Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden bei durchgeleiteten Brauereidarlehen
Leitsatz (redaktionell)
Eine Zurechnung von Dauerschuldzinsen und Dauerschulden kann bei durchgeleiteten Krediten ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit der Durchleitung überhaupt kein Nutzen für den Steuerpflichtigen verfolgt wird.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Zinsaufwendungen der Klägerin als Dauerschuldzinsen im Rahmen von § 8 Nr. 1 Gewerbesteuergesetz -GewStG- zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, die den Groß- und Einzelhandel mit Getränken aller Art, vor allem Bier, betreibt. Während der Streitjahre 1992 bis 1996 schloss sie Verträge mit verschiedenen Brauereibetrieben ab, die überwiegend die gleiche Struktur aufweisen:
Der Brauereibetrieb gewährt der Klägerin ein verzinsliches Darlehen mit einer mehrjährigen Laufzeit. Die Darlehensmittel sollen dem Inventarkauf für bestimmte Gaststätten dienen. Außerdem verpflichtet sich die Klägerin gegenüber der Brauerei dazu, bestimmte Biersorten in einer jährlichen Mindestbezugsmenge für mehrere Jahre abzunehmen.
Die Klägerin ihrerseits gewährt unter Verwendung der von den Brauereien erhaltenen Darlehensmittel den jeweiligen Gaststättenbetreibern Darlehen mit einer mehrjährigen Laufzeit für den Inventarkauf. Die Gaststättenbetreiber verpflichten sich im Gegenzug gegenüber der Klägerin dazu, ausschließlich Bier der Marke der kreditgebenden Brauerei über die Klägerin zu beziehen; darüber hinaus verpflichtet die Klägerin die kreditnehmenden Gaststättenbetreiber dazu, sämtliche nichtalkoholischen Getränke und Spirituosen ebenfalls ausschließlich von ihr zu beziehen.
Der Darlehenszins der Verträge zwischen der Klägerin und den Gaststättenbetreibern entspricht regelmäßig demjenigen zwischen der Klägerin und dem Brauereiunternehmen. Eine Zinsmarge, aus der sich für die Klägerin Einnahmen ergeben, die den Verwaltungskostenaufwand der Klägerin übersteigen, besteht nicht.
Nach der Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung -Bp- für den Zeitraum 1992 bis 1996, deren Ergebnisse im Bp-Bericht vom 23. Dezember 1999 und im Ergänzungsbericht vom 21. Mai 2001 niedergelegt sind, erließ die Beklagte am 1. August 2000 für diese Jahre geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer, in denen die Zinsaufwendungen der Klägerin gegenüber den Brauereiunternehmen als Dauerschuldzinsen im Rahmen von § 8 Nr. 1 GewStG berücksichtigt wurden.
Nach Zurückweisung des hiergegen eingelegten Einspruchs durch - zum Teil abhelfende - Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 2002 erhob die Klägerin die vorliegende Klage.
Sie macht geltend, es handle sich bei den aufgenommenen Brauereidarlehen nicht um Dauerschulden im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG.
Da die Darlehensmittel lediglich an die Gaststättenbetreiber weitergegeben worden seien und ein Nutzen, der den Verwaltungsaufwand übersteige, der Klägerin nicht erwachsen sei, handele es sich um sog. durchlaufende Kredite. Diese würden folglich nicht der langfristigen Verstärkung des Betriebskapitals dienen; eine Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 GewStG müsse daher unterbleiben.
Weiterhin habe sich das Brauereikreditgeschäft im Laufe der Zeit stark verändert, so dass die höchstrichterliche Rechtsprechung (Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 27. Mai 1981, I R 6/78, nicht amtlich veröffentlicht), welche in einem ähnlichen Sachverhalt das Vorliegen von Dauerschuldzinsen iSd. § 8 Nr. 1 GewStG bejaht habe, nicht mehr aktuell sei.
Die Entwicklung der Vertragsgestaltungspraxis zwischen Brauereien und Bierverlegern sei im Laufe der Jahre wirtschaftlich zuungunsten der Bierverleger verlaufen. So würden die Brauereien heute nicht mehr Pauschalkredite gewähren, die der Verleger nach eigenem Ermessen an Gastronomiebetriebe weiterleiten könne. Im Gegensatz zu früheren Zeiten sei der Getränkehändler heute bezüglich der Höhe und der Konditionen an Vorgaben der Brauerei gebunden. Auch das Ausfallrisiko der Darlehen, die an die Gaststättenbetreiber gegeben werden, würde heute überwiegend von den Bierverlegern getragen.
Als Konsequenz aus der veränderten Kreditvergabepraxis der Brauereien und wegen des mit der Kreditweitergabe an die Gaststättenbetriebe verbundenen hohen Ausfallrisikos der Klägerin habe die Klägerin im Laufe der letzten Jahre den Umfang der aufgenommenen und der von ihr vergebenen Darlehen kontinuierlich verringert. Während im letzten Streitjahr 1996 noch ca. 900 Kreditverträge mit Gaststättenbetreibern in einem Gesamtvolumen von rd. 12 Mio. DM bestanden hätten, wovon rd. 7,4 Mio. DM durch Brauereidarlehen refinanziert gewesen seien, hätten die Ausleihungen im Jahre 2003 (umgerechnet in DM) nur noch ca. 3,8 Mio. DM betragen, wovon rd. 1,2 Mio DM durch Brauereidarlehen finanziert worden seien.
Aus dieser Entwicklung könne gefolgert we...