshalb sei der sich für jeden Steuerpflichtigen tatsächlich ergebende individuelle Grenzsteuersatz anzusetzen, bei den Klägern also der unter Berücksichtigung der Ermäßigungen nach dem BerlinFG.

Gegen die beiden Klägern gegenüber ergangenen Einspruchsentscheidungen haben beide Kläger zum einen unter Wiederholung des Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren Klage erhoben.

Zum Erfordernis, das erhaltene Kindergeld in einen Freibetrag unter Berücksichtigung des Grenzsteuersatzes nach dem nicht durch ...

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